Der Bankmanager Rolf E. Breuer:
"Das Nachkriegsdeutschland wäre absolut anders gewesen und geworden, wenn es Ludwig Erhard nicht gegeben hätte."
Ludwig Erhard, 1948:
"Wir dürfen nicht länger tatenlos zusehen, dass ehrliche Arbeit keinen realen Lohn findet… Diesem wirtschaftlichen Chaos, dem das politische Chaos in Kürze folgen müsste, wird die Währungsreform ein sofortiges Ende setzen."
Keine Bezugsscheine mehr, das Ende der Schattenwirtschaft, das Ende des Währungsverfalls. Der Name des "Dicken mit der Zigarre" ist in aller Munde.
Aus einem Lehrfilm zur Währungsreform:
"Und da liegen sie: 40 DM für jeden, das Startgeld in eine … der drei westlichen Zonen"
Ludwig Poullain:
"Erhards …Tun nach der Währungsreform, wirkte Wunder. Kleine Wunder, die mir groß erschienen."
Der frühere Chef der WestLB und Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, Ludwig Poullain.
Friedrich Nowottny:
"Das Wunder, glaube ich, war im Grunde genommen der Wille der Deutschen, aus dem Dreck des Krieges und des Nachkrieges heraus zu kommen. Sie müssen sich vorstellen, dieses Deutschland damals war ein Land, das … so am Boden lag, wie ein Land nur am Boden liegen konnte."
Der Wirtschaftsjournalist und spätere Intendant des Westdeutschen Runfunks, Friedrich Nowottny. Der Schwung der Währungsreform reicht zunächst nicht weit. Zwei Millionen Arbeitslose, Versorgungsengpässe, 12 Millionen Flüchtlinge, die Wohnung und Beschäftigung suchen - die Ära Adenauer beginnt mit schwerer Hypothek. Kritik am Kurs kommt von vielen Seiten.
Rolf E. Breuer:
"Erhard wurde zu recht als stur geschildert. Stur im allerbesten Sinne, nämlich … eine einmal für richtig erkannte Meinung auch gegen Widerstände durchzusetzen zu versuchen."
5. Mai 1977. In der Nacht ist Ludwig Erhard in einem Bonner Krankenhaus gestorben. Bundestagspräsident Karl Carstens würdigt im Bundestag Leben und Werk:
"Geboren in Fürth im Jahre 1897, wirkte Ludwig Erhard von 1928 bis 1942 an der Handelshochschule Nürnberg, 1945 und/46 war er Bayerischer Wirtschaftsminister, 1948 und 49 Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des vereinigten Wirtschaftsgebietes, 1949 bis 1963 Bundesminister für Wirtschaft und 1963 bis 1966 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland."
Kurzfristige Erfolge interessieren Ludwig Erhard nicht. Ungerechtigkeiten der ersten Stunde nimmt er hin: Geringe Einkommen für die Arbeiter, Steuerprivilegien für die Unternehmen, Anreize zum investieren, zum wiederaufbauen.
Rolf E. Breuer:
"Ludwig Erhard hat nicht gesagt, Wohlstand für alle heißt 100 für jeden. Sondern 150 für manchen, 100 für einen großen Durchschnitt und hoffentlich nur ganz wenige, die weniger als 100 bekommen."
Friedrich Nowottny:
"Man suchte sich eine Arbeit, man arbeitete zu erbärmlichen Löhnen. Wenn Sie sich die Statistiken der damaligen Zeit angucken lag der Stundenlohn bei 1,50 Mark, 2,50 schon in fortgeschrittener Zeit. Unvorstellbare Beträge heute."
Mit der Freiheit kommt die Verantwortung. Die Amerikaner stehen Pate, Westintegration und Markt-Liberalisierung gehen Hand in Hand. Nach den Jahren des Dirigismus und der Kriegswirtschaft hält der Wettbewerb Einzug.
Keine Selbstverständlichkeit – denn die Absagen an alles "Kapitalistische" und Forderungen nach "Sozialisierung" sind nach dem Krieg zahlreich. Auch in der Programmatik der jungen CDU, im "Ahlener Programm" von 1947. Erst im Mai 1948 tauchen in den Überlegungen der Union Begriffe wie "Marktwirtschaft" und "Wettbewerb" auf. Und doch: Der zunächst parteilose Ludwig Erhard schließt sich der CDU an
Ludwig Erhard:
"Weil es darum galt, eine liberale, freiheitliche Politik, die mir vorschwebte, in der Praxis zu verwirklichen und da gehörte ja nicht dazu, dass ich eine liberale Partei noch einmal stärke, sondern es gehörte dazu, dass ich die große Volkspartei CDU für mich, für meinen Gedanken, gewinne und dann auch darauf festlege."
Der Geist ist aus der Flasche. Die späten 50er Jahre bringen Konsumlust, Arbeiter und Angestellte wollen mehr Lohn. Die Kosten des Sozialsystems explodieren, die Beitragssätze steigen.
Erste Maßhalteappelle Ludwig Erhards verhallen ungehört. Auch im Kanzleramt. Dort werden die Weichen für die Rentenreform gestellt: Für die Rentner mehr Geld, für Adenauer die absolute Mehrheit.
Ludwig Erhard hält die dynamische Rente auf Dauer für unfinanzierbar, beugt sich aber dem Druck Adenauers. Auch an anderer Stelle unterliegt der Ökonom:
Das Kartellgesetz wird auf Drängen der Unternehmer- und Industrieverbände verwässert, die erstarkten Gewerkschaften fordern zweistellige Lohnerhöhungen. Im März 1962 mahnt er, nicht zum ersten Mal:
"Wir haben offenkundig das Gefühl für das Mögliche verloren und schicken uns an, eine Sozialpolitik zu betreiben, die vielleicht das Gute will, aber mit Sicherheit das Böse, nämlich die Zerstörung einer guten Ordnung schafft. So manches Mal frage ich mich wirklich, ob denn dieses deutsche Volk mit wachsendem Wohlstand immer weniger ansprechbar, immer weniger bereit ist, die Wahrheit zu hören."
1963 wird Ludwig Erhard Bundeskanzler, gegen den Widerstand Adenauers, der Erhard nicht für einen Politiker hält. 1965 wird Ludwig Erhard wieder gewählt.
Auf dem Düsseldorfer Parteitag der CDU im März 1965 bringt er den Begriff der "Formierten Gesellschaft" ins Spiel: Der Interessenpluralismus ist ihm zu konfliktträchtig. Erhard erntet Kritik, nicht nur aus der Opposition.
Ludwig Erhard:
"Was ich wollte, das war eigentlich das Bestreben aus der Enge, aus der Engstirnigkeit des interessengebundenen Denkens herauszufinden …
Wenn Sie wollen, war mein Gedanke der Formierten Gesellschaft, hatte … auch einen sozialen Hintergrund …"
1966 endet die Kanzlerschaft des Wirtschaftsfachmanns. Sein politischer Führungsstil enttäuscht, konjunkturelle Krisenerscheinungen drücken auf die Stimmung, und die SPD gewinnt die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen:
Ludwig Poullain:
"Er war für einen Politiker zu gut, oder zu naiv … Er war gutgläubig, eigentlich fast bis zur Dummheit. Man konnte bei ihm Kabale spielen im Zimmer, wo er dabei war, ohne dass er es merkte, oder vielleicht besser, ohne das er es wahrhaben wollte. Das hat es seinen Gegnern, man muss ja schon sagen Feinden, weil es Parteifreunde waren, es damals unglaublich leicht gemacht, ihn abzuschießen."
Friedrich Nowottny:
"Ludwig Erhard war der Protagonist für alles, was sich damals tat. Er war der Zauberer, er war der Verklärte. Er war der irgendwo über den Dingen Schwebende. Der Mann mit den großartigen Ideen, der die Schaufenster füllte, der Arbeit beschaffte, der für alles zuständig war, was in Deutschland passierte."
"Das Nachkriegsdeutschland wäre absolut anders gewesen und geworden, wenn es Ludwig Erhard nicht gegeben hätte."
Ludwig Erhard, 1948:
"Wir dürfen nicht länger tatenlos zusehen, dass ehrliche Arbeit keinen realen Lohn findet… Diesem wirtschaftlichen Chaos, dem das politische Chaos in Kürze folgen müsste, wird die Währungsreform ein sofortiges Ende setzen."
Keine Bezugsscheine mehr, das Ende der Schattenwirtschaft, das Ende des Währungsverfalls. Der Name des "Dicken mit der Zigarre" ist in aller Munde.
Aus einem Lehrfilm zur Währungsreform:
"Und da liegen sie: 40 DM für jeden, das Startgeld in eine … der drei westlichen Zonen"
Ludwig Poullain:
"Erhards …Tun nach der Währungsreform, wirkte Wunder. Kleine Wunder, die mir groß erschienen."
Der frühere Chef der WestLB und Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, Ludwig Poullain.
Friedrich Nowottny:
"Das Wunder, glaube ich, war im Grunde genommen der Wille der Deutschen, aus dem Dreck des Krieges und des Nachkrieges heraus zu kommen. Sie müssen sich vorstellen, dieses Deutschland damals war ein Land, das … so am Boden lag, wie ein Land nur am Boden liegen konnte."
Der Wirtschaftsjournalist und spätere Intendant des Westdeutschen Runfunks, Friedrich Nowottny. Der Schwung der Währungsreform reicht zunächst nicht weit. Zwei Millionen Arbeitslose, Versorgungsengpässe, 12 Millionen Flüchtlinge, die Wohnung und Beschäftigung suchen - die Ära Adenauer beginnt mit schwerer Hypothek. Kritik am Kurs kommt von vielen Seiten.
Rolf E. Breuer:
"Erhard wurde zu recht als stur geschildert. Stur im allerbesten Sinne, nämlich … eine einmal für richtig erkannte Meinung auch gegen Widerstände durchzusetzen zu versuchen."
5. Mai 1977. In der Nacht ist Ludwig Erhard in einem Bonner Krankenhaus gestorben. Bundestagspräsident Karl Carstens würdigt im Bundestag Leben und Werk:
"Geboren in Fürth im Jahre 1897, wirkte Ludwig Erhard von 1928 bis 1942 an der Handelshochschule Nürnberg, 1945 und/46 war er Bayerischer Wirtschaftsminister, 1948 und 49 Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des vereinigten Wirtschaftsgebietes, 1949 bis 1963 Bundesminister für Wirtschaft und 1963 bis 1966 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland."
Kurzfristige Erfolge interessieren Ludwig Erhard nicht. Ungerechtigkeiten der ersten Stunde nimmt er hin: Geringe Einkommen für die Arbeiter, Steuerprivilegien für die Unternehmen, Anreize zum investieren, zum wiederaufbauen.
Rolf E. Breuer:
"Ludwig Erhard hat nicht gesagt, Wohlstand für alle heißt 100 für jeden. Sondern 150 für manchen, 100 für einen großen Durchschnitt und hoffentlich nur ganz wenige, die weniger als 100 bekommen."
Friedrich Nowottny:
"Man suchte sich eine Arbeit, man arbeitete zu erbärmlichen Löhnen. Wenn Sie sich die Statistiken der damaligen Zeit angucken lag der Stundenlohn bei 1,50 Mark, 2,50 schon in fortgeschrittener Zeit. Unvorstellbare Beträge heute."
Mit der Freiheit kommt die Verantwortung. Die Amerikaner stehen Pate, Westintegration und Markt-Liberalisierung gehen Hand in Hand. Nach den Jahren des Dirigismus und der Kriegswirtschaft hält der Wettbewerb Einzug.
Keine Selbstverständlichkeit – denn die Absagen an alles "Kapitalistische" und Forderungen nach "Sozialisierung" sind nach dem Krieg zahlreich. Auch in der Programmatik der jungen CDU, im "Ahlener Programm" von 1947. Erst im Mai 1948 tauchen in den Überlegungen der Union Begriffe wie "Marktwirtschaft" und "Wettbewerb" auf. Und doch: Der zunächst parteilose Ludwig Erhard schließt sich der CDU an
Ludwig Erhard:
"Weil es darum galt, eine liberale, freiheitliche Politik, die mir vorschwebte, in der Praxis zu verwirklichen und da gehörte ja nicht dazu, dass ich eine liberale Partei noch einmal stärke, sondern es gehörte dazu, dass ich die große Volkspartei CDU für mich, für meinen Gedanken, gewinne und dann auch darauf festlege."
Der Geist ist aus der Flasche. Die späten 50er Jahre bringen Konsumlust, Arbeiter und Angestellte wollen mehr Lohn. Die Kosten des Sozialsystems explodieren, die Beitragssätze steigen.
Erste Maßhalteappelle Ludwig Erhards verhallen ungehört. Auch im Kanzleramt. Dort werden die Weichen für die Rentenreform gestellt: Für die Rentner mehr Geld, für Adenauer die absolute Mehrheit.
Ludwig Erhard hält die dynamische Rente auf Dauer für unfinanzierbar, beugt sich aber dem Druck Adenauers. Auch an anderer Stelle unterliegt der Ökonom:
Das Kartellgesetz wird auf Drängen der Unternehmer- und Industrieverbände verwässert, die erstarkten Gewerkschaften fordern zweistellige Lohnerhöhungen. Im März 1962 mahnt er, nicht zum ersten Mal:
"Wir haben offenkundig das Gefühl für das Mögliche verloren und schicken uns an, eine Sozialpolitik zu betreiben, die vielleicht das Gute will, aber mit Sicherheit das Böse, nämlich die Zerstörung einer guten Ordnung schafft. So manches Mal frage ich mich wirklich, ob denn dieses deutsche Volk mit wachsendem Wohlstand immer weniger ansprechbar, immer weniger bereit ist, die Wahrheit zu hören."
1963 wird Ludwig Erhard Bundeskanzler, gegen den Widerstand Adenauers, der Erhard nicht für einen Politiker hält. 1965 wird Ludwig Erhard wieder gewählt.
Auf dem Düsseldorfer Parteitag der CDU im März 1965 bringt er den Begriff der "Formierten Gesellschaft" ins Spiel: Der Interessenpluralismus ist ihm zu konfliktträchtig. Erhard erntet Kritik, nicht nur aus der Opposition.
Ludwig Erhard:
"Was ich wollte, das war eigentlich das Bestreben aus der Enge, aus der Engstirnigkeit des interessengebundenen Denkens herauszufinden …
Wenn Sie wollen, war mein Gedanke der Formierten Gesellschaft, hatte … auch einen sozialen Hintergrund …"
1966 endet die Kanzlerschaft des Wirtschaftsfachmanns. Sein politischer Führungsstil enttäuscht, konjunkturelle Krisenerscheinungen drücken auf die Stimmung, und die SPD gewinnt die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen:
Ludwig Poullain:
"Er war für einen Politiker zu gut, oder zu naiv … Er war gutgläubig, eigentlich fast bis zur Dummheit. Man konnte bei ihm Kabale spielen im Zimmer, wo er dabei war, ohne dass er es merkte, oder vielleicht besser, ohne das er es wahrhaben wollte. Das hat es seinen Gegnern, man muss ja schon sagen Feinden, weil es Parteifreunde waren, es damals unglaublich leicht gemacht, ihn abzuschießen."
Friedrich Nowottny:
"Ludwig Erhard war der Protagonist für alles, was sich damals tat. Er war der Zauberer, er war der Verklärte. Er war der irgendwo über den Dingen Schwebende. Der Mann mit den großartigen Ideen, der die Schaufenster füllte, der Arbeit beschaffte, der für alles zuständig war, was in Deutschland passierte."