
Am 18. Oktober haben schätzungsweise sieben Millionen Menschen in den USA gegen die Politik von Präsident Trump demonstriert. Schon Mitte Juni gab es ähnliche Proteste im ganzen Land, die sich damals gegen Trumps Inszenierung bei den Feiern zum 250. Jahrestag der Gründung der US-Streitkräfte richtete. Aber nicht nur in Massenprotesten zeigt sich der Widerstand gegen Trumps zunehmend autoritäres Vorgehen.
Warum die Massenproteste gegen Trump das Motto „No Kings“ haben
Landesweit versammelten sich erstmals am 14. Juni 2025 Zehntausende Menschen in hunderten Orten unter dem Motto „No Kings“, auf Deutsch „Keine Könige“, zu Protesten gegen Trump und seine Politik.
Dabei ging es vor allem darum, wie Trump den 250. Geburtstag der amerikanischen Armee in Washington mit einer Parade inszenieren ließ. Diese Armee entstand aber in der Zeit der amerikanischen Revolution, die sich gegen den englischen König richtete. Die Demonstranten warfen Trump hier vor, den Anspruch eines Königs zu haben und sich wie ein König zu gebärden, sagt der Historiker Manfred Berg von der Universität Heidelberg.
Nichts könnte amerikanischer sein als diese Proteste, kommentiert der frühere ARD-Korrespondent Marcus Schuler. Als die Gründerväter der USA 1776 ihre Unabhängigkeit erklärten, listeten sie minutiös die Tyrannei König Georgs auf. Er habe gewählte Versammlungen aufgelöst, Richter von seinem Willen abhängig gemacht, Truppen ohne Zustimmung stationiert. Die Parallelen sind offensichtlich. Trump regiert per Dekret, umgeht den Kongress, entsendet Einheiten ohne lokale Zustimmung.
Inzwischen gab Trump noch bei mehreren anderen Gelegenheiten Anlass ihm vorzuwerfen, er führe sich wie König auf. So etwa sein Vorhaben, am Weißen Haus einen pompösen Ballsaal zu errichten oder auch sein Vorschlag, dass für seine politischen Erfolge ein Triumphbogen errichtet werden sollte.
Die Gründe für die Proteste gegen Trump
Gegen Trumps Politik gibt es seit Beginn seiner zweiten Amtszeit Proteste. Aber diese fanden meist nur auf lokaler Ebene statt und sie richteten sich vor allem gegen das Vorgehen der Einwanderungsbehörde ICE (United States Immigration and Customs Enforcement) gegen möglicherweise illegale Einwanderer und die Entsendung der Nationalgarde in einzelne, von Demokraten regierte Städte wie Los Angeles, Washington oder Memphis.
Trump will mit der Entsendung der Nationalgarde vor allem zeigen, dass er seine eigene Agenda überall im Land durchsetzen kann, dass er Proteste niederschlagen kann, sagt der Historiker Manfred Berg. Er setzt auf die Loyalität des Militärs und will demonstrieren, dass er notfalls die Notstandsbefugnisse des amerikanischen Präsidenten, die nirgendwo wirklich definiert sind, ausschöpfen kann.
Die landesweiten Proteste am 18. Oktober waren bereits die dritten Massenkundgebungen gegen Trump in seiner zweiten Amtszeit. Im Frühjahr gab es Proteste, nachdem Tausende Beschäftigte in Ministerien entlassen worden waren und unter anderem die Behörde für Entwicklungshilfe schließen musste. Die zweite Welle des Protestes gab es dann Mitte Juni anlässlich der Militärparade in Washington.
Dass die Demonstrationen so groß waren, hängt auch mit dem Shutdown zusammen, der weitgehenden Schließung aller Bundesbehörden seit dem 1. Oktober 2025, weil sich Demokraten und Republikaner nicht auf einen neuen Haushalt verständigen können. Die Demokraten fordern dabei vor allem, dass einige Maßnahmen in Bezug auf die Krankenversicherungsfrage rückgängig gemacht werden, sagt die Historikerin Christina Morina.
Die Reaktionen der Republikaner und von Trump auf die Proteste
Führende Politiker der Republikaner übten scharfe Kritik an den Protestierenden. Sie warfen ihnen vor, Amerika zu hassen und zu politischer Gewalt anzustiften. Die Demonstranten seien Hamas-Mitglieder oder gehörten zur Antifa.
Trump selbst veröffentlichte ohne einen Kommentar auf seiner eigenen Onlineplattform Truth Social ein mit KI generiertes Video, dass ihn mit einer Krone auf dem Kopf als Pilot in einem Kampfjet zeigt, der über große Städte fliegt, in denen demonstriert wird, und dann an Kot erinnernden braunen Schlamm über den Protestteilnehmern abwirft. Das war seine Antwort auf das Motto „No Kings“ – „Keine Könige“.
Für Trump und die Republikaner sind diese Proteste ein Problem. Trumps Behauptung, eine schweigende Mehrheit zu vertreten, zerbröselt auf den Straßen von Kansas bis Kalifornien, kommentiert ARD-Korrespondent Marcus Schuler. Unternehmen, die dachten, sie müssten sich der Regierung anbiedern, um die Mehrheit zu erreichen, müssen neu kalkulieren. Die Straße zeigt: Diese Mehrheit existiert nicht.
Die Zustimmung zu Trump bröckelt an vielen Fronten, sagt die Historikerin Christina Morena. Auch seine Zustimmungsraten gehen langsam, aber stetig zurück. 43 Prozent finden, dass er einen guten Job macht, 53 Prozent finden, er macht es überhaupt nicht gut. Auch in Teilen seiner eigenen Partei, den Republikanern, werde einiges inzwischen kritischer gesehen.
Insgesamt bleibt die amerikanische Gesellschaft zwar stark gespalten in ein Pro-Trump und in ein Anti-Trump-Lager, aber die USA haben auch eine lange Tradition des zivilgesellschaftlichen Protests. Die Demonstrationen könnten also die Gesellschaft sensibilisieren und das Meinungsklima beeinflussen. Zu einem Rücktritt des Präsidenten würden sie nicht führen, sagt der Historiker Manfred Berg.
Es sei nicht zu hoffen, dass es einen Moment gibt, wo die Stimmung gegen Trump explodiert oder kippt, so die Historikerin Morena. „Das sollte man sich vielleicht auch nicht wünschen, weil Trump und seine Leute so skrupellos sind, dass sie Gewaltmittel einsetzen würden und eine Art Bürgerkrieg auch führen würden, wenn der ansteht.“
Widerstand gegen Trumps Politik im Kleinen
Abgesehen von den Massenprotesten gibt es auch in vielen Städten und kleineren Orten eine sehr breit gemischte Mobilisierung, die sich gegen die anhaltenden Deportationen und den Umgang mit vermeintlich illegalen Menschen richtet, sagt Morina. Die Proteste sind nachbarschaftlich organisiert, wo es auch keine Rolle spiele, ob jemand Demokrat oder Republikaner ist. Und es wird konkret zu nicht-gewaltsamen Protesten aufgerufen.
Dabei sind an manchen Orten wie etwa in Chicago gut organisierte Netzwerke entstanden. „Wir unterstützen Eltern, die sich nicht trauen, ihre Kinder zur Schule zu bringen oder von der Schule abzuholen. Wir bringen Lebensmittel zu Familien, die sich nicht auf die Straße trauen. Wir begleiten Menschen zu Gerichtstermin“, sagt Pastorin Hawking.