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Yvonne Hofstetter: "Der unsichtbare Krieg"
Warnruf vor der Cyberwar-Apokalypse

Die digitale Welt bietet Wissen, Spaß und Unterhaltung und weltweite Geschäfte: Wissenschaft, Wirtschaft und Medien sind ohne digitale Netzwerke nicht mehr funktionsfähig. Die zunehmende Digitalisierung macht uns aber auch angreifbar, warnt die Publizistin Yvonne Hofstetter in ihrem neuen Buch.

Von Michael Lange |
Die Cyberwar-Apokalypse im Film: Szene aus "Terminator Genisys"
Digitalisierung und KI sind aus dem Ruder gelaufen, die Maschinen übernehmen die Herrschaft. Science-Fiction oder realistische Gefahr? (imago stock&people / MPC/Paramount Pix)
Die Beeinflussung des US-Wahlkampfes durch russische Hacker war nur ein Anfang. Längst experimentieren Computerexperten verschiedener Geheimdienste und deren Gehilfen mit Programmen, die dem jeweiligen Gegner schweren Schaden zufügen können. Während die Militärs an verschiedenen Schutzmaßnahmen arbeiten, bleiben Wirtschaft und Infrastruktur ausländischen Angriffen oft schutzlos ausgeliefert. Wirtschaftlich starke, aber militärisch schwache Regionen, wie die Staaten der europäischen Union, sind durch diese Angriffe besonders gefährdet. Freiwillig oder getrieben von wirtschaftlichen Zwängen ist die Digitalisierung hierzulande bereits weit fortgeschritten, aber bei einem Angriff fehlen die Möglichkeiten zum digitalen Gegenschlag. Dadurch werden demokratische Systeme, technologisch fortgeschrittener Staaten immer labiler. Umgekehrt können kleine, zentralistisch geführte Länder großen Schaden anrichten, ohne dabei selbst gefährdet zu sein.
Desinformation, digitale Viren und Killerdrohnen
Die Autorin entwirft das Bild eines digitalen Krieges, der bereits begonnen hat. Niemand hat den Krieg erklärt, und das ist in der Welt der digitalen Netzwerke auch nicht notwendig. Zur hybriden Kriegsführung gehören Täuschungsaktionen, Desinformation und Meinungsmache in sozialen Medien. So wird der Informationsraum zur Waffe, und der nächste Schritt hat bereits begonnen: Digitale Viren können gezielt die Infrastruktur schädigen und sogar lahmlegen. Züge bleiben stehen, der Verkehr bricht zusammen und die Energieversorgung kommt zum Erliegen. Bis zum Einsatz autonomer Drohnen und Roboter ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Künstliche Intelligenz übernimmt das Kommando im Krieg der Programme.
Sprache des Buches oft reißerisch
Leider ist die Sprache des Buches oft unspezifisch und reißerisch. Zugespitzt, mit einem Hang zu Übertreibungen, verwendet Yvonne Hofstetter immer wieder das Wort "Krieg", um es dann nach fast 200 Seiten erstmals zu hinterfragen. Gerne benutzt sie Phrasen, Anglizismen oder Fachbegriffe aus der militärischen Welt, ohne sie zu erklären oder zu hinterfragen. Sie erwähnt "Dissoziationssituationen" und beschreibt sie als "Kontingenz", was nicht zur Verständlichkeit beiträgt. Schlagworte wie "Cyber Pearl Harbor" oder "digitales 9/11" bleiben vage, und was eine "digitale Ursuppe" ist, weiß die Autorin wahrscheinlich selbst nicht.
Es liest sich wie ein aufrüttelnder, politischer Kommentar, gestützt auf eine fachkundige, strategische Analyse. Das präsentierte Hintergrundwissen stammt, wie zahlreiche Zitate belegen, von verschiedenen Kennern der internationalen Sicherheitspolitik, mit denen die Autorin gesprochen hat. Die kundige Einordnung der außenpolitischen Lage ist die Stärke des Buches. Was technisch möglich ist, und was nicht, bleibt jedoch weitgehend im Dunkeln. Das Buch verwendet viele, nicht immer verständliche Metaphern. Es will aufrütteln, aber lässt seine Leser teils doch eher ratlos zurück.
Yvonne Hofstetter: Der unsichtbare Krieg
Wie die Digitalisierung Sicherheit und Stabilität in der Welt bedroht
Verlag Droemer, 304 Seiten. 22.99 Euro.