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Wolf: Es ist wichtig Auslandsaufenthalte realisieren zu können

Claudia Wolf sagt, dass deutsche Studierende Sorgen vor einer Studienzeitverlängerung durch Auslandsaufenthalte haben. Das Bachelor-Plus-Programm setzte hier an, so die DAAD-Referatsleitern.

Claudia Wolf im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 15.12.2011
    Ulrike Burgwinkel: Seit der Bologna-Reform hat es nicht zuletzt aufgrund der Kritik vonseiten der Studenten und Dozenten einige Nachbesserungen gegeben. Ein Problem allerdings wartet noch auf die Optimierung, die studentische Mobilität, das Auslandssemester im sechssemestrigen Regel-Bachelor-Studiengang. Claudia Wolf ist Referatsleiterin beim Deutschen Akademischen Austauschdienst, und in Bonn treffen sich heute und morgen Experten, Betroffene, Organisatoren zum Austausch. Guten Tag, Frau Wolf!

    Claudia Wolf: Guten Tag, Frau Burgwinkel!

    Burgwinkel: Leidet denn die Mobilität tatsächlich unter dem Bachelorstudium?

    Wolf: Nein, ich glaube, das kann man sicherlich und eindeutig verneinen, und am belastbarsten ist ja immer eine Studie, die man heranführen kann. Die letzte Studie aus dem Jahr 2011, die die HIS-GmbH im Auftrag des DAAD durchgeführt hat, zeigt, dass die Auslandsmobilität auf einem hohen Niveau, nämlich bei 25 Prozent, gehalten werden konnte. Das heißt, deutsche Studierende in Bachelor- und Master-Studiengängen realisieren mit einem Anteil von 25 Prozent einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt. Insofern ist das, was man leider gelegentlich immer noch in der Presse liest, nicht zutreffend. Die Befürchtung, dass sich die Mobilität rückläufig entwickeln könnte, hat sich einfach nicht bestätigt.

    Burgwinkel: Entscheidend ist aber doch auch, inwieweit man dieses Auslandssemester oder den Auslandsaufenthalt integrieren kann ins Studium - das wird bei sechs Semestern ja oftmals schwierig.

    Wolf: Ja, ganz genau, und hier setzt ja auch das Bachelor-Plus-Programm dann entsprechend an. Denn Sie haben völlig recht, wir wissen auch aus Befunden und auch aus vielen Gesprächen mit Studierenden, auch mit den International Offices, die ja konkret die Beratung und Betreuung der deutschen Studierenden vornimmt, dass deutsche Studierende einfach zunehmend Sorgen haben vor einer Studienzeitverlängerung durch Auslandsaufenthalte, und deswegen möglicherweise es noch ein ungenutztes Potenzial gibt. Es gibt eine Studie vom BMBF aus dem Jahr 2010 dazu, das ist der 11. Studierenden-Survey, der folgert, dass etwa für ein Viertel der Studierenden ein Auslandsstudium wegen befürchteter Studienzeitverlängerung unterbleibt. Das heißt, wir müssen diese Sorgen, dass Auslandsaufenthalte zu einer Studienzeitverlängerung führen, zunehmend ernst nehmen, und deswegen kann ich Ihre Anmerkung nur unterstreichen: Es ist wichtig, dass wir Mobilitätsfenster oder Möglichkeiten finden, bei denen Auslandsaufenthalte realisiert werden können, die eben nicht studienzeitverlängernd sind, und das wären eben integrierte Auslandsjahre.

    Burgwinkel: Das wäre dann Bachelor plus, also vier Jahre statt drei Jahre.

    Wolf: Ganz genau, denn wie Sie schon sagten, bei sechssemestrigen Studiengängen hat man nur in einem sehr begrenzten Maße Auslandssemester einzuplanen, dann in der Regel auch nur für eine sehr kurze Studiendauer - meistens nur ein Semester. In achtsemestrigen Studiengängen besteht die Möglichkeit, ein Auslandsjahr zu integrieren, und was uns auch ganz wichtig ist, es geht nicht nur darum, ein Auslandsjahr zu integrieren, es irgendwie an ein bestehendes dreijähriges Programm sozusagen anzudocken, sondern ein ganz wesentliches Ziel des Bologna-Prozesses war ja auch die wirkliche curriculare internationale Sicherung. Das heißt also, auch der Studienanteil in Deutschland muss internationale Bezüge aufweisen, die Studierenden werden fachlich, sprachlich, methodisch auf den Auslandsaufenthalt gut vorbereitet und haben dann die Möglichkeit, ein Jahr, sei es mit einem reinen Studienjahr oder ein kombiniertes Praxis- und Studiensemester ins Ausland zu gehen bei voller Anerkennung der Prüfungsleistung, ohne dass es zu einer Studienzeitverlängerung kommt, und damit können sie eben dann tatsächlich eine ganz besondere internationale Qualifikation auch erwerben. Und letztlich ging es ja genau darum im Bologna-Prozess, die Absolventen fit zu machen für einen globalisierten, internationalen Arbeitsmarkt, und ihnen auch wirklich die Möglichkeit zu geben, durch einige Auslandsaufenthalte wirklich diese vertieften Kenntnisse zu erwerben, die sie bei kürzeren Aufenthalten, die natürlich auch wichtig sind, aber in der Form nicht erwarten können.

    Burgwinkel: Haben Sie denn schon gute Erfahrungen gemacht mit Bachelor plus?

    Wolf: Ja, die Erfahrungen sind eigentlich sehr positiv, muss ich sagen. Wir fördern ja seit 2009 in dem Programm, ziehen jetzt Bilanz bei unserer Auftaktveranstaltung heute hier in Bonn, und jetzt zu Wintersemester 20111/2012, um vielleicht einfach mal konkrete Zahlen zu nennen, werden 65 Projekte schon gefördert an deutschen Hochschulen. Und was uns auch sehr gefreut hat, ist, wenn man sich die Verteilung mal auf die Hochschultypen anschaut, dann stellt man fest, dass es fast fifty-fifty ist - Universitäten mit 34 Projekten und Fachhochschulen mit 31 Projekten.

    Burgwinkel: Noch eine andere Sache, die mir gerade in den Kopf kam: Die Sorge um die Verlängerung der Studienzeit - ist das vielleicht auch eine Sorge davor, wie man das finanzieren kann?

    Wolf: Das mag sicherlich mit reinspielen, denn das ist ein Klassiker bei Erhebungen, die durchgeführt werden, das ist natürlich die Sorge, wie die Form der Finanzierung eines Auslandsaufenthaltes immer noch weit oben rangiert. Das ist richtig. Hier haben wir natürlich auch im Bachelor-Plus-Programm die Möglichkeit mit Stipendien, die auch im Programm vorgesehen sind, etwas entgegen zu wirken. Aber es gibt ja eine Vielfalt auch an Fördermöglichkeiten, angefangen von der Möglichkeit des Auslands-BAföG über PROMOS-Mittel [Anm. der Redaktion: DAAD-Förderprogramm] und viele weitere, die, denke ich, auch hinlänglich bekannt sind.

    Burgwinkel: Vielen Dank für das Gespräch! Das war Claudia Wolf, Referatsleiterin beim Deutschen Akademischen Austauschdienst, und wir sprachen über Bachelor plus und die Internationalisierung des Studiums anlässlich der heute beginnenden Tagung zum Thema.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.