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Zika-Epidemie in Brasilien
"Für Rio ist es sehr positiv im Moment"

Bald starten die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro. Die Infektionsepidemiologin Christina Frank vom Robert-Koch-Institut in Berlin sieht, dass Zika sich dort reduzieren könnte. Im Deutschlandfunk nannte sie als Grund, dass dort die Temperaturen momentan niedriger und es recht trocken sei. Dadurch gäbe es dort weniger Mücken, die in der Lage wären, Zika zu übertragen.

Christina Frank im Gespräch mit Arndt Reuning | 27.07.2016
    Luftaufnahme von Rio de Janeiro mit der Christusstatue im Vordergrund, der Rio und dem Zuckerhut dahinter und am Horizont das Meer.
    Das Zika-Virus hat sich inzwischen über ganz Brasilien ausgebreitet (imago stock&people)
    Arndt Reuning: Wie ist es denn bestellt um die Gefahr durch das Zika-Virus in Südamerika?
    Christina Frank: Wir haben weiterhin mit Zikavirusübertragungen in den meisten tropischen und vielen subtropischen Ländern in Mittel- und Südameirka zu tun. Das kann an manchen Stellen schon wieder etwas abgeflaut haben, wie zum Beispiel in Kolumbien. Anderswo kann die Infektionswelle aber auch grade noch sehr aktiv sein. Im Detail liegen uns diese Informationen nicht vor.
    Reuning: Welche Rollen spielt den die Witterung auf der Südhalbkugel, wo zur Zeit Winter ist?
    Frank: Für Rio ist es eigentlich sehr positiv im Moment. Da sind die Temperaturen niedriger. Das heißt nicht, dass es da überhaupt keine Mücken gibt, aber es gibt weniger Mücken und es ist relativ trocken. Und man muss bedenken, dass wenn von einer Mücke ein Virus aufgenommen wird und an einen Menschen weitergegeben werden soll, dann muss in der Mücke ein Prozess ablaufen. Und dieser Prozess läuft schneller ab, und effektiver, wenn es warm ist. Also je wärmer es ist desto schneller kann das gehen. Und diese paar Grad weniger die jetzt in Rio herrschen, die können schon da zubeitragen, dass sich diese Übertragungfähigkeit der wenigen verbliebenen Mücken reduziert.
    Reuning: Heißt das im Umkehrschluss, dass Zika nach dem Ende des Winters auf der Südhalbkugel wieder aufflammen könne?
    Frank: Das kann man nicht ausschließen. Wobei man schon sagen muss: Je mehr Menschen in einer Bevölkerung immun sind. Und im Moment gehen alle davon aus, dass man nach einer durchgemachten Zika-Infektion ein Leben lang immun ist. Also je mehr Menschen schon immun sind, desto weniger hat das Virus Möglichkeiten sich auszubreiten.
    Desto öfter sticht dann eine Mücke, die den Virus weitergeben könnte, einen Menschen der schon immun ist und das passiert nicht. Deshalb ist es gut möglich, dass es in den jeweiligen Mückensaisons der Folgejahre sich abschwächende Wellen der Infektion geben wird, oder dass die Infektion sogar in einen endemischen Bereich übergeht. Wo es dann immer wieder Infektionen gibt, aber keine großen Erkrankungswellen.
    Reuning: Der Zika-Virus hat sich inzwischen über ganz Brasilien ausgebreitet. Aber die Fälle der Mikrozephalie, also der Schädelfehlbildung scheinen sich im Nordwesten des Landes zu häufen. Ist das ein Hinweis darauf, dass für die Entstehung der Schädeldeformation möglicherweise weitere Faktoren verantwortlich sind?
    Frank: Mögliche KO-Faktoren sind immernoch sehr unklar. Das ist natürlich theoretisch möglich. Aber einen heißen Kandidaten dafür steht mir nicht vor Augen. Grundsätzlich können das natürlich irgendwelche kreuzreaktive Antikörper sein, die die Mutter schon hat. Es könnten auch anderen Expositionen sein. Aber wie gesagt da ist noch sehr viel Unklarheit und das müssen weitere Studien klar machen.
    Was die häufungen im Nordwesten angeht, darf man nicht vergessen, dass dort auch vor anderen Regionen in Brasilien starke Ausbrüche gewesen sind. Und wir haben es bei der Mikrozephalie mit einem Phänomen zu tun, dass erst Monate nach der Infektion der Mutter auftritt.
    Es kann sein, dass andere Teile von Brasilien eben erst noch auf dem Weg sind, dass die aus der Infektion der Mutter resultierenden Fehlbildungen beim Kind sichtbar werden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.