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Wüstenstromprojekt Desertec könnte bald starten

Im Auswärtigen Amt in Berlin trifft sich die Planungsgesellschaft für den Bau des Solarkraftwerks Desertec mit Vertretern Deutschlands und anderer europäischer Länder. Ziel ist, sich auf den Bau eines Pilotprojektes zu einigen, um so das Desertec-Projekt in der marokkanischen Wüste anzustoßen.

Von Verena Kemna | 07.11.2012
    Es geht um Investitionen in Höhe von 600 Millionen Euro, es geht um den Bau eines Solarkraftwerks in Marokko über den derzeit verschiedene europäische Regierungen verhandeln. Aus deutschen Regierungskreisen heißt es, dass die Spanier noch keine Zusage erteilt haben, damit der Solarstrom auch durch das spanische Netz fließen kann. Erst wenn die Spanier grünes Licht geben, können auch deutsche Gelder in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags investiert werden. Der Vorsitzende der Desertec Planungsfirma, Paul van Son, gibt sich diplomatisch gelassen. Er meint, dass sich die Politiker längst noch nicht einig sind.

    "Was wir hören ist, dass Spanien noch viele Fragen hat und sich natürlich die Frage stellt, warum müssen wir Strom aus Nordafrika aufnehmen. Langfristig haben wir volles Vertrauen, dass Spanien sieht, dass es eine sehr wichtige Rolle hat zwischen Deutschland, Frankreich und Nordafrika, Spanien kann da sehr viel gewinnen aber die Prozesse sind meistens etwas zäher, das dauert, bis man bis ins Detail solche Fragen klären kann."

    Über fünfzig Unternehmen arbeiten derzeit daran, damit das seit Jahren geplante Wüstenstromprojekt Desertec auch realisiert werden kann. Die Wüsten der Erde empfangen in sechs Stunden mehr Energie von der Sonne, als die Menschheit in einem Jahr verbraucht. Solche gigantischen Energiequellen in kaum besiedelten Regionen sind die Grundlage für Desertec. Es geht um Stromerzeugung, aber auch darum durch die Entsalzung von Meereswasser, sauberes Trinkwasser zu gewinnen. Das erste Solarkraftwerk, das nun in einem marokkanischen Wüstenort bei Marrakesch gebaut werden soll, ist mehr als eine Energiequelle. Ein erstes 150 Megawatt Solarkraftwerk in Marokko wäre ein Startsignal für das gesamte Projekt, erklärt Paul van Son.

    "Die 150 Megawatt die können auch von den existierenden Netzen aufgenommen werden. Wir haben schon seit 15 Jahren eine starke Netzverbindung zwischen Spanien und Marokko. Da gibt es zwei Kabelverbindungen und die können das locker aufnehmen. Also, es ist nicht so, dass wir kurzfristig technische Probleme haben. Es ist mehr ein politisches Problem, den Austausch von erneuerbaren Energien zwischen Europa und außerhalb von Europa im Detail umzusetzen."


    Um den Strom aus den Wüsten Afrikas bis nach Europa zu transportieren, müssen unzählige Ländergrenzen passiert werden. Ob es bei der Berliner Desertec Konferenz zu einer internationalen Absichtserklärung kommt oder nicht, Paul van Son ist sich sicher, dass ein erstes Referenzprojekt spätestens in vier Jahren steht. Er meint, dass der Startschuss für den Wüstenstrom in den nächsten zwei Jahren fällt.

    "Wir haben eine große Gruppe von 56 Unternehmen und die warten tatsächlich darauf, dass die Politik sagt, ja, go ahead und dann wird die Karawane weiterziehen."

    Allein die Gesellschafter der Desertec Industrieinitiative seien bereit, 200 Millionen Euro zu investieren. Langfristig plant Desertec mit den erneuerbaren Energiequellen Sonne und Wind Geschäfte zu machen. Der Ingenieur Thomas Altmann ist seit Jahren mit der Planung der Wüstenstromprojekte befasst. Strom aus der Wüste ist für ihn nicht nur eine umweltpolitische Alternative.

    "Wir arbeiten an Konzepten, wie man mit Solarenergie die Meerwasserentsalzung betreibt und wenn man beides schafft, dort eine Strom- und eine Wasserversorgung herzustellen, dann gibt es ein Wirtschaftswachstum, dann gibt es mehr Arbeitsplätze und Stabilisierung und im Endeffekt könnte es eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten werden."

    Nach den Plänen von Desertec sollen bis 2050 fünfzehn Prozent des europäischen Energiebedarfs mit Strom aus der Wüste gedeckt werden.