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Zentrales Studienplatzbewerberportal wird später eingeführt

Eigentlich sollte das Onlie-Bewerbungsportal für Studienplätze dieses Jahr eingeführt werden und das Vergabesystem gerechter machen. Doch nun wird der Start verschoben und die Abiturienten müssen sich wieder an jeder infrage kommenden Uni einzeln bewerben.

Von Tina Gerecht | 26.07.2011
    "Man muss sich wirklich bei jeder Uni reinlesen, was man machen muss, welche Unterlagen man nachreichen muss. Also einige wollen das haben, dass man das direkt bei der Bewerbung einreicht, andere dann erst später bei der Einschreibung. Also es ist sehr stressig und es braucht auch viel Zeit, das ist nicht mal eben so gemacht. Es wäre halt besser, wenn die Unis das gemeinsam oder gleich machen würden."

    So wie Marvin Chlench aus Dortmund geht es vielen Abiturienten, die sich um einen Studienplatz bewerben. Wer ein zulassungsbeschränktes, nicht medizinisches Fach studieren möchte, musste sich bis zum 15. Juli bei den Hochschulen bewerben. Ob und wo er einen Platz ergattert, darüber bekommt er in ein paar Wochen Bescheid, oder noch später, wenn er in das Nachrückverfahren kommt. Bis sie wissen, ob sie die Zusage ihrer Wunsch-Uni bekommen, halten viele Abiturienten Plätze an anderen Unis fest und verhindern damit, dass ein anderer Bewerber zugelassen wird. Deswegen sind allein im vergangenen Jahr mindestens 17.000 Studienplätze nicht vergeben worden. Abhilfe soll das sogenannte dialogorientierte Serviceverfahren schaffen.

    "Mit dem neuen System werden wir ja schneller, effektiver die Studienplätze vergeben können. Es wird transparenter für den Bewerber sein und wir werden das große Problem der Mehrfachzulassungen nicht mehr haben",

    erklärt Bernhard Scheer, Pressesprecher der Stiftung für Hochschulzulassung, die die frühere ZVS ersetzt. Denn mit dem neuen System gleicht eine zentrale Online-Datenbank sofort alle Schritte der Vergabe miteinander ab. So kann jeder Bewerber rund um die Uhr online verfolgen, auf welchem Wartelistenplatz seiner Wunsch-Uni er steht.

    "Wenn ein Bewerber einen Platz angenommen hat und damit aus den Konkurrenzen bei anderen Hochschulen ausscheidet, rückt das System automatisch den nächsten weiter nach vorne und er bekommt eine Mail 'Deine Position hat sich verändert, guck nach in deinem Konto' und dann sieht er, jemand, der vorher kein Studienplatzangebot bekommen hat, sieht dann plötzlich 'ich rücke weiter nach vorne und komme möglicherweise bei meiner Wunsch-Uni genau auf den Platz, der mich dann rettet und mir den Studienplatz bringt'."

    Doch dieses Online-Portal steht nicht wie geplant in diesem Jahr zur Verfügung. Es musste um ein Jahr verschoben werden, weil es Probleme mit der Anbindung an die Hochschulsysteme gab. Technische Schwierigkeiten, die im Vorfeld absehbar gewesen wären, kritisiert Ulla Burchardt, die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses.

    "Wir wissen mittlerweile auch von anderen Seiten, dass eben nicht hier in Dortmund das Problem gelegen hat, sondern dass der Stiftungsrat - die verantwortlichen Entscheider von Ländern und Hochschulen – nicht das Schnittstellen-Management im Blick hatten. Das heißt ganz praktisch, es hatten viele Hochschulen das Problem, ihre eigene Software mit der hier in Dortmund kompatibel zu machen."

    Die Anbieter der Hochschulsoftware müssen bis Ende Oktober nachrüsten. Dann werden verschiedene Funktionen programmiert und getestet. Unterdessen bereitet sich die Stiftung auf eine Flut von Bewerberfragen für das Wintersemester 2012 / 2013 vor. Der Bundestags-Bildungsausschuss zeigte sich gestern bei einem Besuch in Dortmund sehr zufrieden mit der Stiftungsarbeit. Doch bei der Finanzierung gibt es noch immer Probleme.

    "Wir stellen jetzt fest, dass eine verbesserte Software, die mehr Funktionen bietet, auch mehr Servicefunktionen für Bewerber und Hochschulen, vielleicht doch noch zusätzliches Geld braucht. Mindestens eine Million mehr wäre schon notwendig, um mehr Personal einzustellen, damit die Beratung der Studierenden seitens der Stiftung auch wirklich optimal ist."

    Verlässlich geregelt ist außerdem noch nicht, ob alle Hochschulen an dem zentralen Bewerbungsverfahren teilnehmen werden. Kommunikationsprobleme und die Verzögerung hätten das Vertrauen der Hochschulen in das neue System geschwächt, bedauert Ulla Burchardt. Und das ausgerechnet in Zeiten von doppelten Abitur-Jahrgängen und der Aussetzung der Wehrpflicht. In diesem Herbst werden fast eine halbe Million Studienanfänger an die Unis und Fachhochschulen strömen.