Natur
WWF: 200.000 Hindernisse durchschneiden Deutschlands Flüsse

Deutschlands Fließgewässer werden eine Untersuchung zufolge durch über 200.000 künstliche Querbauwerke blockiert. Rechnerisch stehe alle zwei Kilometer ein Wehr oder eine Schwelle in den Flüssen und Bächen, erklärte die Umweltstiftung WWF. Das habe Folgen, etwa für Wanderfischarten.

    Zu sehen ist ein Abschnitt des Flusses Stepenitz in Brandenburg.
    Die Stepenitz in Brandenburg fließt nahe Wolfshagen über ein niedriges Wehr und eine Fischrampe (Archivbild). (Soeren Stache / dpa-Zentralbild / dp / Soeren Stache)
    Der WWF analysierte mehr als 52.000 dieser Bauwerke, um herauszufinden, welchen Effekt ein Rückbau der Barrieren hätte. Das Ergebnis: Würden nur 776 der Hindernisse abgebaut, könnten Flüsse und Bäche auf mehr als 26.000 Kilometern wieder frei fließen. Das käme unter anderem Wanderfischarten zugute. Auch grobkörniges Sediment, das für naturnahe Gewässer wichtig ist, könne dann von den Flüssen besser transportiert werden, erklärte die Umweltstiftung.

    "Fischtreppen" keine Lösung

    Der WWF ist davon überzeugt, dass sogenannte Fischtreppen nicht ausreichen. Diese seien oft sehr technisch, funktionierten aber nur zum Teil und stellten die typischen Gewässerlebensräume nicht wieder her. "Die ökologischen Effekte eines möglichst vollständigen Rückbaus unterscheiden sich daher maßgeblich von Durchgängigkeitsmaßnahmen wie Fischaufstiegsanlagen", heißt es im Bericht.
    Der WWF berücksichtigte in der Analyse, dass es viele nutzungsrelevante Bauwerke gibt, etwa für die Wasserkraft, die Schifffahrt und auch zum Hochwasserschutz. Diese könnten natürlich "auf absehbare Zeit" nicht zurückgebaut werden. Doch es gebe andere, etwa marode Wehre und Schwellen, deren Beseitigung ökologisch wichtig wäre und deren Rückbau gut machbar sei.

    WWF: Wenige Rückbauten würden Gewässerschutz voranbringen

    Wehre oder Dämme wurden meist dazu gebaut, um den Wasserfluss in den Flüssen zu kontrollieren. Oft dienen sie zudem als Straßenquerung. Doch durch den Bau verändern sich Strömungen, was die Lebensräume von Tieren und Pflanzen verändert. Auch lagern sich Sedimente ab und verschlammen den Lebensraum vieler Arten. Einer Studie im Fachblatt "Nature" aus dem Jahr 2020 zufolge weisen alle Flussgebiete in Europa solche Hindernisse auf. 
    Schon 16 Rückbauten würden den Gewässerschutz weit voranbringen, meint der WWF: "Das Spektrum reicht von sohlstabilisierenden Bauwerken wie Sohlabstürzen und Rampen bis hin zu festen und beweglichen Wehren ehemaliger und intakter Wasserkraftanlagen, Mühlen und Kulturstaue." Profitieren könnten davon unter anderem Aale, Forellen, Bachneunaugen, Groppen und Bachmuscheln, Neunaugen, Lachse und Meerforellen.

    EU-Richtlinie macht Vorgaben bis 2027

    Laut der EU-Wasserrahmenrichtlinie sollen bis zum Jahr 2027 alle natürlichen Fließgewässer in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand sein. Zuletzt wurden laut Bundesumweltamt aber nur acht Prozent der deutschen Fließgewässer so eingestuft. Die Querbauwerke sind dem WWF zufolge ein wesentlicher Faktor dafür, dass die Gewässer in einem schlechten Zustand sind.
    Diese Nachricht wurde am 13.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.