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Zögerlicher Tritt auf die Bremse

Die Kanzlerin hat versprochen, dass die Schulden, die durch das größte Konjunkturpaket in der Geschichte der Bundesrepublik entstehen, in Zukunft zuverlässig getilgt werden würden. Politiker-Kollegen fordern aber ein Konjunkturprogramm mit Schuldenbremse. Wissenschaftler plädieren sogar für ein Schuldenverbot.

Von Dietmar Reiche | 04.02.2009
    Angela Merkel: "Wer Schulden aufnimmt, muss sie zuverlässig tilgen. Wir haben das im Übrigen beim Erblastentilgungsfonds bewiesen. Der wurde 1995 eingerichtet. Er hat einen Schuldenstand von 171 Milliarden Euro umgerechnet. Und er ist jetzt getilgt, meine Damen und Herren. Dann sagen viele, das hat 14 Jahre gedauert. Dann sage ich: Aber es ist geschafft. Für die Verlässlichkeit von Politik, muss man doch auch mal sagen, wenn man so etwas geschafft hat. Und die deutsche Einheit war ja keine Kleinigkeit. Dann können wir sagen: wir haben das gehalten, was wir versprochen haben." (Applaus)

    Schulden zuverlässig tilgen: Was die Kanzlerin hier so einfach fordert, dürfte morgen auf der Sitzung der Föderalismus-Kommission für allerhand Zündstoff sorgen. Schon allein deshalb, weil nicht jeder, der in Berlin oder den Ländern etwas dazu zu sagen hat, die gerade vernommene Auffassung der Kanzlerin teilt.

    Carl Ludwig Thiele: "Das ist eben nicht getilgt worden, sondern es ist umgeschuldet worden. Denn tilgen kann der Bund ja eigentlich erst, wenn er Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet. Weil er dann keine Neuverschuldung mehr macht und Schulden zurückzahlen kann. In der ganzen Zeit, hat es nie einen Überschuss im Haushalt gegeben, so dass trotz einer Reduzierung des Erblastentilgungsfonds die Schuldenlast des Bundes Jahr für Jahr angestiegen ist."

    Für Carl Ludwig Thiele, FDP-Finanzpolitiker, ist die Sache auf ganz andere Weise klar. Die Bundesregierung habe nicht einmal die Hälfte der ehemaligen DDR-Schulden aus dem Erblastentilgungsfonds zurückgezahlt. Die restlichen Schulden seien einfach wieder in den Bundeshaushalt hineingebucht worden. Von einem Konto auf das andere.

    Kein Wunder, dass die Bundesregierung Thieles Darstellung vehement widerspricht, hat doch der Erblastentilgungsfonds für sie Vorbildcharakter. Denn nach Lesart des Finanzministeriums sind die DDR-Schulden schnell getilgt worden. Damit tauge der Fonds eben auch als Vorbild für die Finanzierung des größten Konjunkturpakets in der Geschichte der Bundesrepublik. 50 Milliarden Euro muss sich die Regierung am Kapitalmarkt leihen. Allein in dem neuen Investitions- und Tilgungsfonds sollen Schulden in Höhe von 21 Milliarden Euro verbucht werden.

    Finanzminister Peer Steinbrück:

    "Uns ist sehr bewusst, dass über solch ein Konjunkturpaket die Grundorientierung nicht ausgehebelt werden darf, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Und das bedeutet, dass dieser Investitions- und Tilgungsfonds einer Tilgungsregel unterworfen ist. Das heißt, wenn die Bundesbank Gewinne über 3,5 Milliarden Euro macht, dann gehen die automatisch in die Tilgung. Und zusätzlich werden wir gemessen an einem Potentialwachstum von 1,5 Prozent, 50 Prozent der Mehreinnahmen, die über dieses Wachstumspotential hinausgehen, ebenfalls zur Tilgung einsetzen."

    Das ist ein deutliches Signal an die Finanzmärkte. Die Bundesregierung will den Haushalt nicht auf Dauer belasten, sondern die Schulden rasch zurückzahlen. Zudem hat die Große Koalition das zweite Konjunkturpaket nur unter der Auflage gebilligt, dass Bund und Länder in Zukunft deutlich weniger Kredite aufnehmen. Die großen Parteien haben sich darüber hinaus auf eine Schuldenbremse verständigt.

    Die Vertreter von Bund und Ländern wollen auf ihrer Zusammenkunft morgen abschließend und endgültig klären, wie die Neuverschuldung wirksam begrenzt werden kann. Ein hochgestecktes Ziel, bei dem sich die Bundesländer alles andere als einig zeigen.

    CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter dazu: "Wir brauchen dazu eine verfassungsmäßige Mehrheit von zwei Drittel im Bundestag und Bundesrat. Jetzt mit der Großen Koalition und der Krise ist da eine Chance. Vor drei oder vier Wochen hätte jeder die Schuldenbremse für irreal gehalten. Die Krise bietet hier eine Chance. Ich sage lieber: Ein Konjunkturprogramm mit Schuldenbremse, auch wenn sie erst spät wirkt, ist besser als ein Konjunkturprogramm ohne Schuldenbremse. Das halte ich für relative realistisch."

    Soweit die optimistische Variante.

    Geht es nach den Plänen von Union und SPD, soll die Schuldenbremse noch vor der Bundestagswahl im September im Grundgesetz verankert werden. Doch der eigentliche Start könnte weit nach hinten rutschen, bis ins Jahr 2015. Christine Scheel von Bündnis90/Grüne:

    Scheel: "Die Diskussion, eine Schuldenbremse ab 2015 zu beschließen, das heißt in der übernächsten Legislaturperiode erst greifen zu lassen, dass ist schon Augenwischerei."

    Nach den Vorstellungen der Großen Koalition soll die gesamtstaatliche Verschuldung auf maximal ein halbes Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt werden – wohlgemerkt eventuell erst ab 2015.

    Das wären derzeit knapp 12 Milliarden Euro pro Jahr an neuen Krediten, die sich Bund und Länder teilen müssten. Für den Finanzwissenschaftler Prof. Wolfgang Kitterer ist das der falsche Weg. Er plädiert für ein striktes Schuldenverbot. Die bisherigen Schuldenbremsen im Grundgesetz und im Maastrichtvertrag würden die Staaten wenn nötig umgehen.

    Kitterer: "Man kann durch Staatsverschuldung keine Haushaltspielräume gewinnen. Man muss letztlich immer wegen der Zinszahlungen doch neue Steuern erheben. Das scheint den Politikern überhaupt nicht klar zu sein. Denn sie nehmen ja die Schulden gerade deswegen auf, weil sie sich Haushaltsspielräume versprechen. "

    Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger, Vorsitzender der Föderalismuskommission teilt diese Auffassung, kann sich damit aber wohl nicht durchsetzen. So scheint es morgen einzig um die Frage zu gehen, wie die Neuverschuldung zwischen Bund und Ländern künftig verteilt werden soll. Oettinger nennt eine Aufteilung von 0,3 Prozentpunkten für den Bund und 0,2 Prozentpunkten für die Länder unter diesen Vorzeichen als vertretbar. Doch darauf müssten sich die Bundesländer erst einmal selbst einigen.

    Fricke: " "Ich sehe die Länder noch nicht im Boot. Manche Länder ja, aber eben manche Länder, die hoch verschuldet sind, nein, die auch, aus ihrer Sicht verständlich, versuchen zu sagen "Was machen wir denn, die wir so überschuldet sind?". Also das betrifft Bremen, das betrifft, ich glaube auch Schleswig-Holstein, es betrifft das Saarland, es betrifft am Ende auch Berlin. Und da wird es sehr schwierig sein. Denn die werden sagen, wir sind schon so hoch verschuldet, wir müssen für uns eine Sonderregelung haben. "

    Otto Fricke, Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Bundestages. Tatsächlich bringen sich - kurz vor dem Treffen in Berlin - die Ministerpräsidenten der finanzschwachen Bundesländer noch einmal in Stellung. Stimmen sie der Schuldenbremse zu, bräuchten sie einen finanziellen Ersatz. Womöglich müssten sogar die Steuern erhört werden, mutmaßt der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel. Anders ließen sich die strengen Schuldenziele in den kommenden Jahren nicht erreichen. Vom Sparen spricht derzeit keiner. Das Pokern hat begonnen.

    So fordert das Saarland Hilfen für den Abbau seiner alten Schulden. Ohne eine solche Hilfe werde sein Bundesland der Schuldenbremse jedenfalls nicht zustimmen, macht Ministerpräsident Peter Müller bereits vor dem Treffen klar. Trotz sparsamer Ausgaben wachse der Schuldenstand schon jetzt kontinuierlich. In diesem Jahr wird das Saarland voraussichtlich auf über zehn Milliarden Euro Schulden festsitzen. Das Bundesland befindet sich nach Darstellung des Landesrechnungshofes in einer extremen Haushalts-Schieflage.

    Auch in Bremen wird der Ruf nach weiteren Stützungsmaßnahmen lauter. Der Stadtstaat fordere pro Jahr Finanzhilfen in Höhe von 465 Millionen Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren, erklärt Senatssprecher Hermann Kleen. Bremen hat Schulden von rund 15 Milliarden Euro. Laut Finanzplan steigen die Zinsausgaben bis zum Jahr 2011 um 100 Millionen auf 751 Millionen Euro. Jeden vierten Steuer-Euro muss das klamme Bundesland mittlerweile für Zinsen bezahlen.

    Erste Zugeständnisse macht Baden-Württemberg. Finanzminister Willi Stächele glaubt nicht daran, dass sich die ärmeren Bundesländer noch selbst aus der Verschuldungsfalle befreien können. Deshalb schlägt er sogenannte "Zinshilfen" vor. Diesem Vorschlag Baden-Württembergs könnten sich womöglich auch die unionsgeführten Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen anschließen. An der Tilgung der fremden Altschulden wollen sich diese Länder hingegen nicht beteiligen.

    Sollten sich die Bundesländer nicht auf eine gemeinsame Position für die Schuldenbremse einigen, dann steht der Bund allein auf weiter Flur. Die Bundesregierung müsste die Schuldenbremse nur für sich - quasi in einer Art Vorreiterrolle - in das Grundgesetz einbauen.

    Dass es auch anders geht, zeigen Bayern und Sachsen. Diese Bundesländer verzichten komplett auf neue Schulden. Und in Hessen will die neue Koalition aus Union und FDP ebenfalls ein Schuldenverbot einführen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hält die nun diskutierte Schuldenbremse – also ein halbes Prozent Neuverschuldung pro Jahr im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt – für ungeeignet.

    Im Deutschlandfunk sagte er: " "Wir haben in Sachsen eine eigene Schuldenbremse im Haushalt verankert, die ganz deutlich ist, nämlich null Verschuldung in guten Zeiten, und unter besonderen Bedingungen ist eine Verschuldung möglich, aber dann ganz konkret in fünf Jahren auch die Schulden wieder zurückzuzahlen. Und so was wünsche ich mir auch. Das ist etwas, was die Bundesrepublik Deutschland von dem hohen Schuldenstand wieder runter bringen würde, sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene, aber doch nicht zuzulassen, dass in guten Zeiten jährlich 0,5 Prozent neue Schulden gemacht werden sollen. Also, das muss man mal einem Kind erklären, das Fahrrad fährt, und wenn man sagt: "Bremse bitte" und das Kind hat nur den Fuß auf dem Bremspedal aber drückt nicht drauf."

    Dabei verhalten sich die Politiker in unserem demokratischen System durchaus rational. Sie wollen für die nächste Legislaturperiode wiedergewählt werden und verteilen großzügig Wahlgeschenke.

    Wenn der Staat immer weniger in die Infrastruktur investiert, stattdessen aber die laufenden Ausgaben wie etwa für das Personal über Kredite finanziert, dann droht er so richtig in die Schuldenfalle zu tappen.

    Fricke: "In der Politik wird immer noch der belohnt, der sagt: `Wir haben das Geld´. Also hat Politik - auch auf Grund von Wählerverhalten - eine Tendenz dazu, Geld auszugeben. Und da Politik immer noch Geld kriegt, weil wir immer noch als guter Schuldner gelten, geht es jedes Jahr hoch, und die Außenwirkung ist ja erst einmal `Das funktioniert. Das ist wie bei einem Bürger, der sagt: Ich mache das Haus auf Pump, ich mache die Küche auf Pump, das Auto auf Pump und den Fernseher auf Pump. Die Frage ist eben, wann ist Schluss."

    Sagt Otto Fricke, Vorsitzender des Haushaltsschusses des Deutschen Bundestags. Bislang denken Politiker vor allem darüber nach, wie sie neue Schulden machen können. Das Wort Tilgung ist da unpopulär. Doch wie kann der Staat die Schulden überhaupt jemals wieder abbauen?

    Durch Wachstum, sagt Professor Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. In wirtschaftlich guten Zeiten steigen die Steuereinnahmen, die der Staat dann zur Schuldentilgung verwenden kann. Bislang war die Versuchung groß, die zusätzlichen Einnahmen gleich wieder auszugeben. Gleichwohl kann der Staat auch ohne einen Euro zu tilgen, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verbessern.

    Horn: "Man misst dann die sogenannte Schuldenstandsquote. Man setzt die Schulden des Staates in Bezug auf das gesamte Bruttoinlandsprodukt, also in Bezug auf die Leistung, die jährlich in dieser Volkswirtschaft erbracht wird. Ist diese Schuldenstandsquote hoch, dann muss man auch einen relativ hohen Prozentsatz zur Schuldentilgung bzw. zum Schuldendienst einsetzten. Das heißt: das steht für andere Zwecke nicht zur Verfügung. Sinkt die Schuldenstandsquote, dann sinkt auch dieser Teil der Ausgaben und das gibt mehr Spielraum in der Wirtschaft. Und wenn nun die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Staates stark wächst, und die Schulden wachsen langsamer, dann sinkt diese Schuldenstandsquote. Das heißt der Anteil dessen, was wir an Schulden produzieren, sinkt immer weiter. Das ist auch eine Form der Entschuldung."

    Natürlich geht der Weg auch in die andere Richtung. Wenn die Wirtschaft schrumpft, steigt automatisch die Schuldenstandsquote. Diese bittere Erfahrung macht derzeit Finanzminister Peer Steinbrück. Der deutsche Staat kommt in den nächsten Jahren ganz sicher nicht aus der Schuldenspirale heraus. Weil die Wirtschaft schrumpft und der Staat sich zudem für die Konjunkturprogramme verschuldet, dürfte die Quote in diesem Jahr auf über 68 Prozent steigen - in den Folgejahren sogar bis auf über 72 Prozent. Das liegt deutlich über den Maastricht-Kriterien, mit denen die Europäische Union von dauerhaft geordneten Staatsfinanzen ausgeht.

    Der naheliegendste, aber politisch schwierigste Weg, ist das Sparen: Der Staat reduziert schlicht seine Ausgaben. So sind die Länderhaushalte derzeit von hohen Personalkosten und Pensionsverpflichtungen geprägt. Angesichts der demographischen Entwicklung und der längeren Lebenserwartung lauern in diesen Staatshaushalten erhebliche Risiken. Wissenschaftler bezeichnen sie als "implizite Verschuldung". Stellenabbau und die Kürzung gesetzlicher Versorgungsansprüche sind für den Finanzwissenschaftler Prof. Wolfgang Kitterer deshalb kein Tabu mehr. Der Staat werde sonst an den Rand seiner Leistungsfähigkeit kommen, prophezeit er. Auf Dauer und immer weiter die Steuern und Abgaben erhöhen – so könne es nicht mehr weitergehen.

    Kitterer: "Diese gesetzlichen Ansprüche haben wir in Zeiten geschaffen, in denen es uns allen sehr gut ging. Da waren wir unvorsichtig geworden. Und dann mussten wir sie irgendwann zurücknehmen. Wenn Herr Blüm sagte, die Renten seien sicher, so hat er sich doch hinterher immer damit herausgeredet. Sicher ist, dass das umlagefinanzierte Rentensystem, dass es das noch geben wird. Und das natürlich jedermann seine Rente bekommt. Aber wie hoch sie ist, wenn man 40 Jahre im Arbeitsleben gestanden hat, das hat er nicht festgelegt. Also der Staat wird solche Eingriffe vornehmen müssen."

    Ein anderer Weg der Entschuldung läuft still und heimlich über die Inflation. Die Finanzminister können dabei auf Zeit spielen. Bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von drei Prozent verliert das Geld nach 30 Jahren fast die Hälfte seines Wertes. Das ist schlecht für Gläubiger, weil sie für ihr Geld real weniger kaufen können. Und das ist gut für die Schuldner, weil sie später real weniger zurückzahlen müssen.

    Doch ist dieser Weg über die Inflation den Regierungen versperrt. In modernen Volkswirtschaften sind Notenbanken unabhängig. Sie sind es, die über den Zinssatz und die Geldmenge das Preisniveau steuern.

    Nun hat die amerikanische Notenbank in der vergangenen Woche angekündigt, sie sei wegen der Finanzkrise bereit, Staatsanleihen zu kaufen. Und die britische Notenbank will Unternehmensanleihen kaufen, um den Geldmarkt wieder in Schwung zu bringen. Ralph Brügelmann vom Institut der deutschen Wirtschaft.

    Brügelmann: "Der klassische Weg der staatlichen Finanzierung ist, dass der Staat ein Wertpapier, zum Beispiel eine Schuldverschreibung, emittiert. Geschäftsbanken und private Investoren kaufen sie ihm ab und jetzt, als Innovation, überlegt zum Beispiel die Fed, die amerikanischen Staatsschulden und Wertpapiere den privaten Investoren wieder abzukaufen. Wir könnten uns diese Schleife, diese Ehrenrunde, sparen, und sagen: Die Fed, Bernanke, gibt der amerikanischen Regierung sofort Geld. Das ist so grundsätzlich nicht vorgesehen, weil dadurch eben die Gefahr besteht, dass die Geldmenge einfach explodiert. Die Relation von Geldmenge und Gütermenge aus dem Gleichgewicht gerät. Und eine galoppierende Inflation einsetzt."

    In den USA schmeißt die Zentralbank also die Notenpresse an. Die Folgen der Inflation würden die Sparer sowohl in den USA als auch in Europa zu spüren bekommen, wenngleich mit unterschiedlichen Vorzeichen. In den USA ist die Sparquote negativ. Dort haben die Menschen also nichts zu verlieren. Hierzulande beträgt die Sparquote über 10 Prozent, die Inflation knabbert den Bundesbürgern an den Ersparnissen. Noch einmal Otto Fricke:

    "In den USA würde der Staat davon erheblich profitieren, denn seine Schulden würden sich innerhalb von zehn Jahren grob halbieren. Das würde den Chinesen, den Gläubigern, nicht gefallen. Aber den Amerikanern würde das gefallen. Die Währung hätte nach außen zwar einen immer geringeren Wert. Das würde aber für Arbeitsplätze in den USA sorgen. Und die Amerikaner, die nicht so viel ins Ausland fahren, würden das auch nicht für so schlimm empfinden. Bei uns genau der gegenteilige Effekt. Und da ist ’ne riesen Gefahr, und ich gebe zu, das ist das, was mir im Moment am meisten Sorgen macht, dass am Ende nur noch, von Amerika getrieben, verbunden dann mit einer Wirtschaft, die wieder anfängt zu laufen, mit Rohstoffpreisen basierend auf dem Dollar, wir an der Stelle erleben, wie uns das ganze am Ende in eine wirklich schlimme Position bringt und die EZB dann auch so reagieren muss, weil sie ja den Auftrag hat, anders als die Fed (amerikanische Notenbank), die Währungsstabilität zu halten. Das hat die Fed eben gerade nicht."

    Doch bei aller Skepsis gegenüber der Staatsverschuldung: Auch wenn die Schuldenstandsquoten seit Anfang der 70er Jahre massiv gestiegen sind und die Finanzminister immer mehr Geld in die Hand nehmen müssen, um ihre Zinsen zurückzubezahlen: die Anleger vertrauen noch immer auf den Staat. Auch wenn einige Länder deutlich höhere Risikoprämien zahlen müssen, damit sie überhaupt Geld geliehen bekommen. So beträgt die Gesamtverschuldung in Deutschland aktuell mehr als 1,5 Billionen Euro. Der Blick auf diesen absoluten Schuldenstand reiche allerdings nicht aus, um die Zahlungsfähigkeit eines Staates zu beurteilen, erläutert Florian Zinsmeister vom "Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung" in Berlin:

    "Man muss ja sehen, dass hinter einer Staatsverschuldung auch bestimmte Vermögenswerte des Staates stehen. Also der Staat hat irgendwann Schulden aufgenommen, um damit bestimmte Vermögenspositionen zu erwerben. Dazu zählt zum Beispiel die öffentliche Infrastruktur. Aber natürlich auch Investitionen in Bildung, in Forschung, in Entwicklung. Schwierig werden Schulden ja vor allem dann, wenn sie für laufende Ausgaben des Staatskonsums – also z.B. Ausgaben für Personal - aufgenommen werden."