Samstag, 27. April 2024

Archiv

Workshop Uni Witten-Herdecke
Brainstorming für eine bessere Welt

Kreative Lösungen finden für die großen gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit: Beim "Summer Camp" der Uni Witten-Herdecke waren junge, engagierte Menschen eingeladen, Ideen für Sozialunternehmen zu entwickeln. Im Vordergrund stand nicht Profit, sondern gesellschaftliches Engagement.

Von Dirk Groß-Langenhoff | 15.07.2019
Hauptcampus der Privatuniversität Witten-Herdecke
Die Privatuni Witten-Herdecke hat sich die "Förderung sozialer Verantwortung" auf die Fahnen geschrieben (Foto: Universität Witten/Herdecke (UW/H))
Theorie gab es am Vormittag: Da wurden zum Beispiel die 17 Ziele der Vereinten Nationen für Nachhaltigkeit präsentiert. Jetzt, wo sich die Teilnehmer in Gruppen aufgeteilt haben, darf sich jede Gruppe ein Ziel davon aussuchen. Das ist zum Beispiel die Bekämpfung von Armut oder Hunger, Geschlechtergerechtigkeit, Klimaschutz oder hochwertige Bildung. Trainer Babak Zeini leitet die Teilnehmer an, ihre Ideen dafür zu Papier zu bringen:
"Wenn ihr das Gefühl habt, dass die Ideen, die rauskommen, ein bisschen zu verrückt, ein bisschen zu abgefahren sind, dann ist es gut so. Das ist das, was gewollt ist. Je verrückter, umso besser. Werten können wir es nachher. Und es geht auch nicht darum, dass man super malen kann. Hauptsache, ihr könnt eure Zeichnung nachher am Tisch erklären und den anderen sagen, was ihr gezeichnet habt."
Schnellzeichnen als Kreativ-Methode
Zeichnen soll unkonventionelle Lösungen zu Tage fördern. Acht Felder müssen gefüllt werden. Babak Zeini gibt den Teilnehmern dafür eine Minute Zeit pro Feld:
"Das ist eine Kreativ-Methode, nennt sich 'Crazy eight', also die 'Verrückten Acht'. Und da geht es darum, dass man in kurzer Zeit acht Sachen möglichst schnell zeichnet, ohne darüber nachzudenken, dass man versucht, an die Gedanken hinter den Gedanken zu kommen. Also Sachen, die man sich jetzt nicht rational erschließt, Dinge, die man assoziiert mit Erfahrungen, die weiter zurückliegen oder Dinge, die einem in den Kopf schießen."
Erfolgreiches Sozialunternehmen als Vorbild
Am Ende sollen sich Ideen für mögliche Sozialunternehmen herauskristallisieren. Also Unternehmen wie zum Beispiel der Mineralwasser-Produzent "Viva Con Aqua", bei dem die Finanzierung von Brunnen in Afrika im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stehen. Und Trainerin Christine Bleks stellt ihr eigenes Unternehmen vor: "Tausche Bildung für Wohnen".
"Da ist der Name Programm. Also, wir bieten mietfreien Wohnraum für junge Leute an, die beispielsweise studieren oder einen Bundesfreiwilligendienst machen. Die können bei uns mietfrei wohnen in WGs und übernehmen dann eine Bildungspatenschaft, eine Mentorenpatenschaft für Kinder aus dem Stadtteil, die nämlich sehr wenig Zugang zu guter Bildung haben."
Probleme gewichten und lösen
Und hochwertige Bildung ist eines der Nachhaltigkeitsziele der UN. Die Gruppen beim Summercamp stellen Christine Bleks viele Fragen: wie sie bei der Gründung des Unternehmens vorgegangen ist und was man alles dabei bedenken muss. Dann geht es an die Präsentation der eigenen Ideen. Paul Tingelhoff studiert eigentlich Medizin, steht jetzt aber vor einer Pinnwand mit vielen kleinen gelben und pinken Zetteln und erklärt, worüber in seiner Gruppe diskutiert wird:
"Wir haben erst mal überlegt, welche Probleme es quasi überhaupt in der Bildung gibt. Und haben dann überlegt, wie kann man die Probleme gewichten, welches ist quasi das schwerwiegendste Problem? Und haben dann versucht, mit sogenannten 'How might we'-Fragen zu jedem Problem zu gucken: Okay, was können wir tun, um das zu ändern? Und haben uns dann auf ein Problem geeinigt, nämlich: eben das Problem, dass Bildungszugang häufig an finanzielle Mittel geknüpft ist."
Konkret Handeln statt nur demonstrieren
Leonie Hacke ist eine der Schülerinnen beim Summercamp. Sie macht nächstes Jahr ihr Abitur in Wuppertal. Eine ihrer Leistungskurse ist Sozialwissenschaft und sie will jetzt schon Praxisbezug. Bei den Fridays-for-future-Demonstrationen ist sie auch schon mitgelaufen. Doch nur demonstrieren reicht ihr nicht:
"Ich glaube schon, dass Fridays-for-future auch einen guten Willen und Gedanken hat und dass es auf jeden Fall gut ist, dass es diese Demonstrationen gibt, also die Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird. Nur ich denke, dass man mit solchen Programmen auf jeden Fall auch was tun sollte, also nicht nur demonstrieren gehen sollte, sondern sich auch weiter mit den Themen beschäftigen sollte, und ich finde, das kann man bei dieser Veranstaltung sehr, sehr gut."
Jede Gruppe erarbeitet im Workshop nicht nur Ideen, sondern auch ganz konkret den Business-Plan für ein fiktives Sozialunternehmen. Die Universität Witten-Herdecke will junge Menschen so für gesellschaftliches Engagement von Unternehmen sensibilisieren.