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Zahnersatz wird teurer

Nicht nur Privatversicherte sind von der neuen Gebührenordnung der Zahnärzte betroffen. Auch gesetzlich Versicherte müssen mit steigenden Kosten für Zahnersatz rechnen, wenn sie mehr wollen als die Standardlösung.

Von Gerhard Schröder | 16.02.2012
    Schöne Zähne haben ihren Preis. Für Kassenpatienten keine ganz neue Erfahrung. Seit Jahren müssen sie tief in die Tasche greifen, wenn sie ihr Gebiss einer Generalinventur unterziehen. Denn die Kassen zahlen seit Langem nur einen Teil der Kosten für Kronen, Brücken oder Implantate.

    Bis 2005 war die Sache noch übersichtlich. Grob vereinfacht galt die Faustregel: Die Hälfte der Kosten zahlte die Kasse, vorausgesetzt, sie genehmigte den Heil- und Kostenplan, in dem der Arzt genau auflisten muss, wie hoch die Ausgaben für Material, Laborarbeiten und das eigene Honorar sind. Der Kassenzuschuss orientierte sich also weitgehend an den tatsächlich anfallenden Kosten. Bestimmte Leistungen wie Implantate fehlten allerdings ganz im Leistungskatalog – und wurden überhaupt nicht bezuschusst. Umstritten war die Regelung aber auch, weil sie tendenziell Besserverdienende bevorzugte: Die können sich eher höherwertigen Zahnersatz leisten und kamen daher auch eher in den Genuss höherer Zuschüsse. Deshalb wurde dieses Abrechnungsverfahren 2005 grundlegend umgestellt. Statt des prozentualen Anteils übernimmt die Kasse seitdem einen befundorientierten Festzuschuss, wie das im Branchenjargon heißt. Seitdem ist nicht mehr entscheidend, wie teuer die Behandlung tatsächlich ist, sondern welche Diagnose der Zahnarzt stellt. Jedem Befund hat der gemeinsame Bundesausschuss, ein Gremium, in dem Ärzte, Kassen und Patientenvertreter versammelt sind, eine Standardtherapie zugeordnet, die medizinisch zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich sein soll. Davon zahlt die Kasse die Hälfte. Bei lückenlos geführtem Bonusheft erhöht sich der Kassen-Zuschuss.

    Einen höheren Anteil gewähren die Kassen nur in Härtefällen. Dann nämlich, wenn der Versicherte nachweisen kann, dass er die Ausgaben aus eigener Tasche nicht bezahlen kann.

    Ein Beispiel: Bei einem stark beschädigten Backenzahn gilt eine teilverblendete Metallkrone als zweckmäßig und ausreichend. Die Kasse steuert daher auch nur die Hälfte dieser Kosten bei. Reicht dem Patienten die Standardlösung nicht, so kann er auch eine ästhetisch ansprechendere – und auch teuere Variante wählen, in diesem Fall zum Beispiel eine Keramikkrone. Die zusätzlichen Kosten muss der Patient dann allerdings selbst bezahlen.

    Das kann ziemlich teuer werden. Grundlage für die Kosten, die der Zahnarzt dem Kunden in Rechnung stellt, ist die zahnärztliche Gebührenordnung. Dieses Regelwerk ist zu Jahresbeginn grundlegend reformiert worden. Das war überfällig, denn die Gebührenordnung, nach der die Zahnärzte abrechnen, stammt aus dem Jahr 1987. Viele Innovationen sind dort gar nicht aufgeführt, Implantate und Keramikfüllungen zum Beispiel, und konnten daher von den Ärzten bislang nur annäherungsweise kalkuliert werden.

    Für die Patienten hat die Neuordnung allerdings schmerzliche Nebenwirkungen: Denn die Zahnbehandlung wird in den meisten Fällen teurer. Im Durchschnitt um sechs Prozent, sagt das Bundesgesundheitsministerium. Im Einzelfall aber deutlich mehr, wie Modellberechnungen des Spitzenverbands der gesetzlichen Versicherungen GKV zeigen.

    Für eine Keramikkrone kann der Zahnarzt demnach 330 Euro berechnen, 29 Prozent mehr als bislang. Der Preis für eine Vollkrone, so der Kassenspitzenverband, steigt sogar um 86 Prozent auf 513 Euro. Der Festzuschuss der Kassen dagegen blieb unverändert. Die höheren Kosten zahlt allein der Patient. Ob es tatsächlich so teuer wird, liegt allerdings auch beim Arzt, der hat nämlich einen Ermessensspielraum. Er kann die in der Gebührenordnung festgelegten Honorare hebeln, maximal um das 3,5-Fache. Alles, was über den Faktor 2,3 hinausgeht, muss er allerdings begründen.