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Wohin steuert die Bundeswehr?

Heute hat die Kommission "Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr" ihren Bericht unter der Überschrift "Erneuerung von Grund auf" vorgelegt. Damit wurde die Schlussetappe für die Reformdiskussion der Bundeswehr eingeleitet. Bis Mitte Juni will Verteidigungsminister Scharping die Eckpunkte der neuen Bundeswehr entscheiden, vor allem jene, die haushaltsrelevant sind. Dazu gehören erstens der Umfang der Streitkräfte, zweitens die Wehrform, also die Frage der Wehrpflicht, drittens die Besoldungsstruktur, wo es unter anderem um die Anhebung der Eingangsbesoldung für Soldaten geht, ein Betrag, aus dem die Besoldung aller Soldaten abgeleitet werden muss und viertens die Ausrüstungserfordernisse, wo es vor allem um die Verbesserung der Mobilität, der Führungsfähigkeit und der Fähigkeit zur strategischen Aufklärung geht. Dies muss bis Mitte Juni entschieden sein, weil dann der Haushalt 2001 von der Bundesregierung beschlossen wird. Außer dem Zukunftsbericht liegen weitere Positionsbeschreibungen zur Bundeswehr der Zukunft vor, so dass jetzt ein breites Spektrum an Vorschlägen bewertet werden kann.

Rolf Clement |
    Diese Reform ist nötig geworden, weil nach dem Zusammenbruch der Blockkonfrontation die sicherheitspolitische Lage sich elementar verändert hat. Die Bundeswehr muss nicht mehr in erster Linie einen breit angelegten Angriff auf das deutsche Staatsgebiet abwehren. Sie engagiert sich in vielfältiger Weise international bei der Friedenssicherung in Europa und darüber hinaus. Diesen neuen Aufgaben muss sich die Armee deutlicher anpassen als dies in der Vergangenheit geschehen ist. Der Vorsitzende der Zukunftskommission, Altbundespräsident Richard von Weizsäcker heute zu dieser neuen Gewichtung der Aufgaben:

    Richard von Weizsäcker: "Die primäre Aufgabe ist die Verbindung von Landes- und Bündnisverteidigung einerseits und Konfliktverhinderung und Krisenbewältigung im Rahmen der eingegangenen Verpflichtungen andererseits. Beides zusammengehörig als zwei Seiten ein und derselben Medaille."

    Die in den 90er Jahren erfolgte Trennung in sog. Hauptverteidigungskräfte für die Landes- und Bündnisverteidigung und die sog. Krisenreaktionskräfte für den Einsatz bei Auslandseinsätzen z.B. unter UN-Mandat war ein erster Schritt, um in die neuen Aufgaben hineinwachsen zu können, reicht aber heute nicht mehr aus.

    Die geopolitische Lage Deutschlands hat sich verändert. Durch die 1999 erfolgte Aufnahme Polens, Ungarns und Tschechiens in die NATO ist Deutschland nicht mehr Randstaat der Allianz, sondern geographische Mittelmacht. Landes- und Bündnisverteidigung findet demnach nicht mehr an unseren Grenzen statt, sondern an den Außengrenzen unserer Bündnispartner. Auch dem muss die neue Struktur stärker als bisher Rechnung tragen.

    Hinzu kommen finanzielle Notwendigkeiten. Die Politik der Haushaltskonsolidierung der Bundesregierung zwingt die Bundeswehr zu weiteren Einsparungen, die über das hinausgehen, was in den letzten Jahren bereits an Friedensdividende eingefahren worden ist. Obwohl Verteidigungsminister Scharping immer wieder betont, dass die Bundeswehr unterfinanziert sei - er beziffert den jährlichen Fehlbetrag auf fünf Milliarden Mark - ordnet er sich dieser Haushaltspolitik unter, allerdings immer mit der Hoffnung, ein wenig mehr als gegenwärtig geplant für sein Ministerium erhandeln zu können.

    Die Kommission stellt als Bestandsaufnahme fest:

    "Die Bundeswehr des Jahres 2000 ist mit Blick auf die Anforderungen nicht im Gleichgewicht. Sie ist zu groß, falsch zusammengesetzt und zunehmend unmodern. In ihrer heutigen Struktur hat die Bundeswehr keine Zukunft. Die Wehrform produziert zu große Personalumfänge bei gleichzeitig zu schwachen Einsatzkräften. Veraltetes Material schmälert die Einsatzfähigkeit und treibt zugleich die Betriebskosten in die Höhe."

    Das Hauptaugenmerk der Öffentlichkeit richtet sich auf zwei Daten der neuen Bundeswehr: Die Umfangsstärke und die Wehrform, also die Frage nach der Wehrpflicht. Faktisch bedeutsamer sind die neuen Strukturen, denn daraus lässt sich erst erkennen, ob und wie die Bundeswehr für die neuen Aufgaben fit gemacht werden soll. Blicken wir trotzdem zunächst auf die Umfangszahlen.

    Die Bundeswehr wurde durch das Gorbatschow-Kohl-Abkommen aus dem Jahr 1990 mit einer Obergrenze von 340.000 Soldaten festgeschrieben. Diese Zahl ist völkerrechtlich verbindlich - damit ist die Bundeswehr die einzige Armee, die eine solche Obergrenze international festgelegt hat. Später wurde im Zuge der Sparmaßnahmen diese Zahl auf faktisch 320.000 reduziert, bereits heute wird diese Zahl nicht mehr voll erreicht. Richard von Weizsäcker heute zum Vorschlag seiner Kommission über die Personalstärke:

    Richard von Weizsäcker: "Es ist ein zu großer Umfang bei zu schwachen Einsatzkräften festzustellen. So können die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt werden. Auch ist der prozentuale Anteil der Personalkosten, wie er heute besteht, zu hoch, um die dringend notwendige Modernisierung zu alimentieren im Rahmen der Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel. Von derzeit ungefähr 60 000 sollen die Einsatzkräfte auf 140 000 gesteigert werden plus 100 000 militärische Grundorganisationen. Daraus ergeben sich die 240 000 er Zahl unserer Streitkräfte, die wir vorschlagen. Der Gesamtumfang der Streitkräfte kann sich nicht primär danach orientieren, inwieweit er einen in sich ganz verständlichen Wunsch nach einer bestimmten Höhe erfüllt. Entscheidend ist das benötigte Personal."

    Diese Umfangszahl spielt auch in allen anderen Vorschlägen eine bedeutsame Rolle. Generalinspekteur von Kirchbach geht in seinem heute ebenfalls veröffentlichten Vorschlag von einer Truppenstärke von 280.000 aus. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion liegt auch in dieser Größenordnung. Die Grünen-Bundestagsfraktion schlägt dagegen eine Personalstärke von etwas mehr als 200.000 vor.

    Trotzdem ist in diesem Punkt eine Tendenz zu registrieren, die die Vorschläge nicht sehr weit auseinander liegen lässt. Denn nahezu alle vorliegenden Vorschläge gehen davon aus, dass die Bundeswehr eine Zahl von Zeit- und Berufssoldaten braucht, die in der Größenordnung von 210.000 Männern und künftig auch Frauen liegt. Die Unterschiede in der darüber hinausgehenden Zahl liegen an der Einstellung zur Wehrpflicht und an der Zahl der Grundwehrdienstleistenden, die das jeweilige Papier vorsieht.

    Die Grünen-Bundestagsfraktion will die Wehrpflicht abschaffen und eine reine Berufsarmee einführen. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, dazu:

    Angelika Beer: "Weil wir Grundwerte verfechten. Und einer der wesentlichen Grundwerte, für die meine Partei steht, ist das Prinzip der Freiwilligkeit. Und aus diesem Grund allein lehnen wir von jeher jeden Zwangsdienst egal ob Wehr- oder Zivildienst ab. Das Zweite ist, dass wir aufgrund der sicherheitspolitischen Veränderung glauben, dass es kein Recht mehr gibt für den Staat, einen so massiven Eingriff ja doch für Jugendliche zu sagen, also Du bist jetzt im wehrfähigen Alter, Du musst jetzt entscheiden: Wehrpflicht oder Zivildienst, ohne das sicherheitspolitisch begründen zu können. Das Dritte ist eben die Freiwilligkeit für Frauen und Männer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frauen freiwillig das machen dürfen und Männer gezwungen werden oder, wenn sie Totalverweigerer werden, dafür kriminalisiert werden."

    Die Zukunftskommission will die Wehrpflicht beibehalten, aber nur in begrenztem Umfang.

    Richard von Weizsäcker: "Einerseits könnte eine starke Reduzierung der Streitkräfte eine Option für eine Berufsarmee nahe legen, andererseits haben wir in der Kommissionsmehrheit uns eindeutig dafür ausgesprochen, dass wir nicht einen Weg ohne Rückkehr bestreiten dürfen. Wer jetzt eine Berufsarmee einführt, der ist nicht mehr in der Lage, zu reagieren auf unvorhergesehene Zuspitzungen der sicherheitspolitischen Situation, durch zusätzliche Einberufungen oder gar durch Wiedereinführung des Wehrdienstes, ohne dass er das mit einer international und sicherheitspolitisch provozierenden politischen Entscheidung herbeiführt. Wir halten deswegen das Festhalten an dem Wehrdienst für notwendig, sind uns zugleich aber darüber im Klaren, dass der Eingriff in die freie Lebensbestimmung des jungen Mannes an keiner Stelle so scharf ist, wie durch den Wehrdienst. Weil das der schärfste Eingriff ist in unserer freien Gesellschaft, deswegen ist nach unserer Überzeugung die erste Bedingung, die Antwort auf die Frage, welcher Bedarf besteht."

    Und dieser Bedarf kann, so die Kommission, mit 30.000 Grundwehrdienstleistenden gedeckt werden, die zehn Monate dienen sollen. Pro Wehrpflicht ist die Position der SPD. Deren verteidigungspolitischer Sprecher Peter Zumkley:

    Peter Zumkley: "Ich bin der Meinung, dass man auch im Bereich der Landesverteidigung oder der Vorsorge für Landes- und Bündnisverteidigung das immer als eine Aufgabe der Gesamtgesellschaft sehen muss und nicht eine Aufgabe, die man irgend jemandem zumisst, der das dann also hauptberuflich macht sondern ich bin schon dafür, das es eine gute Mischung gibt. Und ich teile die Einschätzung, dass eine Bundeswehr mit Wehrpflichtigen besser in der Gesellschaft integriert ist, besser in der Gesellschaft aufgehoben ist, mehr von der Gesellschaft wahrgenommen wird, als eine reine Berufs- und Freiwilligenarmee."

    Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Paul Breuer, tritt ebenfalls für die Beibehaltung der Wehrpflicht ein, wobei er die Argumente Zumkleys weitgehend übernimmt und ein weiteres hinzufügt:

    Paul Breuer: "Über 50 Prozent der Zeit- und Berufssoldaten sind über den Weg der Wehrpflicht in die Streitkräfte gekommen, und darüber hinaus gibt es einen gewichtigen Prozentsatz, der ohne das Instrument der allgemeinen Wehrpflicht, das heißt, ohnehin irgendwann dienen zu müssen, nicht zur Bundeswehr gekommen wären. Das ganze ist eine Frage der Nachwuchsfähigkeit."

    Die FDP hat sich durch eine Mitgliederbefragung vor einiger Zeit für die Wehrpflicht ausgesprochen, sieht aber eine deutlich kürzere Grundwehrdienstzeit vor. Der Verteidigungspolitiker Dirk Niebel:

    Dirk Niebel: "Ich denke aber, es wäre kluge Politik, wenn wir jetzt über eine neue Struktur der Bundeswehr nachdenken, eine Struktur zu finden, die wäre ja dann erst im Jahr 2008 ungefähr eingenommen, die bei veränderter politischer Rahmenbedingung auch eine andere Wehrform zulässt, als wir das jetzt für richtig erachten, mehrheitlich, und das ist in unserem Konzept möglich, weil selbst bei einer Freiwilligenarmee, dadurch, dass die Wehrpflichtigen im Ausbildungskommando konzentriert sind, eine weitere Umstrukturierung der Streitkräfte notwendig wäre...."

    Generalinspekteur von Kirchbach plädiert ebenfalls für die Beibehaltung der Wehrpflicht und will rund 70.000 Grundwehrdienstleistende pro Jahr einberufen. Da die Wehrpflicht einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhalten muss, bedarf es bestimmter Kriterien, zu denen vor allem das Prinzip der Dienstgerechtigkeit gehört: Jeder junge Mann, der tauglich gemustert ist und unter keine Wehrdienstausnahme fällt, muss entweder Wehr- oder Zivildienst leisten. Dieses Erfordernis erfüllt der Vorschlag der Weizsäcker-Kommission kaum, was schon dadurch verdeutlicht wird, dass dort von einem "Auswahl-Wehrdienst" gesprochen wird. Verteidigungsminister Scharping hat mehrfach durchblicken lassen, dass er einen solchen Vorschlag nicht übernehmen wird.

    Somit ergibt sich, dass die Bundeswehr der Zukunft eine Mischform aus Zeit- und Berufssoldaten und Grundwehrdienstleistenden behalten wird. Da dies mit 30.000 Grundwehrdienstleistenden pro Jahr nicht gewährleistet werden kann, wird damit auch die Umfangszahl der Bundeswehr künftig höher sein als von der Kommission vorgeschlagen. Sie wird, nimmt man alle Zeichen dieser Zeit zusammen, in der Gegend von 280.000 liegen - mit einer Zahl von ca. 80.000 Grundwehrdienstleistenden. Die Wehrdienstdauer von gegenwärtig zehn Monaten wird sich kaum verändern, wobei in der Diskussion ist, dass von diesen zehn Monaten sieben zusammenhängend und drei zu späteren Zeiten, z.B. durch Wehrübungen, abgeleistet werden können. Blicken wir auf die Struktur:

    Die bisher vorhandene Aufteilung in Krisenreaktions- und Hauptverteidigungskräfte soll wieder aufgelöst werden. Richard von Weizsäcker:

    Alle Positionspapiere dieser Tage wollen die bisherige Struktur auflösen und sehen rund 140.000 Soldaten als Einsatzkräfte für beide Hauptaufgaben, die Landes- und Bündnisverteidigung und den Kriseneinsatz vor. Die restlichen Soldaten werden dann für Unterstützungs- und Ausbildungsaufgaben eingeplant. In diesem Teil macht die Zukunftskommission einige grundlegend neue Vorschläge. So sollen die unterstützenden Dienste als Zentrale Militärische Dienste zusammengefasst und dem stellvertretenden Generalinspekteur unterstellt werden.

    Einige Beispielen sollen deutlich machen, worum es dabei geht und welche Folgen das haben kann.

    Blicken wir zunächst auf den Sanitätsdienst. Nach dem Vorschlag der Zukunftskommission soll dieser nicht mehr nach Teilstreitkräften organisiert, sondern zentral zusammengefasst werden. Es ist, so der Ansatz, nicht einzusehen, dass vor allem im Einsatz die Uniform des Truppenarztes für die Behandlung des jeweiligen Soldaten maßgeblich sein muss. Zudem wird mit einer solchen Zentralisierung auch der Tatsache Rechnung getragen, dass in allen Auslandseinsätzen eine hochwertige Sanitätsversorgung nötig ist, die aber personell nur dann gewährleistet werden kann, wenn entsprechende Konzentrationen vorgenommen und keine Doppelstrukturen aufrechterhalten werden.

    Das hat Auswirkungen auf den täglichen Sanitätsbetrieb der Bundeswehr. Die Truppenärzte an den Standorten sind die Hausärzte der Soldaten. Wenn sie dort nicht mehr in vollem Umfang zur Verfügung stehen, was in der Praxis schon so ist, muss dieses Prinzip aufgegeben werden. Dann könnten beispielsweise zivile Ärzte über Verträge an die Bundeswehr gebunden werden und diese Aufgabe mit übernehmen. Es wäre eine gravierende Veränderung der bisherigen Sanitätsversorgung in den Standorten. Ob Verteidigungsminister Scharping in seinen Entscheidungen so weit geht, ist noch offen.

    Ein anderes Beispiel: Jede Teilstreitkraft hat eine eigene Logistikorganisation. Dies muss für die teilstreitkraftspezifischen Güter auch so bleiben. Aber es gibt zahlreiche Güter, die alle Teilstreitkräfte benötigen. Dieser Teil der logistischen Versorgung kann zusammengelegt werden.

    Ein drittes Beispiel: Alle Teilstreitkräfte halten Elemente der Aufklärung vor, teilweise sogar mit denselben Systemen. Auch, wenn in Grenzbereichen die Aufklärungsanforderungen durchaus unterschiedlich sein können, ist hier eine Zusammenfassung möglich, die ebenfalls Doppelstrukturen erspart.

    Diese Beispiele zeigen, wie wenig aussagekräftig die Umfangszahl alleine ist. Viel wichtiger ist, wie die zur Verfügung stehenden Soldaten strukturell eingeordnet werden. Hier sind natürlich die Interessen der Teilstreitkräfte direkt betroffen, und deswegen haben die Inspekteure von Luftwaffe, Marine und Heer gewisse Probleme, sich diesem neuen Ansatz zu öffnen, so große, dass ihr erster Mann, der Generalinspekteur, sich dagegen kaum durchsetzen kann. Diese Probleme werden bei einem anderen Thema noch größer, dem Thema der Führungsorganisation.

    Es ist heutzutage kaum noch zu vertreten, dass jede Teilstreitkraft eine eigene Einsatzführung behält. Alle Einsätze des vergangenen Jahrzehnts, ob in Kambodscha, Somalia, Bosnien oder im Kosovo, waren oder sind Einsätze, an denen mehrere oder alle Teilstreitkräfte beteiligt sind. Deshalb kommt die Zukunftskommission zu dem Vorschlag, ein Einsatzführungskommando ebenfalls teilstreitkraftübergreifend einzusetzen.

    Dieser Vorschlag wird in der öffentlichen Diskussion oft mit dem Schlagwort "Generalstab" belegt, was aus historischen Erfahrungen negativ belegt ist. Das neue Führungskommando soll zwar dem Generalinspekteur unterstehen, aber nicht von ihm geführt werden. Damit wird diesen Bedenken begegnet, von denen viele sagen, sie seien heute nicht mehr berechtigt: Die Bundeswehr, die dem Prinzip der Inneren Führung und des Staatsbürgers in Uniform folgt, sei der Gefahr nicht mehr ausgesetzt, die sich aus den vergangenen Tagen ergibt.

    Die Kommission hat sich auch mit der Wirtschaftlichkeit der Bundeswehr beschäftigt. Dabei wurden die Anstrengungen von Verteidigungsminister Scharping, mit der Industrie zu einer vielfältigen Zusammenarbeit im Ausrüstungsbereich und bei der Ausbildung der Soldaten in zivilverwertbaren Berufen zu kommen, deutlich unterstützt. Die Standortfrage wird ebenfalls unter Wirtschaftlichkeitskriterien bewertet mit dem Ergebnis, dass rund die Hälfte der Standorte geschlossen werden kann.

    Es ist davon auszugehen, dass Verteidigungsminister Scharping diesen Vorschlag nicht übernehmen wird. Die Präsenz der Bundeswehr in der Breite der Republik ist für die Politik ein sehr hohes Gut, um das Interesse der Bevölkerung an der Streitkraft zu erhalten. Deshalb wird die Frage der Stationierung auch nach politischen Kriterien entschieden. Dabei werden einige Kleinstandorte mit weniger als 50 Beschäftigten - Soldaten oder zivilen Mitarbeitern - geschlossen werden, Standortschließungen in großem Umfang aber unterbleiben.

    Der über 180seitige Bericht der Zukunftskommission geht auch auf andere Themen ein, die hier aus Zeitgründen nicht breiter dargestellt werden können. Dabei geht es unter anderem um die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Staaten, um die Rolle der Zivilbeschäftigten bei der Bundeswehr, die zurückgeführt werden soll, und um die Verlagerung aller wichtigen Bereiche des Verteidigungsministeriums nach Berlin, da dieses Ministerium zu jenen gehört, die nach dem Umzugsgesetz ihren Hauptsitz in Bonn behalten haben. Das, was jetzt vorliegt, sind Vorschläge, Empfehlungen. Die Zukunftskommission hat 15 Empfehlungen aufgeschrieben. Die meisten davon, so scheint es, haben Aussicht auf Verwirklichung. Politisch entscheiden muss aber zunächst der Verteidigungsminister. Er hat diese Aufgabe oft mit einem Neuaufbau der Bundeswehr verglichen. Das deutet darauf hin, dass er vieles, vor allem auch strukturelles, übernehmen will. Und davon hängt dann ab, ob der Finanzrahmen ausreicht, um wenigstens eine Anschubfinanzierung der Reformen zu ermöglichen. Ein trockener Satz in der Studie der Zukunftskommission beschreibt das Dilemma: "Sparen kostet". Noch plant das Verteidigungsministerium auf einem Finanzniveau, das über der Linie liegt, die der Finanzminister für das Verteidigungsministerium vorgesehen hat. Auch die Frage der Finanzen wird bis Mitte Juni entschieden sein. Dann wird man sehen, ob der Optimismus, mit dem Scharping über Finanzen spricht, tatsächlich berechtigt ist.