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Wunderwachs trickst Thermostat aus

Technik. - Kühlschränke aller Art gehören weltweit zu den gierigsten Stromfressern. Experten schätzen, dass ein Fünftel des weltweit erzeugten elektrischen Stroms dafür verwendet wird. Ein britisches Unternehmen hat nun ein sehr einfaches Gerät entwickelt, mit dessen Hilfe sich der Stromverbrauch bei vielen Kühlschränken verringern lässt, ohne dass Milch, Fleisch und Yoghurt schlecht werden.

Von Tobias Armbrüster |
    Der kleine schwarze Kasten heißt eCube, er ist halb so groß wie eine Zigarettenschachtel - und er wird in den Kühlschrank eingebaut. Im Innern des eCube steckt ein Klumpen Spezialwachs. Das ist alles: keine Elektronik, keine Batterie. Der kleine Wachs-Klumpen muss lediglich über ein Kabel an den Temperatur-Sensor im Kühlschrank angeschlossen werden. Einfach gesagt, wird so der Thermostat ausgetrickst. Handelsübliche Kühlschränke regulieren nämlich die Temperatur der Luft, die zwischen den gelagerten Lebensmitteln zirkuliert – und verschwenden so eine Menge Energie, weil sich die Luft im Kühlschrank viel schneller erwärmt als Wurst und Butter, erklärt eCube-Entwickler Guy Lamstaes.

    "Normalerweise springt das Kühlaggregat im Kühlschrank an, nachdem jemand die Tür aufgemacht und etwas rausgenommen hat – weil dann warme Luft eingeströmt ist. Wenn wir jetzt den eCube einbauen, reguliert der Thermostat nicht mehr die Temperatur der Luft, sondern die Temperatur des Wachsklumpens, und der imitiert die gelagerten Lebensmittel. Der Thermostat wird also erst dann aktiv, wenn es für die Lebensmittel notwendig ist. Normalerweise springt ein Kühlschrank zwölf Mal pro Stunde an, mit dem eCube reduzieren wir das auf vier Mal."

    Der eCube verringert also die Taktung, mit der der Kühlschrank Kälte nachschießt. Die Lebensmittel bleiben dabei genauso kalt wie vorher. Das haben auch der britische und der amerikanische TÜV bestätigt. - Vor allem an der Zusammensetzung des Spezialwachses hat das Team von Guy Lamstaes lange gearbeitet. Das Wachs imitiert die Wärmeaufnahme von Muschelkrebsen - das ist die empfindlichste Lebensmittel-Art, die man in einem Kühlschrank lagern kann. Der Gedanke dahinter: Wenn die Kühlschrank-Temperatur so geregelt wird, dass eine Packung Muschelkrebse immer schön kühl bleibt, dann können auch Käse, Milch und Hackfleisch nicht schlecht werden. Spencer Freedman leitet den Vertrieb des eCube in Großbritannien:

    "Die meisten Leute wissen nicht, dass Kühlgeräte fast ein Fünftel der weltweit erzeugten Stromreserven verbrauchen. Wir glauben, dass wir die Emissionen, die dadurch verursacht werden, deutlich reduzieren können. Wir haben den eCube vor kurzem bei einer großen britischen Brauerei getestet. Allein in diesem einen Unternehmen könnte der eCube, wenn man ihn in jede Kühlanlage einbauen würde, jährlich 40 Millionen Kilowatt-Stunden Strom einsparen, das entspricht 17.000 Tonnen CO2-Emissionen."

    Der eCube ist seit einigen Wochen in Großbritannien auf dem Markt, der Stückpreis liegt bei umgerechnet 35 Euro. Bislang wird der kleine schwarze Kasten nur an Unternehmen verkauft - die Installation in Haushaltskühlschränken wäre zu aufwendig. Einer der ersten eCube-Kunden ist das Riverbank Park Plaza Hotel in London. Das Hotel hat sechs Großküchen mit mehreren begehbaren Kühlräumen und größeren Kühlschränken. David Bell, der technische Direktor hat hier 160 eCubes installieren lassen.

    "Ich war am Anfang skeptisch, ob dieses Ding wirklich funktioniert. Aber auch unser Chefkoch hat nach einer Woche bestätigt, dass die Lebensmittel so kalt bleiben wie vorher und dass sie keinen Schaden nehmen. Insgesamt sparen wir mit dem eCube an unseren Kühlschränken 30 Prozent Energie ein, das sind rund 25.000 Euro im Jahr."

    Auch normale Haushaltskühlschränke könnten irgendwann mit der eCube-Technik ausgestattet werden. Dann müsste das Spezialwachs allerdings schon ab Werk eingebaut werden. Die Entwickler verhandeln zurzeit mit mehreren Kühlschrank-Herstellern.