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Zentrum der Kastanienproduktion

Es gibt sie auf fast jedem Weihnachtsmarkt - heiße Maroni, noch in der Schale, aber dafür wirklich frisch. Kastanienbäume wachsen auch in unseren Breiten, aber ihre Heimat ist Italien und die südliche Schweiz. Besonders gepflegt wird die Tradition der Maroni in der oberitalienischen Provinz Trentino an der Nordspitze des Gardasees.

Von Kathrin Kühne |
    Wenn man über den Weihnachtsmarkt in Arco streift, dem ehemaligen Lieblingskurort Kaiser Franz Josephs, fällt einem sofort die relative Ruhe auf, kein Musikgedudel, keine Fahrgeschäfte. Dafür Kunsthandwerksprodukte wie die "Lana cotta". Bei der "gekochten Wolle" handelt es sich um Filz, aus dem u.a. fesche Hüte gemacht werden. Auf dem Mercatino di Natale auf der Piazza Marchetti rund um die trutzige Collegiata-Kirche duftet es nach Vin brulé, wie der Glühwein hier genannt wird und den Caldarroste, den gerösteten Kastanien. Die Maroni hier können bis zu 23 Gramm wiegen und sind die Spezialität von Carlo Chiarani.

    " Die Kulturkastanien hier in unserem Gebiet des Alto Garda stammen von uralten Bäumen, die in 500 bis 900 m Höhe wachsen. Sie sind typisch für den Basso Trentino. Wir müssen aber bei Eßkastanien zwischen Maroni und Kastanien unterscheiden. Wir produzieren nur die größeren, zucker- und aromareicheren Maroni. Die rund 500 Doppelzentner Jahresproduktion unserer Cooperative verkaufen wir vollkommen auf dem einheimischen Markt. "

    Seit Generationen produziert die Familie Chiarani Eßkastanien. Ihre 7 ha Kastanienwald liegen in Drena, das ca. 10 km nördlich vom Gardasee und Arco liegt. Früher bauten sie auch Kartoffeln u.ä. an. Während der Erntezeit, im Oktober, November, lebten die Chiarani wie viele der Bewohner vorwiegend von den Maroni. Mit denen wurde auch das Vieh gefüttert - Schafe, Schweine, Ziegen, die dann im sog."barratto", dem bis vor rund 60 Jahren üblichen Tauschhandel am Lago di Garda, beispielsweise gegen Olivenöl eingetauscht wurden, wie sich der 85jährige Vater von Chiarani erinnert. Eine eindeutige Stärke der Maronenproduktion ist der quasi naturgegebene biologische Anbau. Im, teilweise terrassierten, Castagneto, im Kastanienwald, wird weder gespritzt noch gedüngt. Normalerweise sammeln die Leute die Kastanien hier auf, wenn sie runterfallen und die "ricci", die Kastanienigel, aufplatzen. Mit den Füßen werden die reifen Früchte, genau genommen ja die Samen, aus der Schale getreten.

    " Aber in der Gegend von Drena betreiben wir noch die berühmte "battitura". Das Schlagen oder Dreschen der Zweige und Blätter mit 10-15 m langen Bambusstangen, so dass die noch geschlossenen Kastanienigel herunter fallen. Diese werden gesammelt und auf dem Bauernhof zu einem riesigen Haufen geschichtet, der sog. "ricciaia". "

    Mit dieser alten Methode lassen sich die Kastanien bis in dem März hinein lagern, ohne dass sie etwa in Wasser gelegt müssen, um das Austrocknen zu verhindern.

    " Aus den herab gefallenen Maroni entstehen auf natürliche Weise immer wieder kleine Pflänzchen, aber man muss sie veredeln wie einen guten Wein. Wir okulieren sie im Frühjahr mit jungen Zweigen der alten Maronibäume, denn sonst verwildern sie wieder zu normalen Kastanien. "

    Bei einem Erlös von 500 Euro pro ha kann heute niemand mehr von der Kastanienproduktion allein leben.

    " Auch ich arbeite im Büro und kümmere mich Samstag, Sonntag um die Kastanien. Ich habe die gleiche Passion wie Vater und Großvater zuvor, wie die Familie seit 300 Jahren. "

    Info:

    www.gardatrentino.de
    www.trentino.to