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Zeiten-Wende im Diskurs?

Eine philosophisch motivierte Kritik am Sozialstaat hat im Sommer 2009 zu einer Feuilleton-Debatte geführt, die bis heute anhält. Der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk rief in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zum "fiskalischen Bürgerkrieg" auf. Die Steuerlast werde in Deutschland von den Produktiven getragen; der Staat übe sich in einer Art "semisozialistischer Staatskleptokratie".

    Sloterdijk regte deshalb an, von der Steuer auf die Spende umzustellen und empfahl die "Tugend der gebenden Hand". – Kritiker bezeichneten den Artikel als "Klassenkampf von oben". Der Philosoph Axel Honneth bezeichnete Sloterdijks Vorschlag in der ZEIT als "Faustschlag gegen den Sozialstaat". Eine solche "Re-Feudalisierung unserer Sozialverhältnisse" würde wesentliche moralische Grundlagen der gesellschaftlichen Koexistenz in Frage stellen.

    Die heftig geführte Debatte ist interessant aber auch hinsichtlich ihres Stils. Hat auch das öffentliche Nachdenken Event-Charakter erhalten, und was lässt sich über die Wahrheit philosophischer Praxis heute aus dem Streit lernen? Dazu hat Michael Köhler den Philosophen Rüdiger Safranski befragt.