Nichts ist so, wie es klingt. Denn zu dieser Musik tritt eigentlich ein König auf, der König von Damaskus. Seine Nichte Armida soll endlich heiraten, damit sie als verheiratete Frau die Nachfolge des muslimischen Herrschers antreten kann und um weitere königliche Nachkommen in die Welt zu setzen. Armida, mit magischen Kräften ausgestattet, hat aber andere Sorgen. Die christlichen Kreuzritter bedrängen die Stadt, vor allem einen von ihnen bekommt sie nicht in den Griff, Rinaldo, der jeden ihrer Siege vereitelt. Außerdem hat ein Traum sie verwirrt, in dem sie sich in diesen Rinaldo verliebt hat.
Krieg, Liebe, Zauberei - Christoph Willibald Glucks reformierte Barockoper hat alle Zutaten für ein opulentes Spektakel. Der international renommierte Lautenist Konrad Junghänel hat als Dirigent das Orchester der Komischen Oper in die historische Aufführungspraxis erfolgreich eingeführt und lässt die emotionale Direktheit der Partitur, ihren Pomp, ihre elysische Feinheit, ihre Erotik und Gewalt kraftvoll erklingen. Aber was hier so bekannt ertönt, das hat Calixto Bieito als Regisseur szenisch aufgebrochen und völlig umgestülpt. König, Zauberin, Geister und Ritter sind tot. Es lebt die Gegenwart, was von Bieito natürlich nicht anders zu erwarten war. Jedoch das, was er aus diesem alten Kreuzritterstoff aus dem "Befreiten Jerusalem" von Torquato Tasso gemacht hat, erscheint über drei viertel des Abends zuerst einmal als eine wahllose Ansammlung sadomasochistischer Praktiken in einem coolen Design-Ambiente. Erst gegen Ende, wenn Rinaldo seine Geliebte, Armida, verlassen will, wird alles klarer, verlieren die schrillen Bilder zuvor den Ruch bloßer Provokation in einer Inszenierung, zu der Besucher erst ab 16 Zutritt haben, wie auf einem Pressezettel zu lesen ist.
Zu himmlischer Musik treiben Armida und ihre Vertrauten nackte, kriechende Männer über die Bühne, lassen sich von ihnen befriedigen, um sie dann zu malträtieren. So viele baumelnde Hodensäcke und gespreizte Gesäße hat die Komische Oper noch nicht gesehen. Und Rinaldos Gang zerschmettert die Türen im Parkett und attackiert vom Zuschauerraum Armida, die ihren Rinaldo da schon längst mehrfach erschossen hat, der aber immer noch lebt. Logisch ist das alles nicht über lange Zeit. Leider klingt die deutsche Übersetzung des Libretto auch nicht besonders gut. Und noch problematischer ist, dass man den vertonten Text fast nicht versteht, was bei dieser Inszenierung wesentlich dazugehören müsste. Aber gespielt und gesungen wird mit atemberaubender Intensität, von Chor und Solisten und an erster Stelle von Maria Bengtsson. Sie verkörpert die Titelheldin Armida. Zwischen höchster Aggressivität, Sehnsucht, Vergeblichkeit und Zweifel lässt sie ihren immer kompakten Sopran souverän changieren.
""Soll ich grausam sein und ihm das Leben nehmen?"…"
…, singt Armida. Sie zweifelt immer wieder, bis zum Schluss. Da sitzt sie in Jeans und weißem Top mit ihrem Rinaldo am Küchentisch. Er will sich von ihr trennen, sie will nicht, dass er geht, und alles, was wir zuvor auf der Bühne gesehen haben, wird deutlich als Bild dafür, wie sich Rinaldo in dieser Beziehung mit Armida gefühlt hat, unterdrückt und erdrückt vom Besitzanspruch der Frau. Und es sind zugleich die rachegesättigten Phantasmagorien einer Frau von heute. Das Gewaltopfer in Bieitos Interpretation aber ist der Mann. Armida ist die Täterin. Nicht nur in einem psychologischen Sinne. Jetzt, in der Realität einer aufgekündigten Liebesbeziehung, greift Armida zum letzten Mal Rinaldos Pistole und erschießt den Mann wirklich. Die Berliner "Armida" ist ein musikalisch explosives Psycho-Spektakel mit tödlichem Ausgang, aber nur auf der Bühne.
Krieg, Liebe, Zauberei - Christoph Willibald Glucks reformierte Barockoper hat alle Zutaten für ein opulentes Spektakel. Der international renommierte Lautenist Konrad Junghänel hat als Dirigent das Orchester der Komischen Oper in die historische Aufführungspraxis erfolgreich eingeführt und lässt die emotionale Direktheit der Partitur, ihren Pomp, ihre elysische Feinheit, ihre Erotik und Gewalt kraftvoll erklingen. Aber was hier so bekannt ertönt, das hat Calixto Bieito als Regisseur szenisch aufgebrochen und völlig umgestülpt. König, Zauberin, Geister und Ritter sind tot. Es lebt die Gegenwart, was von Bieito natürlich nicht anders zu erwarten war. Jedoch das, was er aus diesem alten Kreuzritterstoff aus dem "Befreiten Jerusalem" von Torquato Tasso gemacht hat, erscheint über drei viertel des Abends zuerst einmal als eine wahllose Ansammlung sadomasochistischer Praktiken in einem coolen Design-Ambiente. Erst gegen Ende, wenn Rinaldo seine Geliebte, Armida, verlassen will, wird alles klarer, verlieren die schrillen Bilder zuvor den Ruch bloßer Provokation in einer Inszenierung, zu der Besucher erst ab 16 Zutritt haben, wie auf einem Pressezettel zu lesen ist.
Zu himmlischer Musik treiben Armida und ihre Vertrauten nackte, kriechende Männer über die Bühne, lassen sich von ihnen befriedigen, um sie dann zu malträtieren. So viele baumelnde Hodensäcke und gespreizte Gesäße hat die Komische Oper noch nicht gesehen. Und Rinaldos Gang zerschmettert die Türen im Parkett und attackiert vom Zuschauerraum Armida, die ihren Rinaldo da schon längst mehrfach erschossen hat, der aber immer noch lebt. Logisch ist das alles nicht über lange Zeit. Leider klingt die deutsche Übersetzung des Libretto auch nicht besonders gut. Und noch problematischer ist, dass man den vertonten Text fast nicht versteht, was bei dieser Inszenierung wesentlich dazugehören müsste. Aber gespielt und gesungen wird mit atemberaubender Intensität, von Chor und Solisten und an erster Stelle von Maria Bengtsson. Sie verkörpert die Titelheldin Armida. Zwischen höchster Aggressivität, Sehnsucht, Vergeblichkeit und Zweifel lässt sie ihren immer kompakten Sopran souverän changieren.
""Soll ich grausam sein und ihm das Leben nehmen?"…"
…, singt Armida. Sie zweifelt immer wieder, bis zum Schluss. Da sitzt sie in Jeans und weißem Top mit ihrem Rinaldo am Küchentisch. Er will sich von ihr trennen, sie will nicht, dass er geht, und alles, was wir zuvor auf der Bühne gesehen haben, wird deutlich als Bild dafür, wie sich Rinaldo in dieser Beziehung mit Armida gefühlt hat, unterdrückt und erdrückt vom Besitzanspruch der Frau. Und es sind zugleich die rachegesättigten Phantasmagorien einer Frau von heute. Das Gewaltopfer in Bieitos Interpretation aber ist der Mann. Armida ist die Täterin. Nicht nur in einem psychologischen Sinne. Jetzt, in der Realität einer aufgekündigten Liebesbeziehung, greift Armida zum letzten Mal Rinaldos Pistole und erschießt den Mann wirklich. Die Berliner "Armida" ist ein musikalisch explosives Psycho-Spektakel mit tödlichem Ausgang, aber nur auf der Bühne.