
New York ist toll, doch man muss sich das Leben dort auch leisten können: Mit dieser Botschaft hat es Zohran Mamdani nun zum Bürgermeister von „Big Apple“ geschafft. Er traf mit seinen Worten offensichtlich einen Nerv: Die Wahl am 4. November gewann er mit deutlichem Vorsprung.
Der 34 Jahre alte US-Demokrat gilt als Gegenentwurf zu Präsident Donald Trump, der ihn als „kommunistischen Verrückten“ bezeichnet. Mamdani ist der erste Muslim und der erste „demokratische Sozialist" in dem prestigeträchtigen Amt. In seiner eigenen Partei weckt er sowohl Hoffnungen als auch Zweifel. Wer ist der Mann, der mit einem linken Programm New York verändern will?
Zohran Mamdani will New York sozial umbauen
Zohran Mamdani wurde in Uganda als Sohn indischstämmiger Eltern geboren. Sein Vater Mahmood Mamdani lehrt als Professor an der Columbia University, seine Mutter ist die Filmemacherin Mira Nair ("Monsoon Wedding").
Die Familie zog nach New York, als der Sohn sieben Jahre alt war. Später studierte Mamdani Afrika-Studien, versuchte sich als Rapper, war Wahlkampfhelfer und beriet Menschen, denen die Zwangsvollstreckung drohte. 2020 wurde er ins Parlament des Bundesstaats New York gewählt.
Vom Nobody zum Hoffnungsträger wurde der Politiker, als er im Juni 2025 überraschend die Vorwahlen der Demokraten für das Bürgermeisteramt in New York City gewann. Er setzte sich gegen Ex-Gouverneur Andrew Cuomo und weitere Kandidaten durch.
Seine Agenda ist für amerikanische Verhältnisse als weit links zu bezeichnen: Mamdani will 200.000 bezahlbare Wohnungen bauen lassen sowie eine Mietpreisbremse, Gratis-Busverkehr und kostenlose Kinderbetreuung einführen. Außerdem schlägt er einige städtisch betriebene Supermärkte vor, die günstige Lebensmittel für alle anbieten sollen. Bezahlt werden sollen die Pläne durch höhere Steuern für Unternehmen und für vermögende Bürger.
Demokratischer Sozialist mit Millionenreichweite
Mamdanis Erfolgsgeheimnis liege darin, aus aktivem Zuhören und gezielten Umfragen konkrete politische Forderungen abzuleiten, meint der Journalist und Buchautor Lukas Hermsmeier („Uprising: Amerikas neue Linke“): „Er und sein Team haben verstanden, was die drängendsten Probleme der New Yorker sind.“
Der 34-Jährige sei zudem ein „ungewöhnlich guter Kommunikator“, sowohl im Gespräch mit der Wählerschaft als auch auf Social Media. Allein auf Instagram hat er 4,5 Millionen Follower.
Mamdani und sein Team hätten "eine neue Form der Wahlkampfkommunikation" erfunden, sagt der Autor Daniel Kehlmann, der auch in New York lebt. Mamdanis Clips auf Youtube seien in der politischen Kommunikation ungewöhnlich, unvergleichlich originell, witzig und sympathisch. Wie viel davon auf ihn selbst oder "sehr, sehr gute Mitarbeiter" zurückgehe, lasse sich nicht beurteilen, so Kehlmann.
Rund 75.000 Freiwillige machten Wahlkampf für Mamdani. Er motiviere Menschen, sich wieder für Politik zu begeistern – in einer Zeit, in der sich „vieles so hoffnungslos anfühlt“, betont eine der Helferinnen.
Für viele ist er auch der Anti-Trump: Der Muslim wohnt mit seiner syrisch-stämmigen Ehefrau im multi-ethnischen Viertel Astoria im Stadtbezirk Queens. Er versprach, im Falle seines Wahlsiegs die massenweise Abschiebung von Migranten ohne gültige Papiere zu stoppen.
Mamdani im Visier von Donald Trump
Der aus New York stammende US-Präsident Donald Trump wollte einen Sieg Mamdanis unbedingt verhindern. Zuletzt drohte er, New York alle Bundesmittel zu streichen, sollte Mamdani gewinnen. Auf seiner Plattform Truth Social erklärte Trump, er werde es nicht zulassen, dass „dieser kommunistische Verrückte New York zerstört“. Laut US-Medienberichten drohte er weiter, Mamdani zu verhaften, sollte sich dieser wie angekündigt seiner Abschiebepolitik widersetzen.
Die für die Bertelsmann-Stiftung arbeitende Politologin Cathryn Clüver Ashbrook vermutet daher, dass es Mamdani als Bürgermeister nicht einfach haben wird: „Er steht für alles, was die Washingtoner Administration hasst: progressive Städte und eine liberale Haltung zu den Dingen des Lebens.“
Es sei davon auszugehen, dass Trump Mamdani zum Staatsfeind Nummer 1 erklären werde. Trump werde seine Ankündigung wahrmachen – und New York sämtliche Bundesmittel entziehen. Auf die Stadt komme somit eine harte Zeit zu, befürchtet Ashbrook.
Trump sieht in Mamdani offenbar einen Gegner mit viel Angriffsfläche: „Wenn ein Kommunist New York City übernimmt, dann ist das ein Geschenk für die Republikanische Partei“, so Trump.
Zögerliche Rückendeckung der Demokraten
Wie groß der Rückhalt für Mamdani in der Demokratischen Partei der USA ist, wird sich noch zeigen müssen. Wegen seiner relativ geringen politischen Erfahrung und seines linken Sozialprogramms war die Unterstützung für Mamdani durch die Führung der Demokraten bis zuletzt eher zurückhaltend.
Lange waren der unabhängige Senator Bernie Sanders und die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez – die für die Demokraten als Abgeordnete von New York im Repräsentantenhaus sitzt – vom linken Parteiflügel die prominentesten Unterstützer Mamdanis. Erst wenige Tage vor der Wahl am 4. November gab ihm der Minderheitenführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, öffentlich Rückendeckung. „In letzter Minute“, wie die „New York Times“ titelte.
So bleibt auch weiter unklar, ob der Sieg Mamdanis in New York auch ein Hinweis auf die künftige Ausrichtung der Demokraten ist. Er hatte in dem früheren demokratischen Gouverneur Andrew Cuomo einen ernstzunehmenden Konkurrenten, der 2021 wegen Vorwürfen sexueller Belästigung von diesem Amt zurücktreten musste.
Bei der Wahl in New York kam er trotzdem auf rund 900.000 Stimmen, wie der Strategieberater Julius van de Laar sagt. Mamdani erhielt etwas mehr als eine Million Stimmen. Das zeige: „Nicht die ganze Stadt steht hinter ihm“.
Kein grundsätzlicher Politikwechsel bei den Demokraten
Und bei den Gouverneurswahlen in den Bundesstaaten in New Jersey und Virginia, die in den USA gleichzeitig zu den Bürgermeisterwahlen in New York stattfanden, gewannen auch Demokraten, sie werden aber eher dem moderaten Spektrum der Partei zugerechnet. Was dort noch wichtiger für die Demokraten war, sagt van de Laar, hier konnten sich zwei Frauen in wichtigen Staaten durchsetzen. Abigail Spanberger gewann in Virginia, Mikie Sherrill in New Jersey.
Der US-Experte Josef Braml sieht im Sieg Mamdanis gar eine Gefahr für die Demokraten. „New York ist nicht der Rest der USA“, sagt Braml. Und Mamdani habe einen radikalen Wahlkampf geführt wie Trump – „nur ob diese Radikalität wirklich dem Land gut tut, das wage ich zu bezweifeln“. Und er fügt hinzu: „Das wird New York nicht gut tun, wenn er diese radikale Agenda umsetzen will.“
bth/gue
















