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Wohin mit dem Wind?

Energie.- Immer mehr Strom soll in Deutschland aus regenerativen Energien gewonnen werden. Mit Wind und Sonne lässt sich aber nicht planbar produzieren: Wohin mit den Überschüssen, wenn es einmal besonders windig ist, aber gerade wenig Strom gebraucht wird? Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum und des Fraunhofer-Instituts-UMSICHT in Oberhausen setzten auf Druckluftspeicherwerke.

Von Theresa von Bischopink | 09.05.2011
    Die Idee Luft zu komprimieren und später wieder in Strom umzuwandeln, ist nicht neu. 1978 ging der erste und in Deutschland bisher einzige Druckluftspeicher im niedersächsischen Huntorf in Betrieb. Gebaut, um Atom-Strom aus dem Kraftwerk Unterweser zu speichern. Huntorf ist ein sogenannter diabater Speicher, ein Kraftwerkstyp, bei dem die Temperatur stimmen muss. Zur Speicherung wird die Luft mit einem elektrisch betriebenen Verdichter komprimiert. Dabei erhitzt sie sich. Um die Anlage nicht zu schädigen, muss diese Luft deshalb runtergekühlt werden. Wird Strom benötigt, wird die Luft wieder ausgeströmt. Dabei kühlt sie sich ab und dehnt sich aus. Die Luft wird deswegen mit Erdgas erwärmt, damit die Turbinen nicht vereisen.

    "Das heißt, Huntorf ist eigentlich eine Kombination aus einer Speicher- und Erzeugungstechnologie und im Gegensatz dazu sind die Kraftwerke, an denen heute gearbeitet wird, reine Speicherkraftwerke. Das heißt, die Wärme, die ich brauche, um die Luft vorzuheizen ehe ich sie in der Turbine entspanne, die kommt aus einem Wärmespeicher. Und der Wärmespeicher wird gefüllt praktisch mit der Wärme, die bei der Kompression der Luft vorher anfällt."

    Eine zusätzliche Erwärmung der Luft sei bei diesen adiabaten Speichern also nicht nötig, sagt Professor Roland Span vom Lehrstuhl für Thermodynamik an der Ruhr-Universität Bochum. Das spart fossile Brennstoffe, ist emissionsfrei und nutzt die Verdichtungswärme der Luftkompression, die bei Kraftwerken wie in Huntorf ungenutzt verloren geht. Einen solchen adiabaten Speicher gibt es noch nicht.

    Roland Span und seine Kollegen simulierten die komplexen thermodynamischen Kraftwerksprozesse am Computer und zwar bei möglichst niedrigen Temperaturen. Bisherige Anlagenentwürfe sahen vor, die Kompressionswärme bei sehr hohen Drücken und Temperaturen bis zu 650 Grad zu speichern. Bei solch hohen Temperaturen entstehen hohe thermische Spannungen. Für den Bau solcher Anlagen fehlt aber noch die geeignete Verdichtertechnik. Die Berechnungen der Wissenschaftler zeigen, dass auch bei niedrigen Temperaturen eine effiziente Speicherung möglich ist - und zwar schon bald.

    "Also wir können auch heute durchaus schon Kraftwerke realisieren, die eben bei nur 400 Grad oder 350 Grad Wärme speichern und da sind dann eben keine Verdichterneuentwicklungen mehr notwendig."

    Dr. Daniel Wolf vom Fraunhofer-Institut-UMSICHT in Oberhausen hat das mit Druckluftspeichern mittlerer Größe bis zu einigen zehn Megawatt durchgerechnet. Bei Anlagen dieser Größe kann der Wärmeaustausch indirekt erfolgen. Dass heißt, dass die Luft nicht direkt mit dem Speichermedium in Kontakt kommt, sondern durch spiralförmige Leitungen strömt, die vom Speichermedium umgeben sind. Ein solches Speichermedium könnten ungiftige Nitrat- und Nitritsalze sein. Dieser indirekte Wärmetausch vermindert den Druck auf den Speicher und erleichtert so die Bauweise. Diese Kraftwerke ermöglichen deshalb eine flexiblere Fahrweise.

    Bei den Kraftwerken mittlerer Größe konnten in den Modellrechnungen hohe Wirkungsgrade erreicht werden.

    "Also Wirkungsgrade kann man erreichen, die so im Bereich von 70 Prozent liegen. Sprich: 70 Prozent der Energie, die ich reingesteckt habe, bekomme ich auch wieder raus."

    Zum Vergleich: das diabate Kraftwerk in Huntorf hat einen Wirkungsgrad von etwas über 40 Prozent. Für große Druckluftspeicherkraftwerke könnten unterirdische Salzkavernen zur Speicherung benutzt werden wie sie schon zur Aufbewahrung von Erdgas und Erdöl verwendet werden. Kleinere Anlagen seien räumlich völlig flexibel.

    "Dann werde ich sehr viel mobiler, dann kann ich mir theoretisch sogar vorstellen, dass ich einen Speicher selber baue, indem ich einen großen Druckgasspeicher zum Beispiel aus Pipelineelementen zusammenbaue."

    Ein solcher Druckgasspeicher könnte aus Stahlrohren mit circa einem Meter Durchmesser gebaut werden, die sich mäanderförmig um Kompressor und Turbine schlängeln. Diese "Rohrschlangen" könnten oberirdisch oder in nur wenigen Metern Tiefe gebaut werden. Solche Anlangen könnten in der Nähe der Erzeuger oder Verbraucher aufgestellt werden. So oder so wäre der Strom in 15 Minuten am Netz.