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Zerstörungsfrei den Dingen auf den Grund gehen

Analytik. - Zum ersten Mal findet seit Montag in Berlin die Europäische Röntgenspektrometrie-Konferenz statt, eine Tagung, die sich mit der zerstörungsfreien Analyse ganz unterschiedlicher Objekte beschäftigt. Biologen messen die chemische Zusammensetzung einer Substanz, Archäologen analysieren alte Kunstobjekte, Geologen bestimmen Gesteinsschichten. 250 Röntgspektrometrie-Experten aus 40 Ländern zog es nach Berlin, wo wissenschaftliche Institute, die eine Beziehung zum Thema Röntgenspektrometrie haben, einen Schwerpunkt bilden.

    Von Wolfgang Noelke.

    Während andere optische spektrographische Verfahren mindestens einen kleinen Teil des zu untersuchenden Objekts benötigen, der für die Untersuchung verdampft, oder andersartig zerstört werden muss, arbeiten Röntgenspektrometer zerstörungsfrei: Wie das Licht einer Lampe leuchtet der Röntgenstrahl beispielsweise auf ein zu testendes Solar-Element, beschreibt Burkhard Beckhoff von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Berlin ein Verfahren. Das Solar-Element, das für diesen Qualitätstest bislang zerstört werden musste bleibt funktionsfähig, verrät aber trotzdem die atomare Zusammensetzung der verschiedenen Schichten - so ähnlich funktioniert auch der Qualitätstest von Siliziumscheiben künftiger Chips:

    Während Sie unter einem relativ steilen Winkel die Schichtsysteme der Solarelemente untersuchen, wird bei Silizium-Wafern die Oberflächenkontamination unter einem streifenden Einfallswinkel untersucht. Das hat eher als Grund, dass man nur Signale aus dem Bereich der Oberfläche, vielleicht den oberen dreis bis acht Nanometern erhält. Hier geht es in den kommenden Jahren um die Untersuchung der Kontamination von Wafern mit leichten Elementen - Aluminium, Magnesium, Natrium - und wahrscheinlich auch darum, organische Kontamination in höherem Masse zu bestimmen.

    Alle Elemente verraten sich im Röntgenlicht, sagt Birgit Kanngießer vom Institut für atomare Physik der TU Berlin:

    Da müssen wir uns auf die Ebene der Atome begeben. Und da werden die Atome in so einem Elektronen in einem Atom durch die Photonen der Röntgenstrahlung angeregt. Unter Anregung versteht man, dass ein Atom so ein Elektron ganz einfach verliert. Dann ist das Atom in einem höheren energetischen Zustand, das heißt, es ist viel "aufgeregter". Das kann es aber nicht lange sein, deswegen gibt es Energie ab, um in einen etwas weniger "aufgeregten" Zustand zu kommen und diese Energie wird in Form von Röntgenstrahlung abgegeben.

    Die Wellenlänge - das entspricht der Farbe des verräterischen Lichts ist von Material zu Material verschieden - und bekannt. Die elektronischen Detektoren sind so empfindlich, dass sie die Farbzusammensetzung der Gemälde alter Meister bis ins kleinste Detail nachweisen, ohne dass eine Farbprobe zerstört werden muss:

    Wir regen die Malschichten des Gemäldes mit Röntgenstrahlung an. Dadurch, dass die verschiedenen Elemente eine ihnen eigene Strahlung aufweisen, bei Anregung mit Röntgenstrahlung, können wir die Elemente, die in einer Malschicht sind, mit dieser Röntgenfluoreszenz-Methode identifizieren. Das ist wie ein Fingerprint der Elemente. Wir können nicht nur sagen, was für Elemente in einer Malschicht sind, ob da viel Eisen drin ist oder viel Kupfer, sondern auch, in welchem Maße.

    Allerdings - wenn die Geräte nicht so teuer wären, könnten auch Fälscher auf diese Weise die Qualität ihrer selbst hergestellten "alten" Farben testen:

    Dann könnte man nicht nur die Physiker täuschen, sondern dann könnten auch die Restauratoren, die sich dafür interessieren, ob es eine Fälschung ist oder nicht, in den Museen getäuscht werden. Wenn man genau weiß, was für eine Zusammensetzung so eine Malschicht hat, kann man perfekte Fälschungen herstellen.

    Nur Restauratoren dürfen das. Sie streben an, Original-Bilder auch mit Original-Farben zu restaurieren. Um Fälschungen zu erkennen, gibt es jedoch begleitende andere Verfahren, mit denen verdächtige Bilder untersucht werden.