
Ein ganzes Jahr lang haben Erin Pettit und ihre Kollegen mit ihren Unterwassermikrofonen Gletscher in Alaska und der Antarktis belauscht.
"Eigentlich war unser Ziel, Dinge wie das Abbrechen von Eisbergen, die Gleitbewegungen des Gletschers und das Entstehen von Rissen und Spalten im Eis zu hören. Aber wir stellten fest, dass diese Geräusche alle von einem anderen Geräusch übertönt werden: vom Geräusch des schmelzenden Eises. Das hat uns wirklich überrascht. Der kontinuierliche Lärmpegel in diesen Fjorden war viel höher als wir erwartet hatten. Als wir uns das genauer anschauten, sahen wir, dass der Lärm von den vielen Luftblasen stammte, die im Eis eingeschlossen sind und beim Schmelzen laut aufplatzen."
Die Gletscherforscherin von der Universität von Alaska in Fairbanks stieß in den Gletscherfjorden auf Lärmpegel, die höher waren als jede andere kontinuierliche Schallquelle in den Ozeanen der Welt. In der Icy Bay in Alaska zum Beispiel lag der durchschnittlichen Schalldruckpegel bei 120dB. Erin Pettit vermutet, dass diese extrem laute Umgebung sich auch auf die Lebensgemeinschaften in den Fjorden auswirkt. So nutzen Robben möglicherweise den Lärm, um sich darin vor ihren Fressfeinden zu verstecken.
"Killerwale oder Orcas jagen in erster Linie mithilfe ihres Gehörs. Das funktioniert in einer lauten Umgebung aber nicht. Robben dagegen können ihre Beute auch durch Echoortung finden. Dabei stört sie der Lärm nicht. Wir haben unsere Untersuchungen in der Icy Bay in Alaska durchgeführt. In dieser Bucht wurden noch nie jagende Orcas beobachtet. Sie ziehen immer an der Bucht vorbei. Robben dagegen lieben die Icy Bay. Sie bekommen ihre Jungen auf den Eisschollen, schwimmen überall herum und haben uns bei der Arbeit zugeschaut. Wir wissen nicht, ob der Lärm wirklich für dieses unterschiedliche Verhalten verantwortlich ist, denn es gibt bislang keine Verhaltensstudien dazu. Aber unsere Messungen deuten darauf hin, dass der Lärm ein wichtiger Faktor in der Räuber-Beute-Beziehung zwischen Orcas und Robben sein könnte."
Denn außerhalb der lauten Gletscherfjorde jagen Orcas mit Vorliebe Robben. Und dort, wo sich in den vergangenen Jahrzehnten das Eis zurückgezogen hat, sind die Robbenpopulationen zurückgegangen.
"Aber ich denke, es braucht noch mehr Forschung um herauszufinden, wie genau der Lärmpegel eines Lebensraums mit dem Verhalten und den Populationsänderungen von Orcas und Robben zusammenhängt. "