Freitag, 03. Mai 2024

Archiv


Wuppertal-Institut in der Kritik

Der heutige Bundespräsident Johannes Rau hatte vor etwas mehr als einem Jahrzehnt als damaliger Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens dafür gesorgt, dass in seiner Heimatstadt das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie eingerichtet wurde. Unter der Leitung des Wissenschaftlers Ulrich von Weizsäcker machte sich das Institut mit kritischen Stellungnahmen zur Umweltpolitik einem Namen. Doch nachdem sich von Weizsäcker 1998 zu einer Bundestagskandidatur für die SPD entschieden hatte, geriet das Institut, das immerhin 120 Menschen beschäftigt, finanziell und inhaltlich ins Schlingern. So, wie es ist, soll es nun nicht mehr vom Land NRW gefördert werden. Das ist die Empfehlung des angesehenen Wissenschaftsrates, der Bund und Länder in forschungspolitischen Angelegenheiten berät und der das Wuppertal-Institut geprüft hatte.

von Ludger Fittkau | 27.05.2002
    Die umweltpolitischen Aufgaben des Institutes seien zwar nach wie vor wichtig und förderungswürdig, aber die konkrete Arbeit leide unter gravierenden konzeptionellen Mängeln, so der Wissenschaftsrat. Eine qualifizierte Forschung fehle vor allem in den Feldern Verkehrs- und Klimaentwicklung, bemängelt Professor Reinhard Hüttl, stellvertretender Vorsitzender des Rates:

    Die Hauptkritikpunkte, die der Wissenschaftsrat sieht, was das Wuppertal-Insititut anbelangt, ist, dass bestimmte Bereiche die wissenschaftlichen Standards nicht so einhalten, wie man sich das vorstellt, wie man von der Sitzung her, die das Institut hat, erwarten würde.

    Dass der Wechsel Ulrich von Weizsäckers in die Politik diese Situation verschärft hat, sieht auch der Wissenschaftsrat . Nach zwei Jahren ohne Leitung übernahm Professor Peter Hennicke Ende 2000 kommissarisch die Präsidentschaft. Dies führte zwar dazu, dass das Institut sich finanziell wieder stabilisieren konnte. Doch klare inhaltliche Konturen fehlen bis heute - das räumt auch Peter Hennicke ein:

    Wir haben einige Schwächen, wir machen zu breite Themen, da hat der Wissenschaftsrat ganz zu recht kritisch drauf hingewiesen, aber wir haben schon seit zwei Jahren dran gearbeitet, die zu verändern.

    So konzentriere man sich wieder mehr darauf, groß angelegte zukunftsweisende Forschungsprojekte zu konzipieren. Die letzte breit diskutierte Studie des Wuppertal-Institutes liegt schon Jahre zurück . Sie trug den Titel 'Zukunftsfähiges Deuschland'. In der Zwischenzeit sei man zum Berater der Weltbank sowie der japanischen und chinesischen Regierung geworden und habe eine Vielzahl kleinerer Projekte durchgeführt. Zu viele, sagt der Wissenschaftsrat. Und Peter Hennicke will das nun ändern:

    Wir werden sehr viel mehr größere, strategische Projekte anpacken. Eines haben wir bereits in der Mache: Das ist die Frage, welche Globalisierung zukunftsfähig ist, ein großes Zwei-Jahresprojekt, sowas wie ein neues Leitprojekt wie damals zukunftsfähiges Deutschland.

    Doch bevor das Wuppertal-Institut nun hektisch jeden Mode-Begriff der internationalen Politik aufnehme um sich wieder stärker ins Gespräch zu bringen, solle es zunächst eine schlüssige Neukonzeption der Arbeit vornehmen, mahnt Prof. Reinhard Hüttl vom Wissenschaftsrat:

    Ich glaube, man sollte diese Moden nicht immer und überall aufgreifen. Und da muss man sich sozusagen jeweils genau vorher ein Bild verschaffen, durch eine interne Evaluierung, die eben am Wuppertal-Institut auch nicht stattfindet, ob man dazu in der Lage ist und ob das wirklich in das Konzept passt.

    Das Ministerpräsident Wolfgang Clement nach bekanntwerden der Kritik des Wissenschaftsrates umgehend Mittelkürzungen für das Wuppertal-Institut angekündigt hat, begreift Institutsleiter Hennicke nicht als Strafaktion für kritische Stellungnahmen. Vor allem in Sachen Braunkohlentagebau Garzweiler am Niederrhein war das Institut in der Vergangenheit desöfteren mit Clement aneinandergeraten. Peter Hennicke:

    Das Wuppertal-Institut ist explizit als ein Institut unbequemer Wissenschaft damals gegründet worden. Und sicher sind die Akzente, die der damalige Ministerpräsident Rau gelegt hat andere, als die Landesregierung heute setzt, das ist völlig verständlich. Wir sind zehn Jahre weiter. Es ist auch völlig unstrittig, dass wir Konfliktlinien haben. Wir sind natürlich nicht die Presseagentur der Landesregierung. Das liegt aber nicht an der Landesregierung, sondern das liegt daran, das die Konflikte zugenommen haben, an der Feldern. Natürlich ist Garzweiler ein Thema, das nicht nur die Landesregierung hoch interessiert, sondern auch viele Menschen, die sich mit Klimaschutz, mit Landschafts- und Umweltschutz beschäftigen. Und unsere Aufgabe ist, jetzt nicht Politik zu machen, aber Politik auf Konflikte hinzuweisen.

    Und dies werde auch so bleiben, auch wenn man in Zukunft mit weniger Landesmitteln auskommen müsse.