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Zahlenfresser zum Spartarif

Die Tage von Cray und Konsorten scheinen gezählt. Zwar schreien immer häufiger komplexe Simulationen nach enormer Rechenleistung, doch die muss nicht nur aus einem Gerät stammen: Dank schneller Netzwerktopologien und multiprozessortauglicher Betriebssysteme können auch viele Standard-PCs im Verein zum Supercomputer mutieren. Am Samstag erlaubten Experten interessierten Laien beim Tag der offenen Tür der Universität Stuttgart einen Blick hinter die Kulissen von Supercomputern und verteilten Rechnernetzen.

Peter Welchering |
    Sollen große Fabriken oder komplexe Fahrzeuge gebaut werden oder wollen Physiker elementaren Geheimnissen auf die Spur kommen, helfen nur Simulationen weiter. Im Sandkasten digitaler Realität lassen sich Was-wäre-wenn-Spiele durchführen, die bei der späteren Umsetzung eines Projekts vor unliebsamen Überraschungen schützen. Doch mit der Detailgenauigkeit steigen auch die Ansprüche an die dabei eingesetzte Hardware. Bislang leisteten immens teuere Einzelstücke die virtuelle Schwerstarbeit, doch immer öfter schreitet auch ein Heer einzelner und kostengünstiger Standard-Rechner gemeinsam zu Werke und raubt Cray und Konsorten die Existenzberechtigung.

    "Der Trend zu verteilten Architekturen ist in den großen Kosten für bisherige Supercomputern begründet. Weil auch die speziellen Betriebssysteme für solche Großanlagen sehr teuer sind, schwenken die Hersteller von Cluster-Anlagen auch immer mehr auf das freie Betriebssystem Linux um und passen es auf die eigenen Bedürfnisse an", erklärt Michael Resch vom Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Heidelberg. Die große Schwäche der preiswerten Zahlenfresser liege dagegen in der Koordination der integrierten Einzelrechner: Jeder Anwender, der ein Problem mit einem Cluster bearbeiten möchte, muss selbst bei der Programmierung für die optimale Ressourcennutzung Sorge tragen.

    Professor Klaus Well vom Institut für Flugmechanik und Flugregelung IFR der Universität Stuttgart nutzt das Cluster-Computing für die Simulation von Luftschiffen: "Wir untersuchen mit dem System, wie sich ein Modell unter realen Bedingungen verhalten würde. Die Umweltbedingungen erheben wir dazu an Bord eines Luftschiffes und übermitteln sie via Funk in den Simulator, der sie in Echtzeit in die Berechnungen einfügt und die Bewegungen des Modells ermittelt." Selbst große Rechenleistung wird aber mit einer solchen Aufgabe nicht alleine fertig: Um die Datenmengen und die Reaktionen des Luftschiffkonzeptes zu bewältigen, müssen die mathematischen Modelle sehr schlank und schnell programmiert sein, ohne dabei die Physik zu verfälschen. Geht trotzdem die Echtzeitfähigkeit des Simulators verloren, weil die Anforderungen zu groß werden, können zusätzliche Rechner das System relativ einfach und preiswert erweitern.