Freitag, 03. Mai 2024

Archiv

Yassine Belattar
Mit spitzer Zunge gegen Intoleranz

Über die Anhänger des Front National sagt Yassine Belattar: "Front-National-Anhänger sind sehr lustige Leute – sie wissen es nur nicht." Der Sohn marokkanischer Einwanderer steht seit elf Jahren in Frankreich auf der Bühne. Als Stand-up-Comedian kämpft er mit scharfer Zunge gegen jene, denen alles Anderartige ein Dorn im Auge ist.

Von Suzanne Krause | 17.12.2015
    Yassine Belattar, Comedian aus Frankreich mit marokkanischen Wurzeln.
    Yassine Belattar teilt in alle Richtungen aus. Nicht erst seit den Attentaten in Paris Mitte November zieht er auch bös über die selbst ernannten Dschihadisten her. (AFP / Franck Fife)
    Ein Heimspiel liefert Yassine Belattar auf der Bühne des Theatre de Dix Heures. Mit Freunden hat er kürzlich das traditionsreiche Kabarett im Vergnügungsviertel Pigalle erstanden. Im Saal sitzt, sagt der Humorist, sein Frankreich: großteils junge Leute, viele, die von Einwanderern aus Nord- und Schwarzafrika abstammen. Belattars beißender Humor begeistert alle.
    "Der Front National blickt nicht mehr durch. Wegen Katar. Den Ölscheichs, die halb Frankreich aufkaufen. Nun gibt es neben den Arabern, die Bomben legen, auch stinkreiche Araber – der Albtraum Frankreichs."
    Seit einem knappen Jahr geht Yassine Belattar immer wieder auf Tournee interdite. Klappert bei seiner 'verbotenen Tournee' die Städte ab, die die Rechtsextremen erobern konnten.
    "Wir haben viel Spaß bei unserer Tournee. Wirklich, die Front-National-Anhänger sind sehr lustige Leute – sie wissen es nur nicht. Meine letzte Etappe war Beziers. Dort war es richtig sportlich. Überall sonst haben die Farbigen die Weißen im Visier. Hier ist es umgekehrt. Als ich durch die Stadt spazierte, zischelte man mir zu: 'Wir werden dich schon kriegen, du Dreckskerl.' Unfassbar, das sind doch unsere Sprüche! "
    Ungewöhnliche Auftrittsorte
    Genüsslich erzählt der Komiker von dem Anti-Belattar-Rundschreiben, das FN-Chefin Marine Le Pen an alle Mitstreiter geschickt habe, um ihm den Zugang zu den Gemeinde-Theatern zu verbieten. So tritt der Sohn marokkanischer Einwanderer in Schnellimbissen auf, teils zwischen Buffet und Toilette.
    "Das verächtliche Auftreten der Pariser Journalisten und Künstler, die nicht Städte des Front National aufsuchen wollen, das ertrag ich einfach nicht. Ich will zeigen: Auch wenn die meisten, die hier wählen gingen, ihre Stimme den Rechtsextremen gaben, so ist doch das Gros der Bevölkerung Geisel der Kulturpolitik des FN. Ich will diejenigen unterstützen, die nicht den FN gewählt haben. Und auch den Anhängern der Rechtsextremen Gelegenheit geben, mal andere Töne zu hören.
    Ich habe nicht vor, nach Marokko zu gehen. Marokko ist nicht meine Heimat. Das ist Frankreich - wo ich lebe, wo meine Kinder zur Welt kamen, wo ich Familie und Freunde habe. Deshalb ist es an der Zeit, dem Front National zu zeigen: Wir sind hier für sehr sehr lange Zeit."
    Comedy gegen den Rechtsextremismus
    Viele Künstler, bedauert Yassine Belattar, trauten sich nicht mehr, gegen die Rechtsextremen Front zu machen. Um so notwendiger sei seine Tournee interdite. Bei jeder Etappe baut der frühere Journalist Sketche mit sorgfältig recherchiertem Lokalbezug ein.
    "In Henin-Beaumont hat mich eines sehr belustigt: Früher lebte dort alles vom Bergbau. Nun sind die Minen dicht. Es ist doch ein Unding, dass die Kinder der Bergarbeiter nur noch weiße Franzosen hier haben wollen – im Stollen waren damals doch alle kohleschwarz."
    Austeilen in alle Richtungen
    Yassine Belattar teilt in alle Richtungen aus. Nicht erst seit den Attentaten in Paris Mitte November zieht er auch bös über die selbst ernannten Dschihadisten her. Er sieht sich im Dienste der französischen Republik und ihrer Werte.
    "Viele meiner Kollegen haben nicht im Sinn, diejenigen zu unterstützen, die Zielscheibe von Übergriffen sind – seien es Muslime, Juden oder Homosexuelle.
    Heute wurden zwei Schwule in Paris angegriffen. Franzose zu sein bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Und deswegen trete ich demnächst in Molenbeek auf. "