Mit dieser unüblichen Zusatzerklärung verkündete die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach am 6. März 2002 das Urteil zur ungleichen und damit nicht verfassungskonformen Besteuerung von Renten und Pensionen. Die Ermahnung Limbachs kam nicht von ungefähr, denn den meisten Beobachtern war schon damals die Brisanz der Karlsruher Entscheidung bewusst: die Feststellung, dass Pensionen gegenüber Renten steuerlich benachteiligt seien, konnte eigentlich nur mit einer grundsätzlichen Systemänderung im Steuerrecht beantwortet werden.
Allerdings hatten die Verfassungshüter der Politik bewusst einen großzügigen Spielraum gewährt. So gab es keine Vorgaben für die künftige Ausgestaltung der Altersvorsorgebesteuerung, nur soviel: eine Doppelbesteuerung von Beiträgen und Rentenzahlungen müsse unbedingt vermieden werden. Und das neue Gesetz muss spätestens zum 1. Januar 2005 umgesetzt sein, denn die Richter hatten aus den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit gelernt. Zwei Mal hatte die Politik bereits die Vorgaben aus Karlsruhe schlicht ignoriert, die Rentenbesteuerung zu überarbeiten, erinnert sich auch der Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Horst Schild:
’80 hat das Bundesverfassungsgericht nur man gedroht: ihr müsst hier etwas machen. Nicht gesagt wie und nicht wann. So. Und wir haben gewartet und gewartet. Erst die CDU/CSU bis 1998. Nichts gemacht. `92 hat es noch einmal einen Vorlagebeschluss gegeben. Bundesverfassungsgericht sagt, ihr habt noch ein bisschen Zeit. Wieder keinen Zeitraum genant, ist wieder vergangen. Und auch wir, dass muss man sagen, hätten uns der Thematik auch eher annehmen können.
Kernpunkt des Karlsruher Urteils: der steuerpflichtige Ertragsanteil bei der Rente ist viel zu niedrig angesetzt. Denn bislang wird dort nur der Anteil besteuert, der die Rückzahlung aus den bereits versteuerten Beiträgen übersteigt – dies sind ab dem 65. Lebensjahr rund 27 Prozent. Faktisch aber müsste der steuerpflichtige Ertragsanteil wesentlich höher als 27 Prozent liegen, denn große Teile der Einzahlungen in die Rentenkasse unterliegen keiner Besteuerung, etwa weil die Hälfte des Rentenbeitrages steuerfrei von den Arbeitgebern gezahlt wird. Außerdem können Teile des Arbeitnehmeranteils als Sonderausgabe vor dem Fiskus geltend gemacht werden.
Diese Ungleichbehandlung gegenüber Pensionen, die bis auf einen Freibetrag bei der Auszahlung voll der Einkommenssteuerpflicht unterliegen, musste Hans Eichel also korrigieren. Dabei hatte der Finanzminister zwei Möglichkeiten: Entweder Entlastung der Beamten oder aber eine stärkere Belastung der Rentner. Angesichts der angespannten Haushaltssituation entscheid sich Eichel für den zweiten Weg. Er will die so genannte nachgelagerte Besteuerung einführen. Die parlamentarische Staatsekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks erklärt den Ansatz:
Das Prinzip bedeutet, dass wir zunächst in zunehmendem Maße die Vorsorgebeiträge, die die Menschen zur gesetzlichen Rentenversicherung oder auch als Freiberufler und Selbstständige zu privat abgeschlossenen Leibrenten und Versicherungen haben, steuerfrei stellen – also mehr als bisher. Und das wir langsam ansteigend den Anteil der Rente, die jemand bezieht, mit einem höheren Anteil der Besteuerung unterwerfen. Also man muss sich das vorstellen wie ein Prinzip kommunizierender Röhren.
Konkret bedeutet das im aktuellen Entwurf des so genannten Alterseinkünftegesetzes: ab 2005 sollen alle Rentenbeiträge einschließlich des Arbeitgeberanteils schrittweise bis 2025 steuerfrei gestellt werden. Umgekehrt werden bis 2040 die ausbezahlten Renten nach und nach der Besteuerung unterliegen. Ab 2005 wird dabei zunächst die Hälfte der ausbezahlten Rente besteuert, wobei die anderen 50 Prozent dem Rentner als lebenslanger persönlicher Freibetrag zugerechnet werden.
Mit jedem neuen Rentner-Jahrgang steigt allerdings der steuerpflichtige Anteil der Rente zum Zeitpunkt des Renteneintritts bis zum Jahr 2020 um jährlich zwei Prozentpunkte, danach um jeweils einen Prozentpunkt, bis 2040 die volle Besteuerung erreicht ist. Wer heute Rentner ist, ist von den Änderungen grundsätzlich nicht betroffen. Dieser Ansatz wird nahezu von den meisten Parteien, aber auch Experten gelobt – etwa vom Wirtschaftsweisen Bert Rürup, der auch die Regierung bei der Systemänderung beraten hat:
Dieser Übergang zu nachgelagerten Besteuerung ist ja, wenn man genau hinsieht, ein gesamtwirtschaftliches Steuersenkungsprogramm. Weil ja durch die zunehmende Freistellung von Beiträgen zu Altersvorsorgeaufwendungen die Nettoeinkünfte eben der Beitragszahler, der Erwerbstätigen erhöht werden und angesichts der Rentenpolitik macht das natürlich außerordentlich Sinn, auf diese Weise Anreize und Freiräume zu schaffen, eben auch kapitalgedeckt vorzusorgen.
Tatsächlich muss der Bund deutliche Einnahmeausfälle verkraften, darauf weist das Finanzministerium ausdrücklich hin. Schließlich wäre es ein politischer Gau, sollte öffentlich der Eindruck entstehen, im Zuge der Systemumstellung versuche Eichel seine leeren Kassen zu füllen. So aber führt die steuerliche Freistellung der Beiträge bereits ab 2005 zu Mindereinnahmen von 1 Milliarde Euro, die allein bis 2010 auf fünf Milliarden Euro jährlich anwachsen werden.
Ein weiterer zentraler Punkt aus Sicht der Regierung: der Grossteil der 14,2 Millionen Rentnerhaushalte hierzulande wird trotz der Einführung der nachgelagerten Besteuerung auch künftig keine Steuern bezahlen, betont die Staatssekretärin im Finanzministerium:
78 Prozent aller Rentnerhaushalte bleiben steuerunbelastet. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn jemand als Lediger eine Sozialversicherungsrente bezieht von rund 19.000 Euro im Jahr – also als Lediger – dann bleiben er weiterhin steuerunbelastet. Für Verheiratete gilt der doppelte Betrag. Und natürlich gelten die normalen Freibeträge für alle Bürgerinnen und Bürger: also der Grundfreibetrag, natürlich bleiben die Freibeträge bestehen bei Kapitaleinkommen und die Extrafreibeträge bei Betriebsrenten.
Doch es wird auch Verlierer geben, andernfalls wäre die Vorgabe des Verfassungsgerichts, die steuerliche Ungleichbehandlung von Pensionären und Rentnern aufzuheben, nicht umzusetzen. Im Zuge der Systemumstellung werden ab 2005 rund 3,3 Millionen Rentner Steuern bezahlen müssen, 1,3 Millionen mehr als bisher. Für die Beamten dagegen bleibt es bei der bisherigen Steuerbelastung.
Wer jedoch als wohlhabender Ruheständler neben der gesetzlichen Rente noch über üppige Einkünfte, etwa in Form einer Betriebsrente, einer Lebensversicherung oder aus Kapital- und Immobilienbesitz verfügt, der muss mit deutlichen Zusatzbelastungen rechnen. Allerdings zu Recht, meinte der Wirtschaftsweise Rürup, denn:
Die werden nach gegenwärtigem Recht gleichheitswidrig begünstigt. Aus der Sicht der Betroffenen ist das natürlich sehr problematisch – für die ist das ein Einschnitt. Aber man muss natürlich sehen – hier wird eine Ungleichbehandlung abgebaut und wer im Hereinwachsen der Betriebsrenten in die Besteuerung eine unziemliche Belastung sieht, verlangt letztlich den dauerhaften Anspruch auf eine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung.
Doch es gibt Zweifel, ob die Systemumstellung tatsächlich nur die wohlhabenden Rentner treffen wird. Denn der ab 2005 geltende persönliche Freibetrag für jeden Rentner wird für die Betroffenen festgeschrieben und gilt somit für die gesamte Laufzeit der Rente. Nicht zuletzt der Deutsche Gewerkschaftsbund fürchtet hier eine inflationäre Entwertung des starren Freibetrages sowie Auswirkungen durch die Rentenanpassungen, meint der zuständige DGB-Referent Ingo Nürnberger:
Das kann dazu führen, das Personen, die am Anfang nur sehr wenig oder gar keine Steuern zahlen mussten, plötzlich in eine höhere Rentenbesteuerung hineinwachsen. Was für die Leute erstens völlig unverständlich ist. Zweitens sie von der allgemeinen Einkommensentwicklung abkoppelt und zum dritten auch systematisch nicht geboten ist. Denn dieser Freibetrag soll je gerade Doppelbesteuerung vermeiden.
Also fordert der DGB eine jährliche Anpassung des Freibetrages. Doch die Regierung verweist auf den Vorsorgebeitrag für die Pensionäre, der bis 2040 ebenfalls abgeschmolzen werden soll. Ein dynamischer Freibetrag für Rentner aber würde erneut zu einer Benachteiligung der Beamten führen. Zudem verweist das Finanzministerium auf den Grundfreibetrag, der ebenfalls von Zeit zu Zeit erhöht wird und damit die Rentenanpassung wenigstens teilweise auffängt.
Doch trotz aller sachlich korrekten Begründungen – die Koalition steht selbst bei der gebotenen Mehrbelastung für gut verdienende Rentner vor einem heiklen politischen Problem. Denn gerade diese Gesellschaftsgruppe musste in den letzten Monaten bisweilen deutliche Einschnitte verkraften, vor allem durch die Gesundheitsreform und das Rentennachhaltigkeitsgesetz.
Eine schwierige Situation für Rot-Grün, gerade auch im Vorfeld der wichtigen Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im kommenden Jahr. Dennoch heißt die Devise bei den Fachleuten der Koalition - Augen zu und durch. Denn von einer Absenkung der geplanten Erstbesteuerung ab 2005 von 50 auf beispielsweise 40 Prozent würden nicht die Normalrentner profitieren, meint SPD-Finanzexperte Schild und verweist auf entsprechende Berechnungen:
Man kann das machen unter dem Gesichtspunkt schonenderer Einstieg und nicht ganz so starke Belastung. Aber man muss sehen, dass wenn man das macht, natürlich vor allem diejenigen entlastet, die im Alter über hohe Einkünfte verfügen.
Insofern hat Rot-Grün diese Überlegungen wieder verworfen, zumal sich auch das Verfassungsproblem erneut stellt. Denn bei einem moderaten Einstieg bei der Rentenbesteuerung würde die Angleichung an die Pensionen relativ spät erreicht – Anlass genug vielleicht für einen Beamten für eine neuerliche Klage in Karlsruhe.
Auch das mögliche Problem der Doppelbesteuerung ist nach Einschätzung der Bundesregierung gelöst. Speziell für Freiberufler und Selbstständige, die deutlich höhere Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in ihre Versorgungswerke einbezahlt haben, kann es im Einzelfall zu Doppelbesteuerungen kommen. Deshalb wurde in den Gesetzesentwurf nachträglich eine "Notfall-Klausel" eingefügt: Danach können sich Betroffene per Antrag zur Wehr setzen, vorausgesetzt sie weisen die Zweifachbelastung nach. Dennoch: der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger VDR ist skeptisch, obwohl er die Einführung der nachgelagerten Besteuerung grundsätzlich begrüßt. VDR-Geschäftsführer Franz Ruland warnt allerdings vor zusätzlichen Belastungen auch für den normalen Arbeitnehmer:
Die Beiträge werden 2025 definitiv und in voller Höhe von der Steuer freigestellt. Dann sind alle Beiträge aus unversteuertem Einkommen bezahlt. 2040 tritt allerdings eine volle Besteuerung der Renten ein. Das heißt, daraus wird deutlich, dass Personen, die bis 2025 noch Beiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt haben – wenn die in Rente gehen, bereits voll versteuert wird. Das heißt, die Spanne von 15 Jahren zwischen völliger Freistellung der Beiträge und völliger Besteuerung der Leistung – diese Spanne ist eindeutig zu kurz.
Nach Berechnungen des VDR ist besonders der Geburtsjahrgang 1975 von dem Problem der Doppelbesteuerung betroffen – insofern müsse auch mit neuen Klagen gerechnet werden. Allerdings steht hier Aussage gegen Aussage, Berechung gegen Berechnung: nach Ansicht von Rot-Grün stellt sich das Problem für Arbeitnehmer grundsätzlich nicht – daher sieht man auch einer möglichen Anrufung des Bundesverfassungsgerichts eher gelassen entgegen.
Der politische Streit um das neue Gesetz ist ohnehin an anderer Stelle entbrannt: denn die Bundesregierung will nicht nur die Vorgaben aus Karlsruhe erfüllen, sondern auch das Chaos im steuerlichen Umgang mit der Altersversorgung beenden. Grundsätzlich ein richtiger Ansatz, betont Finanzexperte Rürup:
Wir haben beispielsweise im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge haben wir vor- und nachgelagerte besteuerte Durchführungswege. Beispielsweise die Pensionskasse kann sowohl vor- als auch nachgelagert besteuert werden. Die Direktversicherung kann sowohl vor- als auch nachgelagert besteuert werden. Und wir haben natürlich im Bereich der Lebensversicherung, bei der kapitalbildenden Lebensversicherung, die bei näherem Hinsehen ein Kapitalanlageprodukt ist, haben wir Vergünstigungen, die kaum zu rechtfertigen sind.
Mit diesem Durcheinander soll jetzt Schluss sein. Künftig soll für alle Altersvorsorgeprodukte das Grundprinzip der nachgelagerten Besteuerung gelten. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Lange Zeit sah es dennoch so aus, als können sich CDU/CSU und die Regierung auf einen Kompromiss einigen und das Alterseinkünftegesetz gemeinsam beschließen, zumal auch der unionsdominierte Bundesrat dem umfangreichen Gesetzespaket zustimmen muss.
Doch kurz vor Ostern gerieten die Verhandlungen ins Stocken – vordergründig, so hieß es, hake es in wichtigen Einzelfragen. Etwa bei der künftigen steuerlichen Behandlung von Lebensversicherungen. Bislang genießt die Lieblingsanlageform der Deutschen einen zweifachen Steuervorteil: Vorsorgeaufwendungen können steuerlich geltend gemacht werden, außerdem sind die Erträge nach einer Laufzeit von 12 Jahren bei der Auszahlung steuerfrei. Dass dies im Zuge der Systemumstellung nicht so bleiben kann, ist auch Position der Union. Dennoch plädiert der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Meister, für eine behutsame Reform:
Deshalb plädieren wird dafür, wenn eine Lebensversicherung erst ab einem gewissen Lebensalter ausbezahlt wird, nicht vorher; wenn eine gewisse Mindestlaufzeit vorhanden ist des Vertrages, dass man dann von den Ertragsanteilen nur die Hälfte in die Bemessungsgrundlage der Besteuerung mit hinein nimmt.
Dies wiederum lehnt die Koalition ab. Künftig werden nur noch Vorsorgeaufwendungen für Versicherungen mit einer Rentenbildung steuerlich abzugsfähig sein. Kapitallebensversicherungen, die ab dem 1. Januar 2005 abgeschlossen werden, werden dagegen künftig bei Auszahlung steuerpflichtig. Für Versicherungen, die eine Mindestlaufzeit von 12 Jahren haben und erst nach dem 60. Geburtstag ausbezahlt werden, soll jedoch ein kleines Steuerprivileg erhalten bleiben, sagt die Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel:
Es wird eine Regelung hier zugrunde gelegt ähnlich wie bei den Abfindungen. Das heißt, dass die Erträge aus der Lebensversicherung – also nicht die gesamte Summe, sondern die Erträge, die aufgewachsen sind über die Jahre, fiktivsteuerlich auf fünf Jahre verteilt werden und damit auch steuerliche Begünstigungen bekommen.
Für Altverträge gilt dagegen Bestandsschutz – einzige Ausnahme: der Sonderausgabenabzug für Selbstständige und Beamte wird abgeschmolzen – ein Ansatz, der der Union insgesamt zu weit geht. Doch auch bei anderen Details gibt es Streit. So sollen bei der Riester-Rente künftig Frauen und Männer gleich hohe Beiträge bezahlen, bislang müssen Frauen aufgrund ihrer längeren Lebenserwartung höhere Tarife bezahlen.
Die Union ist in der umstrittenen Frage der so genannten Unisex-Tarife zwar selbst gespalten, lehnt aber gleichzeitig die Forderung der Koalition nach einer umfangreicheren Informationspflicht bei Riester Produkten als zu bürokratisch ab. Zudem wollen CDU und CSU die Riester-Rente auch für Selbstständige öffnen, was wiederum die Koalition als unsachgemäß zurückweist.
Ein weiterer Kritikpunkt aus Sicht der Union – die ihrer Meinung nach zu enge Auslegung für Altersvorsorgeprodukte gerade für Selbstständige und Freiberufler. Nach der Definition der Koalition sollen Leibrenten nur dann gefördert werden, wenn sie die Kriterien nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nichtübertragbar und nicht kapitalisierbar erfüllen.
Wir sind der Meinung, dass dies nicht ganz lebensnah ist. Das man also versuchen sollte, dem einzelnen Bürger zu erlauben, optional nach eigener Entscheidung bis zu 30 Prozent seiner Altersvorsorge dann zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns ausgezahlt zu bekommen. Es gibt ja oft die Situation, dass wenn die Erwerbsphase endet und die Rentenphase beginnt, dass sich dann auch die Lebensumstände sich ändern und um die Lebensumstände neu einrichten zu können, braucht man möglicherweise auch Kapital.
Sagt CDU-Finanzexperte Meister. Doch bei diesem Punkt blieb die Koalition hart, während sie sich wiederum bei der Streitfrage Förderung der betrieblichen Altersvorsorge deutlich auf die Union zu bewegt hat. Hier wird im Gegensatz zur geltenden Rechtslage die steuerliche Begünstigung der Beiträge mit knapp 4.300 Euro sogar leicht verbessert. Dennoch – für einen Kompromiss ist es zu spät: die Union hat wohl nicht zuletzt aus taktischen Gründen erwogen, das Alterseinkünftegesetz morgen im Bundestag nicht zu unterstützen, erklärt ihr parlamentarischer Geschäftsführer Volker Kauder. Aber auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat soll verzichtet werden:
Weil wir nicht davon ausgehen können, dass die Bundesregierung in den Punkten, wo wir ganz anderer Meinung sind uns entgegen kommt. Zur gleichen Zeit wissen wir aber, dass die nachgelagerte Besteuerung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtsurteils kommen muss. Und deswegen werden zwei CDU-regierte Länder zustimmen, dass das Gesetz in Kraft treten kann. Wir zugleich aber deutlich machen können, dass die Union mit dieser Art von Gesetzgebung, mit dieser Art von Inhalten nichts zu tun haben will.
Ein ungewöhnlicher Spagat, den die Union aufführt – zumal die inhaltlichen Differenzen kaum für ein grundsätzliches Scheitern der Gespräche herhalten können. Entsprechend groß die Empörung bei der Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel:
Man lehnt mit 'Pimpamporium’ im Bundestag mit Unionsstimmen etwa ab, was dann mit Unionsstimmen dann im Bundesrat doch Zustimmung bekommt. Also, ich halte das für eine Täuschung der Öffentlichkeit und ich halte das auch für ein Verfahren, was zwar, ich sag jetzt mal geschäftsordnungsmäßig zu beanstanden ist. Was aber politisch von der Glaubwürdigkeit äußerst zweifelhaft ist.
Zugleich aber ist bei der Koalition auch der Verdacht laut geworden, die Union wolle für das sperrige Gesetz nicht die politische Mitverantwortung übernehmen. Denn jedermann wird von den Änderungen betroffen sein: Rentner, Selbstständige und Arbeitnehmer. Da dürfte es noch so manchen öffentlichen Aufschrei geben. Zumal viele subjektiv den Eindruck haben werden, die Systemumstellung führe letztlich doch zu einer doppelten Besteuerung.
Insofern wird wohl keine Regierung das neue Gesetz als finanzpolitischen Erfolg verkaufen können, obwohl der Ansatz von den meisten Experten begrüßt wird. Dass die Union das Gesetz im Bundesrat vermutlich dennoch ohne Änderungen durchwinken wird, hat einen ganz handfesten steuerpolitischen Grund. So verweist die Staatssekretärin im Finanzministerium, Barbara Hendricks auf die zeitlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts:
Führen wir jetzt nicht das Besteuerungssystem der Renten an die anderen Einkünfte, Arbeitnehmereinkünfte und Pensionen heran, dann würde das bedeuten, dass wir das umgekehrt machen müssten. Nämlich die Pensionszahlungen von Steuern entlasten und die Arbeitnehmereinkommen von Steuern entlasten.
Schätzungen zufolge würde ein Scheitern des Alterseinkünftegesetzes für Bund und Länder Mehrbelastungen im zweistelligen Milliardenbereich ausmachen. Daher spricht viel dafür, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause endgültig verabschiedet wird.
Allerdings hatten die Verfassungshüter der Politik bewusst einen großzügigen Spielraum gewährt. So gab es keine Vorgaben für die künftige Ausgestaltung der Altersvorsorgebesteuerung, nur soviel: eine Doppelbesteuerung von Beiträgen und Rentenzahlungen müsse unbedingt vermieden werden. Und das neue Gesetz muss spätestens zum 1. Januar 2005 umgesetzt sein, denn die Richter hatten aus den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit gelernt. Zwei Mal hatte die Politik bereits die Vorgaben aus Karlsruhe schlicht ignoriert, die Rentenbesteuerung zu überarbeiten, erinnert sich auch der Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Horst Schild:
’80 hat das Bundesverfassungsgericht nur man gedroht: ihr müsst hier etwas machen. Nicht gesagt wie und nicht wann. So. Und wir haben gewartet und gewartet. Erst die CDU/CSU bis 1998. Nichts gemacht. `92 hat es noch einmal einen Vorlagebeschluss gegeben. Bundesverfassungsgericht sagt, ihr habt noch ein bisschen Zeit. Wieder keinen Zeitraum genant, ist wieder vergangen. Und auch wir, dass muss man sagen, hätten uns der Thematik auch eher annehmen können.
Kernpunkt des Karlsruher Urteils: der steuerpflichtige Ertragsanteil bei der Rente ist viel zu niedrig angesetzt. Denn bislang wird dort nur der Anteil besteuert, der die Rückzahlung aus den bereits versteuerten Beiträgen übersteigt – dies sind ab dem 65. Lebensjahr rund 27 Prozent. Faktisch aber müsste der steuerpflichtige Ertragsanteil wesentlich höher als 27 Prozent liegen, denn große Teile der Einzahlungen in die Rentenkasse unterliegen keiner Besteuerung, etwa weil die Hälfte des Rentenbeitrages steuerfrei von den Arbeitgebern gezahlt wird. Außerdem können Teile des Arbeitnehmeranteils als Sonderausgabe vor dem Fiskus geltend gemacht werden.
Diese Ungleichbehandlung gegenüber Pensionen, die bis auf einen Freibetrag bei der Auszahlung voll der Einkommenssteuerpflicht unterliegen, musste Hans Eichel also korrigieren. Dabei hatte der Finanzminister zwei Möglichkeiten: Entweder Entlastung der Beamten oder aber eine stärkere Belastung der Rentner. Angesichts der angespannten Haushaltssituation entscheid sich Eichel für den zweiten Weg. Er will die so genannte nachgelagerte Besteuerung einführen. Die parlamentarische Staatsekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks erklärt den Ansatz:
Das Prinzip bedeutet, dass wir zunächst in zunehmendem Maße die Vorsorgebeiträge, die die Menschen zur gesetzlichen Rentenversicherung oder auch als Freiberufler und Selbstständige zu privat abgeschlossenen Leibrenten und Versicherungen haben, steuerfrei stellen – also mehr als bisher. Und das wir langsam ansteigend den Anteil der Rente, die jemand bezieht, mit einem höheren Anteil der Besteuerung unterwerfen. Also man muss sich das vorstellen wie ein Prinzip kommunizierender Röhren.
Konkret bedeutet das im aktuellen Entwurf des so genannten Alterseinkünftegesetzes: ab 2005 sollen alle Rentenbeiträge einschließlich des Arbeitgeberanteils schrittweise bis 2025 steuerfrei gestellt werden. Umgekehrt werden bis 2040 die ausbezahlten Renten nach und nach der Besteuerung unterliegen. Ab 2005 wird dabei zunächst die Hälfte der ausbezahlten Rente besteuert, wobei die anderen 50 Prozent dem Rentner als lebenslanger persönlicher Freibetrag zugerechnet werden.
Mit jedem neuen Rentner-Jahrgang steigt allerdings der steuerpflichtige Anteil der Rente zum Zeitpunkt des Renteneintritts bis zum Jahr 2020 um jährlich zwei Prozentpunkte, danach um jeweils einen Prozentpunkt, bis 2040 die volle Besteuerung erreicht ist. Wer heute Rentner ist, ist von den Änderungen grundsätzlich nicht betroffen. Dieser Ansatz wird nahezu von den meisten Parteien, aber auch Experten gelobt – etwa vom Wirtschaftsweisen Bert Rürup, der auch die Regierung bei der Systemänderung beraten hat:
Dieser Übergang zu nachgelagerten Besteuerung ist ja, wenn man genau hinsieht, ein gesamtwirtschaftliches Steuersenkungsprogramm. Weil ja durch die zunehmende Freistellung von Beiträgen zu Altersvorsorgeaufwendungen die Nettoeinkünfte eben der Beitragszahler, der Erwerbstätigen erhöht werden und angesichts der Rentenpolitik macht das natürlich außerordentlich Sinn, auf diese Weise Anreize und Freiräume zu schaffen, eben auch kapitalgedeckt vorzusorgen.
Tatsächlich muss der Bund deutliche Einnahmeausfälle verkraften, darauf weist das Finanzministerium ausdrücklich hin. Schließlich wäre es ein politischer Gau, sollte öffentlich der Eindruck entstehen, im Zuge der Systemumstellung versuche Eichel seine leeren Kassen zu füllen. So aber führt die steuerliche Freistellung der Beiträge bereits ab 2005 zu Mindereinnahmen von 1 Milliarde Euro, die allein bis 2010 auf fünf Milliarden Euro jährlich anwachsen werden.
Ein weiterer zentraler Punkt aus Sicht der Regierung: der Grossteil der 14,2 Millionen Rentnerhaushalte hierzulande wird trotz der Einführung der nachgelagerten Besteuerung auch künftig keine Steuern bezahlen, betont die Staatssekretärin im Finanzministerium:
78 Prozent aller Rentnerhaushalte bleiben steuerunbelastet. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn jemand als Lediger eine Sozialversicherungsrente bezieht von rund 19.000 Euro im Jahr – also als Lediger – dann bleiben er weiterhin steuerunbelastet. Für Verheiratete gilt der doppelte Betrag. Und natürlich gelten die normalen Freibeträge für alle Bürgerinnen und Bürger: also der Grundfreibetrag, natürlich bleiben die Freibeträge bestehen bei Kapitaleinkommen und die Extrafreibeträge bei Betriebsrenten.
Doch es wird auch Verlierer geben, andernfalls wäre die Vorgabe des Verfassungsgerichts, die steuerliche Ungleichbehandlung von Pensionären und Rentnern aufzuheben, nicht umzusetzen. Im Zuge der Systemumstellung werden ab 2005 rund 3,3 Millionen Rentner Steuern bezahlen müssen, 1,3 Millionen mehr als bisher. Für die Beamten dagegen bleibt es bei der bisherigen Steuerbelastung.
Wer jedoch als wohlhabender Ruheständler neben der gesetzlichen Rente noch über üppige Einkünfte, etwa in Form einer Betriebsrente, einer Lebensversicherung oder aus Kapital- und Immobilienbesitz verfügt, der muss mit deutlichen Zusatzbelastungen rechnen. Allerdings zu Recht, meinte der Wirtschaftsweise Rürup, denn:
Die werden nach gegenwärtigem Recht gleichheitswidrig begünstigt. Aus der Sicht der Betroffenen ist das natürlich sehr problematisch – für die ist das ein Einschnitt. Aber man muss natürlich sehen – hier wird eine Ungleichbehandlung abgebaut und wer im Hereinwachsen der Betriebsrenten in die Besteuerung eine unziemliche Belastung sieht, verlangt letztlich den dauerhaften Anspruch auf eine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung.
Doch es gibt Zweifel, ob die Systemumstellung tatsächlich nur die wohlhabenden Rentner treffen wird. Denn der ab 2005 geltende persönliche Freibetrag für jeden Rentner wird für die Betroffenen festgeschrieben und gilt somit für die gesamte Laufzeit der Rente. Nicht zuletzt der Deutsche Gewerkschaftsbund fürchtet hier eine inflationäre Entwertung des starren Freibetrages sowie Auswirkungen durch die Rentenanpassungen, meint der zuständige DGB-Referent Ingo Nürnberger:
Das kann dazu führen, das Personen, die am Anfang nur sehr wenig oder gar keine Steuern zahlen mussten, plötzlich in eine höhere Rentenbesteuerung hineinwachsen. Was für die Leute erstens völlig unverständlich ist. Zweitens sie von der allgemeinen Einkommensentwicklung abkoppelt und zum dritten auch systematisch nicht geboten ist. Denn dieser Freibetrag soll je gerade Doppelbesteuerung vermeiden.
Also fordert der DGB eine jährliche Anpassung des Freibetrages. Doch die Regierung verweist auf den Vorsorgebeitrag für die Pensionäre, der bis 2040 ebenfalls abgeschmolzen werden soll. Ein dynamischer Freibetrag für Rentner aber würde erneut zu einer Benachteiligung der Beamten führen. Zudem verweist das Finanzministerium auf den Grundfreibetrag, der ebenfalls von Zeit zu Zeit erhöht wird und damit die Rentenanpassung wenigstens teilweise auffängt.
Doch trotz aller sachlich korrekten Begründungen – die Koalition steht selbst bei der gebotenen Mehrbelastung für gut verdienende Rentner vor einem heiklen politischen Problem. Denn gerade diese Gesellschaftsgruppe musste in den letzten Monaten bisweilen deutliche Einschnitte verkraften, vor allem durch die Gesundheitsreform und das Rentennachhaltigkeitsgesetz.
Eine schwierige Situation für Rot-Grün, gerade auch im Vorfeld der wichtigen Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im kommenden Jahr. Dennoch heißt die Devise bei den Fachleuten der Koalition - Augen zu und durch. Denn von einer Absenkung der geplanten Erstbesteuerung ab 2005 von 50 auf beispielsweise 40 Prozent würden nicht die Normalrentner profitieren, meint SPD-Finanzexperte Schild und verweist auf entsprechende Berechnungen:
Man kann das machen unter dem Gesichtspunkt schonenderer Einstieg und nicht ganz so starke Belastung. Aber man muss sehen, dass wenn man das macht, natürlich vor allem diejenigen entlastet, die im Alter über hohe Einkünfte verfügen.
Insofern hat Rot-Grün diese Überlegungen wieder verworfen, zumal sich auch das Verfassungsproblem erneut stellt. Denn bei einem moderaten Einstieg bei der Rentenbesteuerung würde die Angleichung an die Pensionen relativ spät erreicht – Anlass genug vielleicht für einen Beamten für eine neuerliche Klage in Karlsruhe.
Auch das mögliche Problem der Doppelbesteuerung ist nach Einschätzung der Bundesregierung gelöst. Speziell für Freiberufler und Selbstständige, die deutlich höhere Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in ihre Versorgungswerke einbezahlt haben, kann es im Einzelfall zu Doppelbesteuerungen kommen. Deshalb wurde in den Gesetzesentwurf nachträglich eine "Notfall-Klausel" eingefügt: Danach können sich Betroffene per Antrag zur Wehr setzen, vorausgesetzt sie weisen die Zweifachbelastung nach. Dennoch: der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger VDR ist skeptisch, obwohl er die Einführung der nachgelagerten Besteuerung grundsätzlich begrüßt. VDR-Geschäftsführer Franz Ruland warnt allerdings vor zusätzlichen Belastungen auch für den normalen Arbeitnehmer:
Die Beiträge werden 2025 definitiv und in voller Höhe von der Steuer freigestellt. Dann sind alle Beiträge aus unversteuertem Einkommen bezahlt. 2040 tritt allerdings eine volle Besteuerung der Renten ein. Das heißt, daraus wird deutlich, dass Personen, die bis 2025 noch Beiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt haben – wenn die in Rente gehen, bereits voll versteuert wird. Das heißt, die Spanne von 15 Jahren zwischen völliger Freistellung der Beiträge und völliger Besteuerung der Leistung – diese Spanne ist eindeutig zu kurz.
Nach Berechnungen des VDR ist besonders der Geburtsjahrgang 1975 von dem Problem der Doppelbesteuerung betroffen – insofern müsse auch mit neuen Klagen gerechnet werden. Allerdings steht hier Aussage gegen Aussage, Berechung gegen Berechnung: nach Ansicht von Rot-Grün stellt sich das Problem für Arbeitnehmer grundsätzlich nicht – daher sieht man auch einer möglichen Anrufung des Bundesverfassungsgerichts eher gelassen entgegen.
Der politische Streit um das neue Gesetz ist ohnehin an anderer Stelle entbrannt: denn die Bundesregierung will nicht nur die Vorgaben aus Karlsruhe erfüllen, sondern auch das Chaos im steuerlichen Umgang mit der Altersversorgung beenden. Grundsätzlich ein richtiger Ansatz, betont Finanzexperte Rürup:
Wir haben beispielsweise im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge haben wir vor- und nachgelagerte besteuerte Durchführungswege. Beispielsweise die Pensionskasse kann sowohl vor- als auch nachgelagert besteuert werden. Die Direktversicherung kann sowohl vor- als auch nachgelagert besteuert werden. Und wir haben natürlich im Bereich der Lebensversicherung, bei der kapitalbildenden Lebensversicherung, die bei näherem Hinsehen ein Kapitalanlageprodukt ist, haben wir Vergünstigungen, die kaum zu rechtfertigen sind.
Mit diesem Durcheinander soll jetzt Schluss sein. Künftig soll für alle Altersvorsorgeprodukte das Grundprinzip der nachgelagerten Besteuerung gelten. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Lange Zeit sah es dennoch so aus, als können sich CDU/CSU und die Regierung auf einen Kompromiss einigen und das Alterseinkünftegesetz gemeinsam beschließen, zumal auch der unionsdominierte Bundesrat dem umfangreichen Gesetzespaket zustimmen muss.
Doch kurz vor Ostern gerieten die Verhandlungen ins Stocken – vordergründig, so hieß es, hake es in wichtigen Einzelfragen. Etwa bei der künftigen steuerlichen Behandlung von Lebensversicherungen. Bislang genießt die Lieblingsanlageform der Deutschen einen zweifachen Steuervorteil: Vorsorgeaufwendungen können steuerlich geltend gemacht werden, außerdem sind die Erträge nach einer Laufzeit von 12 Jahren bei der Auszahlung steuerfrei. Dass dies im Zuge der Systemumstellung nicht so bleiben kann, ist auch Position der Union. Dennoch plädiert der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Meister, für eine behutsame Reform:
Deshalb plädieren wird dafür, wenn eine Lebensversicherung erst ab einem gewissen Lebensalter ausbezahlt wird, nicht vorher; wenn eine gewisse Mindestlaufzeit vorhanden ist des Vertrages, dass man dann von den Ertragsanteilen nur die Hälfte in die Bemessungsgrundlage der Besteuerung mit hinein nimmt.
Dies wiederum lehnt die Koalition ab. Künftig werden nur noch Vorsorgeaufwendungen für Versicherungen mit einer Rentenbildung steuerlich abzugsfähig sein. Kapitallebensversicherungen, die ab dem 1. Januar 2005 abgeschlossen werden, werden dagegen künftig bei Auszahlung steuerpflichtig. Für Versicherungen, die eine Mindestlaufzeit von 12 Jahren haben und erst nach dem 60. Geburtstag ausbezahlt werden, soll jedoch ein kleines Steuerprivileg erhalten bleiben, sagt die Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel:
Es wird eine Regelung hier zugrunde gelegt ähnlich wie bei den Abfindungen. Das heißt, dass die Erträge aus der Lebensversicherung – also nicht die gesamte Summe, sondern die Erträge, die aufgewachsen sind über die Jahre, fiktivsteuerlich auf fünf Jahre verteilt werden und damit auch steuerliche Begünstigungen bekommen.
Für Altverträge gilt dagegen Bestandsschutz – einzige Ausnahme: der Sonderausgabenabzug für Selbstständige und Beamte wird abgeschmolzen – ein Ansatz, der der Union insgesamt zu weit geht. Doch auch bei anderen Details gibt es Streit. So sollen bei der Riester-Rente künftig Frauen und Männer gleich hohe Beiträge bezahlen, bislang müssen Frauen aufgrund ihrer längeren Lebenserwartung höhere Tarife bezahlen.
Die Union ist in der umstrittenen Frage der so genannten Unisex-Tarife zwar selbst gespalten, lehnt aber gleichzeitig die Forderung der Koalition nach einer umfangreicheren Informationspflicht bei Riester Produkten als zu bürokratisch ab. Zudem wollen CDU und CSU die Riester-Rente auch für Selbstständige öffnen, was wiederum die Koalition als unsachgemäß zurückweist.
Ein weiterer Kritikpunkt aus Sicht der Union – die ihrer Meinung nach zu enge Auslegung für Altersvorsorgeprodukte gerade für Selbstständige und Freiberufler. Nach der Definition der Koalition sollen Leibrenten nur dann gefördert werden, wenn sie die Kriterien nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nichtübertragbar und nicht kapitalisierbar erfüllen.
Wir sind der Meinung, dass dies nicht ganz lebensnah ist. Das man also versuchen sollte, dem einzelnen Bürger zu erlauben, optional nach eigener Entscheidung bis zu 30 Prozent seiner Altersvorsorge dann zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns ausgezahlt zu bekommen. Es gibt ja oft die Situation, dass wenn die Erwerbsphase endet und die Rentenphase beginnt, dass sich dann auch die Lebensumstände sich ändern und um die Lebensumstände neu einrichten zu können, braucht man möglicherweise auch Kapital.
Sagt CDU-Finanzexperte Meister. Doch bei diesem Punkt blieb die Koalition hart, während sie sich wiederum bei der Streitfrage Förderung der betrieblichen Altersvorsorge deutlich auf die Union zu bewegt hat. Hier wird im Gegensatz zur geltenden Rechtslage die steuerliche Begünstigung der Beiträge mit knapp 4.300 Euro sogar leicht verbessert. Dennoch – für einen Kompromiss ist es zu spät: die Union hat wohl nicht zuletzt aus taktischen Gründen erwogen, das Alterseinkünftegesetz morgen im Bundestag nicht zu unterstützen, erklärt ihr parlamentarischer Geschäftsführer Volker Kauder. Aber auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat soll verzichtet werden:
Weil wir nicht davon ausgehen können, dass die Bundesregierung in den Punkten, wo wir ganz anderer Meinung sind uns entgegen kommt. Zur gleichen Zeit wissen wir aber, dass die nachgelagerte Besteuerung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtsurteils kommen muss. Und deswegen werden zwei CDU-regierte Länder zustimmen, dass das Gesetz in Kraft treten kann. Wir zugleich aber deutlich machen können, dass die Union mit dieser Art von Gesetzgebung, mit dieser Art von Inhalten nichts zu tun haben will.
Ein ungewöhnlicher Spagat, den die Union aufführt – zumal die inhaltlichen Differenzen kaum für ein grundsätzliches Scheitern der Gespräche herhalten können. Entsprechend groß die Empörung bei der Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel:
Man lehnt mit 'Pimpamporium’ im Bundestag mit Unionsstimmen etwa ab, was dann mit Unionsstimmen dann im Bundesrat doch Zustimmung bekommt. Also, ich halte das für eine Täuschung der Öffentlichkeit und ich halte das auch für ein Verfahren, was zwar, ich sag jetzt mal geschäftsordnungsmäßig zu beanstanden ist. Was aber politisch von der Glaubwürdigkeit äußerst zweifelhaft ist.
Zugleich aber ist bei der Koalition auch der Verdacht laut geworden, die Union wolle für das sperrige Gesetz nicht die politische Mitverantwortung übernehmen. Denn jedermann wird von den Änderungen betroffen sein: Rentner, Selbstständige und Arbeitnehmer. Da dürfte es noch so manchen öffentlichen Aufschrei geben. Zumal viele subjektiv den Eindruck haben werden, die Systemumstellung führe letztlich doch zu einer doppelten Besteuerung.
Insofern wird wohl keine Regierung das neue Gesetz als finanzpolitischen Erfolg verkaufen können, obwohl der Ansatz von den meisten Experten begrüßt wird. Dass die Union das Gesetz im Bundesrat vermutlich dennoch ohne Änderungen durchwinken wird, hat einen ganz handfesten steuerpolitischen Grund. So verweist die Staatssekretärin im Finanzministerium, Barbara Hendricks auf die zeitlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts:
Führen wir jetzt nicht das Besteuerungssystem der Renten an die anderen Einkünfte, Arbeitnehmereinkünfte und Pensionen heran, dann würde das bedeuten, dass wir das umgekehrt machen müssten. Nämlich die Pensionszahlungen von Steuern entlasten und die Arbeitnehmereinkommen von Steuern entlasten.
Schätzungen zufolge würde ein Scheitern des Alterseinkünftegesetzes für Bund und Länder Mehrbelastungen im zweistelligen Milliardenbereich ausmachen. Daher spricht viel dafür, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause endgültig verabschiedet wird.