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Zehn Jahre Elternzeit
"Man muss es sich auch leisten können"

Sie ist selbstständige Friseurin, er Heilerziehungspfleger und beide sind sie Eltern einer Tochter. Die vor zehn Jahren eingeführte Elternzeit haben Jesko und Steffi Rehbein unterschiedlich in Anspruch genommen. Letztlich war es für sie eine gute Erfahrung, doch hätte der Vater gerne mehr Elternzeit in Anspruch genommen.

Von Stephanie Kowalewski | 20.01.2017
    Ein Vater und Kind liegen im Gras und ruhen sich, die Füße weit von sich gestreckt, aus.
    "Ich glaube, dass es viele Väter gibt, für die kommt das gar nicht in Frage, weil es vom Finanziellen her noch enger ist", berichtet ein Vater. (picture alliance / dpa / R2656_Chad_Ehlers)
    "Hannah, guck mal, ich mach uns jetzt was zum Mittagessen. Möchtest du mal was probieren?"
    Jesko Rehbein sitzt am Küchentisch und schneidet Gemüse während seine gut einjährige Tochter Hannah mit einer Möhre in der Hand munter umher flitzt. Hannah ist das erste Kind von Jesko und Steffi Rehbein. Für die beiden stand fest, dass sie den ersten Monat zu Dritt gemeinsam erleben wollten.
    "Für mich war klar, dass ich so wenig wie möglich verpassen möchte. Ich muss sagen, als Mutter, fand das auch total schön, so gerade die erste Zeit mit Baby zusammen mit Mann auch zu entdecken. Und ich bin ja auch der Meinung, dass alle Väter, die sich entscheiden Elternzeit zu nehmen, bis zur Einschulung jedes Jahr Elternzeit kriegen sollten, weil es einfach viel zu wenig Zeit ist. Und ich sehe das auch bei anderen, die diese Möglichkeit nicht haben, die ganz viel verpassen und die mich auch darum beneiden."
    Steffi Rehbein ist selbstständige Friseurin. Sie hat ein Jahr Elternzeit genommen.
    "Man kriegt ja nur die 67 Prozent von dem durchschnittlichen Bruttogehalt"
    "Gerade weil ich auch selbstständig bin, ist es auch wichtig, da nicht so ganz aus dem Tritt zu kommen. Dafür finde ich das schon eine gute Sache. Wenn man Vollzeitmutter sein will, für drei Jahre oder auch für immer, dann finde ich das total gut. Aber, ja, ich mache meinen Job auch echt gerne und bin deswegen auch total ausgeglichen mit meinem Kind halt."
    Ihr Mann arbeitet als Heilerziehungspfleger in einer Wohngemeinschaft für körperbehinderte junge Menschen. Er hat zwei Monate Elternzeit gemacht - einen direkt nach Hannahs Geburt und einen, als sie sechs Monate alt war. Liebend gerne hätte er noch ein paar Monate dran gehängt, aber:
    "Man muss es sich auch leisten können. Man kriegt ja nur die 67 Prozent von dem durchschnittlichen Bruttogehalt. Und die ganzen Zuschläge, was ja bei seinem Gehalt viel ausmacht, durch die Nachtschichten und Sonn- und Feiertagszuschläge, werden dann halt nicht mit eingerechnet. Und das macht sich dann wiederum im Portemonnaie bemerkbar. Und ich glaube, dass es viele Väter gibt, für die kommt das gar nicht in Frage, weil es vom Finanziellen her noch enger ist und die gar nicht die Option haben, da überhaupt drüber nachzudenken."
    Nur etwa jeder achte Vater bleibt bis neun Monate zu Hause
    Und so freut sich Jesko Rehbein, das er wenigstens die zwei Monate Elternzeit nehmen konnte. Zwei Monate – das ist übrigens der Klassiker für rund 80 Prozent der Väter in Elternzeit. Nur etwa jeder achte Vater bleibt bis neun Monate zu Hause. Ein ganzes Jahr Elternzeit nehmen nur sieben Prozent der Väter – bei den Müttern sind es mehr als 92 Prozent.
    "Ich bin auch froh, dass mein Arbeitgeber das ohne Weiteres mitgemacht hat. Die haben sich alle für mich gefreut und da hatte ich auch zu keiner Zeit Angst, dass ich jetzt gekündigt werde oder dass die dagegen sind."
    In ihrem Freundeskreis gab es auch ganz andere Erfahrungen mit Arbeitgebern, erzählt Steffi Rehbein.
    "Wo dann noch die Meinung vertreten ist: Frauen kümmern sich um die Kinder und die Männer gehen halt arbeiten. Klar, letztendlich hat man das Recht, man könnte es durchboxen, nur - man möchte ja auch kein schlechtes Arbeitsklima haben wenn man dann wiederkommt. Das kann halt schon sehr zwiespältig sein."
    Die kleine Familie aus Krefeld hat aber letztlich nur gute Erfahrungen mit der Elternzeit gemacht. Und für beide war die Rückkehr in den Job problemlos. Steffi Rehbein hat sogar zusammen mit einer Partnerin einen neuen Salon aufgemacht und ihr Mann pendelt wieder nach Düsseldorf und freut sich auf die Arbeit in der Wohngruppe.
    "Da gab es überhaupt keine Probleme. Ich denke, für Mütter oder Väter, die dann wirklich ein Jahr aus dem Job raus sind, ist es noch mal was ganz anderes, nach so langer Zeit in den Job zurückzukommen."
    Oft bekommen Väter nach der Elternzeit weniger Stundenlohn
    Laut Umfragen und Studien gibt es bei Vätern, die länger als zwei Monate Elternzeit nehmen, tatsächlich Einbußen bei Gehalt und Beförderungen. Am härtesten trifft es die Väter, die die Elternzeit als Teilzeitvariante nutzen. Sie bekommen nach einem Jahr Teilzeit im Schnitt drei Prozent weniger Stundenlohn.