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Wolkenmacher und Staubfänger

Klimaforschung. - Mit dem Ozonloch hat alles angefangen. Damals wollten Forscher aus Karlsruhe herausfinden, welche Rolle die Wolken in der Stratosphäre beim Ozonabbau spielen. Und weil die wirklichen Wolken zu weit weg waren, haben sie künstliche Wolken erzeugt – am Boden, in einer Simulationskammer, getauft auf den Namen Aida. Die Anlage hat nun gerade ihren zehnten Geburtstag gefeiert. Heutzutage geht es den Forschern nicht mehr so sehr um Ozon, sondern eher um den Feinstaub in der Atmosphäre.

Von Arndt Reuning |
    Wer an der Wolkenkammer Aida arbeitet, sollte auf alle Fälle gut zu Fuß sein. Vier Stockwerke ist die Anlage hoch, und es gibt keinen Fahrstuhl. Endlich haben wir alle Stufen bis ganz oben erklommen.

    "Wir sind ungefähr zwölf Meter über dem Boden. Etwa auf der Höhe des oberen Deckels des Behälters."

    Jener Behälter, von dem der Chemiker Dr. Harald Saathoff hier spricht, ist das Kernstück der Anlage. Im Grunde genommen eine riesige Thermoskanne. Saathoff:

    "Jetzt befinden wir uns im Inneren des thermostatisierten Bereiches der Aida Simulationskammer und können jetzt direkt den Aluminiumkessel bewundern."

    "Der Zylinder hat eine Höhe von 7,5 Metern und einen Durchmesser von vier Metern. Also, man kann schon gut reingehen und viele Messgeräte dranstellen."

    Wenn eine Messkampagne läuft, blasen die Wissenschaftler Feinstaub in das Innere des Aluminiumkessels. Oder ein Aerosol, wie sie das nennen. Das kann Ruß sein oder Mineralstaub oder auch winzige Tröpfchen von Schwefelsäure. An ihnen kann das Wasser aus Luft in der Kammer kondensieren – im Kessel entstehen künstliche Wolken. Und diesen Vorgang beobachten die Forscher von außen mit ihren Messgeräten. Saathoff:

    "Es sind mindestens zwanzig bis dreißig aufwändigere Messgeräte, die dann zum Beispiel die Form von Eiskristallen messen, die die optischen Eigenschaften der Partikel vermessen und bei diesen dynamischen Prozessen der Wolkenbildung uns dann auch sehr hoch zeitaufgelöst Informationen der Veränderungen zum Beispiel des Gefrierens der Partikel geben."

    Denn wie das ganz genau funktioniert, ist immer noch nicht bis ins Detail erforscht. Dabei sind solche Daten besonders wichtig für Klimaforscher, die ihre Computermodelle damit füttern. Schließlich bedecken Wolken zu gut einem Drittel die Oberfläche unserer Erdkugel. Und werfen dabei ein Teil des wärmenden Sonnenlichtes wieder zurück.

    "Das heißt: Wenn sich jetzt nur etwas mehr Wolken bilden oder etwas weniger, dann hat das einen extrem großen Einfluss auf den Wärmehaushalt unseres Planeten und damit natürlich auf unser Klima. Und ob sich eine Wolke bildet und wie lange sie hält und wie viel Licht sie zurückwirft, das hängt alles davon ab, wie genau die feinen Aerosolteilchen beschaffen sind, an denen die Wolken erst entstehen."


    Professor Thomas Leisner vom Forschungszentrum Karlsruhe. Aber der Feinstaub kann auch auf anderem Wege Wolken entstehen lassen. Ruß zum Beispiel, weil er schwarz ist, fängt das Sonnenlicht ein und wandelt es um in Wärme. Wenn also Ruß in den Schichten weiter unten feuchte Luft langsam aufheizt, dann steigt sie nach oben in die kälteren Lagen und kondensiert zu Wolken. Ein jüngeres Forschungsprojekt der Wissenschaftler. Leisner:

    "Wir haben nun festgestellt, dass diese Rußpartikel, wenn sie altern und sich um sie herum eine Schicht aus anderen Aerosolteilchen anlagert, beispielsweise aus organischen Verbindungen, dann absorbieren sie sogar noch mehr Licht, als wenn sie frisch erzeugt worden sind."

    Der Wolkensimulator in Karlsruhe ist übrigens nicht der einzige in Deutschland. Auch in Leipzig und Jülich gibt es ähnliche Anlagen. Trotzdem machen sie sich nicht gegenseitig Konkurrenz. Leisner:

    "Unsere Anlage ist speziell auch für niedrige Temperaturen ausgelegt. Also wir können hier bis in den Bereich minus 80 bis minus 100 Grad gehen und damit auch Vorgänge in sehr hohen Wolken studieren, in beispielsweise der oberen Troposphäre oder in der Stratosphäre, die besonders klimawirksam sein können."

    Und so werden die Staubforscher wohl auch die kommenden zehn Jahre verbringen: Mit dem Kopf in den Wolken, mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Wissenschaft.