Archiv


Zeitenwende in der Bundeswehr

Heute treten die ersten 244 Frauen bei der Bundeswehr ihren Dienst in allen Verbänden der Armee an. Bisher konnten Frauen nur im Sanitätsdienst, bei der Militärmusik und in den Sportfördergruppen die Bundeswehruniform überstreifen. Die heute antretenden 244 Frauen können die Mannschafts- oder Unteroffizierslaufbahn einschlagen, können also bis zu den Feldwebeldienstgraden kommen. Weitere 203 Offiziersanwärterinnen werden im Sommer einrücken. Damit findet eine Entwicklung ein erstes Ende, die unter dem Minister Georg Leber vor 26 Jahren begonnen hatte: Damals wurden erstmals Frauen für den Sanitätsdienst rekrutiert. Seit einigen Jahren gab es immer wieder Ansätze, den Aufgabenbereich für Frauen zu erweitern. So wurde geprüft, ob Frauen zum Wachdienst herangezogen werden können, damals mit negativem Ergebnis. Die FDP hat als erste Partei in Deutschland die völlige Öffnung der Bundeswehr für Frauen in ihr Programm geschrieben. Es bedurfte aber erst eines Spruchs des Europäischen Gerichtshofes EuGH in Luxemburg, um diese Entwicklung in die jetzt sichtbare Richtung zu drängen.

Rolf Clement |
    Am 11. Januar 2000 hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden, dass die bisherige deutsche Praxis, nach der Frauen in den Streitkräften nur in den drei erwähnten Bereichen eingesetzt werden dürfen, gegen das Prinzip verstößt, dass alle Berufe Männern wie Frauen gleichermaßen offen stehen müssen. Seit heute kommen nun die ersten Frauen, die nicht zu den Sanitätern, den Musikern und den Sportlern wollen, in die Kasernen. 1.893 Frauen haben sich bei der Bundeswehr beworben. Davon haben sich bisher 594 den Auswahlverfahren unterzogen. 447 von ihnen haben diese Verfahren bestanden und werden nun in diesem Jahr ihren Dienst antreten können. Heute beginnen 151 Frauen ihren Dienst beim Heer, 76 bei der Luftwaffe und 17 bei der Marine. Sie nehmen zunächst an der allgemeinen Grundausbildung teil, übrigens gemeinsam mit männlichen Grundwehrdienstleistenden.

    Der Spruch aus Luxemburg hat die Bundeswehr auf drei Ebenen beschäftigt: Es gab verfassungsrechtliche Fragen, Fragen der Umsetzung dieses Spruchs in einfache Gesetze und rein praktische Probleme.

    Verfassungsrechtlich spielte zunächst die Frage eine Rolle, ob europäisches Recht deutsches Verfassungsrecht brechen kann, auch dann, wenn es um Bereiche geht, die der europäischen Gesetzgebung noch nicht unterliegen. Die Organisation der Streitkräfte unterliegt noch nicht der europäischen Gesetzgebung. Einige argumentierten, dass der Europäische Gerichtshof gar nicht zuständig ist, die Zugangsvoraussetzungen für den Dienst in den Streitkräften zu regeln.

    Dem hielten andere entgegen, es gehe nicht um eine Regelung, die die Streitkräfte betrifft, sondern um die Gleichberechtigung. Da es in den Streitkräften zahlreiche Tätigkeiten und Berufe gibt, die nicht streitkräftespezifisch seien, unterliege der prinzipielle Zugang zu diesen Berufen durchaus der allgemeinen europäischen Gesetzgebung. In Deutschland war diese Diskussion sehr schnell beendet, weil die Bundesregierung sofort mitgeteilt hat, sie wolle diesen Spruch aus Luxemburg umsetzen.

    Eine zweite verfassungsrechtliche Debatte drehte sich um die Frage, ob für diese neue Öffnungspolitik eine Änderung des Grundgesetzes nötig sei. Bis zum Spruch aus Luxemburg gingen fast alle von dieser Notwendigkeit aus, nach dem 11. Januar 2000 berief die Bundesregierung sich lange auf wortgenaue Interpretation des entsprechenden Artikels des Grundgesetzes. Dieser Artikel 12 a lautet in seinem hier einschlägigen Absatz 4:

    "Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten 18. bis zum vollendeten 55. Lebensjahr durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten."

    Diese Interpretation des Grundgesetzes verweist darauf, dass sich das Verbot des Waffeneinsatzes nur auf den Bereich zwangsweise rekrutierter Krankenschwestern bezieht, nicht aber auf den Einsatz von Frauen, die freiwillig den Dienst bei der Bundeswehr antreten. Die Opposition bestand auf einer Verfassungsänderung, so dass im vergangenen Herbst der letzte Satz umformuliert wurde: "Sie - gemeint sind die Frauen - dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden." Damit ist eine Wehrpflicht für Frauen weiterhin ausgeschlossen, sie dürfen nur freiwillig dienen.

    Somit mussten lediglich noch das Soldatengesetz und einige weitere Verordnungen sowie Ausbildungsvorschriften geändert werden. Vorgesetzte der Frauen wurden in Lehrgängen des Zentrums Innere Führung auf die neuen Aufgaben vorbereitet.

    Der EuGH hatte in einem Spruch, der die britische Armee betraf, festgestellt, dass es Bereiche in den Streitkräften geben kann, die aufgrund der besonderen Anforderungen für Frauen nicht offen stehen müssen. Dabei ging es um Verbände, die gerne als Eliteverbände bezeichnet werden, also um Spezialkräfte mit besonders schweren Aufgaben. Verteidigungsminister Scharping hat im vergangenen Jahr schnell angedeutet, dass die Einsatzbeschränkungen für Frauen in der Bundeswehr sehr gering sein sollten, wenn es überhaupt welche geben sollte. Die Teilstreitkräfte hatten dagegen Bedenken formuliert.

    Vor allem im Heer wurde über mögliche Ausnahmen nachgedacht. Zunächst sollte das Kommando Spezialkräfte KSK, eine Elitetruppe, die z.B. für die gewaltsame Evakuierunq von gefangengenommenen Deutschen vorgesehen ist, ausgenommen werden. Dann wurde der Kreis noch weiter gezogen: Alle Tätigkeitsfelder, in denen es zu einer Auseinandersetzung "Mensch gegen Mensch" kommen kann, sollten für Frauen verschlossen blieben. Dieses Kriterium trifft nicht nur auf die KSK zu, sondern auch auf Bereiche der Infanterie und auf die Besatzung eines Kampfpanzers.

    Nach dieser Position des Heeres wollte die Marine ihre Spezialverbände, vor allem die Kampfschwimmer, von Fraueneinsätzen ausschließen. Bei der Luftwaffe kamen die neu einzurichtenden Sicherungsverbände und die Jet-Piloten auf den Index für Frauen.

    Verteidigungsminister Scharping hat dann entschieden, dass es keine Beschränkungen für Frauen in den Streitkräften geben soll. Er wollte, dass der Zugang der Frauen in die verschiedenen Laufbahnen der Bundeswehr ausschließlich über die Qualifikationsmerkmale geregelt werden sollte: Wenn eine Frau diese erfüllt, sollten ihr alle Tätigkeitsfelder offen stehen, für ihn ein Teil der großen Bundeswehrreform.

    Rudolf Scharping: "Das Zusammentreffen mit den Soldatinnen aus dem Musik- und Sanitätswesen hat mir ja auch noch einmal sehr deutlich die Auffassung bestätigt, dass die Frauen auf Schutzzäune keinen Wert legen und sie im Gegenteil ablehnen. Das deckt sich übrigens mit den Anforderungen dieses Berufes."

    Die Frauen in den Streitkräften stehen hinter dieser Politik. Bei einem Treffen der weiblichen Soldaten mit Minister Scharping im vergangenen Sommer haben sie deutlich gemacht, dass sie keine Beschränkungen wollten. Sie seien damit einverstanden, dass die Zugangsvoraussetzungen für die einzelnen Tätigkeitsfelder für sie ohne jede Veränderung gelten. Sogar im Sport wollen sie sich den bisher für die Männer geltenden Normen unterwerfen. Damit wären die Anforderungen für die Bundeswehr-Bewerberinnen schwerer als für die Frauen "draußen" im Zivilleben. Dort müssen Frauen z.B. für das Sportabzeichen leichtere Normen erfüllen als Männer. In den Streitkräften sollen, so die Frauen auf diesem Treffen, solche Unterschiede nicht gelten. Ganz haben sie sich nicht durchgesetzt: Geringfügig leichtere Anforderungen für Frauen wurden in die Vorschriften aufgenommen. Oberfeldwebel Uta Papproth sagt, wie sie und ihre Kameradinnen das meinen.

    Uta Papproth: "Ganz einfaches Beispiel Hammelburg; Vorausbildung für UN-Einsatz. Da steht ein kleiner Unteroffizier, der nicht mal so groß war wie ich, noch schmaler als ich, und hat den Jäger-Unteroffizier. So, jetzt erklären Sie mir: Wie hat der das geschafft?"

    Auch sie stellt ausschließlich auf Einstellungskriterien ab.

    Uta Papproth: "Durch die Einstellungskriterien kommen halt nur die Frauen und Männer dazu, die dafür körperlich geeignet sind, so einfach ist das, und ansonsten eben nicht, weil es eine Tatsache ist, dass im Einsatzfalle oder in bestimmten Situation die Frauen genauso reagieren müssen wie die Männer."

    Rudolf Scharping: "Frau darf verletzten Kameraden aus dem Minenfeld nicht rausholen, weil Frau kann Mann nicht tragen, geht nicht. Gemeinsamer Einsatz, gemeinsame Leistungsfähigkeit, gemeinsame Kriterien zum Nachweis der Leistungsfähigkeit, völlig klar."

    Auch mit den Dienst an der Waffe haben die Frauen kein Problem.

    Uta Papproth: "Ich bin stellvertretender Zugführer, Zugführer allgemeine Grundausbildungskompanie. Was denken Sie, was ich ausbilde? Was denken Sie, an was ich seit 6 1/2 Jahren ausgebildet bin, an einer Waffe. Vielleicht nur zur Selbstverteidigung, aber ich bin an einer Waffe ausgebildet, an mehreren Waffen ausgebildet. Schwere Waffen sind mir natürlich untersagt, weil die zur Selbstverteidigung nicht geeignet sind dabei. Aber ob ich nun für die Selbstverteidigung an einer Waffe ausgebildet worden bin bis jetzt oder darauf, auf jemanden zu schießen, das sind trotzdem Pappkameraden, die da vorne gestanden haben. Ich bin ausgebildet an einer Waffe, und ich bilde aus an einer Waffe."

    Die ausschließliche Orientierung an den Leistungskriterien für bestimmte Verbände weckte bei einigen in der Bundeswehr die Spekulation, dass Frauen auf diese Art aus den Spezialverbänden ferngehalten werden könnte, weil man die Zugangsvoraussetzungen so gestalten könnte, dass Frauen sie nicht erfüllen. Offensichtlich wurde dann aber doch bedacht, dass in vielen, auch in sportlichen Bereichen, Frauen vielleicht leistungsfähiger sein könnten als Männer und so diese heimliche Rechnung einiger nicht aufgehen würde.

    Allerdings wurde diese Diskussion bisher von Frauen bestimmt, die schon in der Bundeswehr ihren Dienst versehen. Von den weiblichen Unteroffizieren, die in der Sanitätstruppe dienen, wollen einige in andere Bereiche der Bundeswehr überwechseln, weil ihnen dort weitergehende Karrierechancen offen stehen könnten. In der Luftwaffe z.B. kann kaum einer Karriere machen, der nicht Pilot ist. Männer aus dem Sanitätsdienst konnten in die anderen Bereiche der Bundeswehr wechseln, Frauen stand dieser Weg bisher nicht offen. Und auch im Sanitätsdienst gibt es 26 Jahre nach dem Einzug der ersten Frau nur einen weiblichen General. Die meisten Kommandostellen sind ebenfalls mit Männern besetzt. Bei den jetzt durchgeführten Eignungstests wurden auch Frauen beteiligt, die bereits in den erwähnten Bereichen ihren Dienst versehen. So wurde für sie der Weg in die ganze Bundeswehr eröffnet.

    Normalität ist das Hauptverlangen der Frauen. So stand auf einer Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung im Luftwaffenamt in Köln-Porz eine junge Ärztin auf und wandte sich dagegen, dass Frauen wegen der Kinderbetreuung nicht voll einsatzfähig sein könnten. Sie sei selbst mit einem Soldaten verheiratet und habe ein Kind. Für sie sei klar, dass sie mit ihrem Lazarett in den Einsatz gehe, und dass dann der Mann für das Kind zu sorgen hätte. Von daher sei es nicht gerechtfertigt, Fragen der Kindererziehung immer wieder ins Feld zu führen, wenn Probleme bei der Integration der Frauen in die Streitkräfte ausgelotet werden.

    Frauen wollen als Soldaten akzeptiert werden. Deswegen müssen sich die Frauen umstellen, wenn sie in der Armee Dienst tun wollen.

    Oberfeldwebel Papproth: "Ganz einfach, fangen wir mal damit an, Sie stellen sich morgens früh vor den Spiegel und machen sich hübsch, wenn Sie zur Arbeit gehen. Das ist bei der Bundeswehr vollkommen irrelevant. Da interessiert es nicht, ob Sie hübsch lächeln können oder nicht. Das ist mal Punkt eins. Sie werden also nicht als Frau behandelt, sondern als Soldat. Genau das ist richtig, daran muss man sich gewöhnen. Der Umgangston ist ganz anders als im Zivilleben, das ist ganz klar. Nicht jetzt dermaßen negativ, aber er ist anders, es herrscht Befehlston, zuerst einmal. Daran muss man sich gewöhnen. Und die körperliche Belastung, wie es denn nachher wirklich physisch und psychisch empfunden wird, wenn man da im Gelände liegt ... Es ist kalt, es ist nass, und ich komme da innerhalb der nächsten Stunden aus diesem Loch nicht mehr raus, das muss man live erleben, um dann sehen zu können, ist das etwas für mich oder nicht. Es gibt nicht das 'Über-einen-Kamm-Scheren', das ist ganz klar, aber man muss den Frauen, auch den männlichen Anwärtern ganz klar aufzeigen, worum es geht."

    Die rund 4.400 bisher dienenden weiblichen Soldaten der Bundeswehr wehren sich gegen jede Sonderbehandlung. Sie begegnet ihnen aber immer wieder. Normalität im Umgang mit den Soldaten des anderen Geschlechts gibt es in der Bundeswehr noch lange nicht überall - übrigens auch nicht in Armeen, in denen schon länger Frauen eingesetzt werden.

    Dabei fallen die Verhaltensmuster weit auseinander. Ein Teil der männlichen Soldaten wird schnell zum Gentleman, wenn ein weiblicher Kamerad auftaucht: Der Umgangston wird zivilisierter, die Hilfsbereitschaft gegenüber dem sog. schwachen Geschlecht größer.

    Wieder andere werden burschikos. So wehrte sich in Süddeutschland eine Stabsärztin dagegen, von ihren männlichen Kameraden immer mit "Schätzchen"' angeredet zu werden.

    Das Bemühen um besonders korrektes Verhalten deutet auf Unsicherheiten im Umgang hin, die dann zu Sonderbehandlungen werden. Dabei ist dies ein Problem der männlichen Soldaten. Frauen in Uniform gehen davon aus, dass sie in erster Linie als Soldat gesehen werden und dann als Frau. Macho-Manieren seien die Ausnahme.

    Oft entwickeln Männer ihren Beschützerinstinkt, wenn weibliche Soldaten in der Nähe sind. Dies kann im Einsatz kritisch werden. Weibliche Soldaten müßten eigentlich wie Kameraden behandelt und gesehen werden. Eine solche Forderung scheint aber übermenschlich. Die israelische Armee, die Frauen lange Zeit in Kampfverbänden eingesetzt hat, ist davon wieder abgekommen: Männer, so deren Erfahrung, demotiviert eine schwer verletzte oder gar getötete Kameradin nebenan im Schützengraben deutlich mehr als ein männliches Opfer. Sie kümmern sich kollektiv um die Verletzte, wo die Hilfe eines einzelnen ausreichen könnte. Unter Einsatzbedingungen kann dies sehr negative Folgen haben.

    Frauen fühlen diesen Unterschied nicht in dieser Form. Für die meisten ist es gleichgültig, ob ein Mann oder eine Frau erschossen wird. Beides ist schlimm, beide Male stirbt ein Kamerad, wird eine von ihnen zitiert. Von daher sehen viele Frauen kein Argument, das sie von den Kampfverbänden weghalten könnte.

    Wird es leicht sein, die Frauen zu integrieren? Tanja Goldstein, eine Sanitätssoldatin:

    Tanja Goldstein: "Am Schluss überzeugt Kompetenz, und letztendlich ist diese Sache 'Frauen in der Bundeswehr' auf jeden Fall eine Typenfrage. Das wird in einigen Bereichen sehr gut funktionieren, weil es Frauen gibt, die ihren Beruf ernst nehmen, die versuchen, mit Kompetenz und Leistung wird es nicht gut gehen, weil vielleicht Frauen schlecht informiert und mit falschen Voraussetzungen in die Truppe gehen. Also, man kann nicht sagen, das wird so und so laufen, das wird in manchen Bereichen gut funktionieren, wird eine Bereicherung sein, in manchen Bereichen vielleicht nicht."

    Minister Scharping ist sensibel an die Einstellung von Frauen herangegangen.

    Rudolf Scharping: "Ich greife da auf die Schilderung der Frauen selbst zurück, die sagen, es sei für sie eher eine Belastung, wenn sie in sehr, sehr kleiner Zahl in einem größeren Verband Dienst täten, weil sie sich dann in bestimmter Hinsicht isoliert fühlten und Dinge, die sie nicht als Soldat, sondern als Person weiblichen Geschlechts interessieren, kaum erörtern können. Ich sehe eher solche, ich sehe keine systematischen Fragen, ich sehe praktische Fragen, die auch etwas mit der Pflicht zur Fürsorge zu tun haben."

    Deshalb werden Frauen in Gruppen zusammengefasst. Dies hilft auch bei den räumlichen Problemen in Stuben, Toiletten und Duschen, die flurweise für Frauen vorgesehen werden.

    In den Blauhelmeinsätzen, an denen die Bundeswehr beteiligt ist, werden Frauen im Sanitätsbereich wie Männer eingesetzt. Dort ist der Gewöhnungsprozess weiter fortgeschritten, schwinden die beschriebenen Unterschiede. Auch nach vier Monaten im Einsatzland, weg von Frau oder Freundin, kommt es nicht zu Anzüglichkeiten oder gar Übergriffen gegenüber Kameradinnen. Dort sind die weiblichen Soldaten zum Kameraden geworden.

    Es gibt einige Bereiche, in denen Spannungen entstehen können. So kommen Frauen oft mit einer Ausbildung in die Bundeswehr, die sie mit besseren Noten abgeschlossen haben als die Männer. Damit sind ihre Aufstiegschancen zunächst einmal besser. Später kehrt sich das um, weil bisher nicht alle Wege für Frauen gangbar waren.

    Frauen in der Bundeswehr steht der Mutterschutz ebenso zu wie ihren Geschlechtsgenossinnen im Zivilleben. Aber sie müssen wie ihre männlichen Kameraden in den Einsatz. Für die meisten Frauen ist dies weniger ein Diskussionsthema als für Männer: Sie wissen, auf was sie sich einlassen, wenn sie "beim Bund" unterschreiben.

    Die häufige Betonung der Normalität weiblicher Soldaten in der Bundeswehr durch männliche Kameraden, mehr noch durch Vorgesetzte, verdeutlicht gerade die Besonderheit. Auch 26 Jahre nach dem Eintritt der ersten Frauen in die Bundeswehr haben manche noch Probleme mit dieser nicht mehr so neuen Wirklichkeit.

    Dies ist im wesentlichen ein West-Problem. Die Nationale Volksarmee der DDR kannte keine verfassungsmäßige Einschränkung für den Einsatz der Frauen. Trotzdem wurden sie dort vornehmlich im Sanitäts- und Fernmeldebereich eingesetzt, und auch das in relativ geringer Zahl. Zur Zeit liegt die Bundeswehr mit ihrem Frauenanteil von 1,3 Prozent in der NATO an fünftletzter Stelle. Polen und die Türkei haben einen geringeren Anteil, Luxemburg und Italien ließen Frauen nicht in die Armee, wobei Italien ein recht breites Einsatzspektrum für Frauen gerade beschlossen, aber noch nicht umgesetzt hat. In den Armeen der NATO-Partner sind sehr häufig die Bereiche für Frauen gesperrt, die einen Einsatz auf sehr engem Raum erforderlich machen. So werden Frauen z.B. fast nirgendwo auf U-Booten eingesetzt.

    Die jetzt eingestellten Frauen haben sich für alle Bereiche der Armee interessiert. 17 Prozent sind in den sog. Kampf- oder Kampfunterstützungsverbänden angekommen. 48 Prozent haben sich für den Stabsdienst entschieden. Sechs Prozent sind in den Führungs- und Fernmeldebereich gegangen, also zu den Funkern und Feldjägern z.B.. 17 Prozent gingen in die technischen Bereiche. Das hängt auch damit zusammen, welche Berufe die Frauen schon gelernt haben oder lernen wollen. Wer zum Feldwebel befördert wird, hat damit eine Ausbildung, die im Zivilleben als Meister anerkannt wird.