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Zoologie
Nachkommen älterer Houbara-Trappen entwickeln sich langsamer

Französische Wissenschaftler haben bei den Houbara-Trappen, einer Vogelart, negative Effekte einer späten Vaterschaft nachgewiesen. Die Nachkommen älterer Väter sind weniger fit und entwickeln sich nach dem Schlüpfen langsamer.

Von Lucian Haas |
    Die Houbara-Trappen, auch Kragentrappen genannt, sind in Nordafrika und den arabischen Ländern beliebte Vögel. Die Männchen vollführen einen extravaganten Balztanz, bei dem sie ihre Halsfedern zu einem auffälligen Kranz auffächern. Allerdings werden sie stark bejagt, die Art gilt als gefährdet. Um ihr Überleben zu sichern, hat die Internationale Stiftung zum Erhalt der Houbara-Trappen in den 1990er Jahren in Marokko eine Zuchtstation aufgebaut. Tausende Jungtiere schlüpfen dort jedes Jahr.
    "Das Ziel ist es, Houbara-Trappen in Gefangenschaft aufzuziehen, um sie dann freizulassen und die natürliche Trappenpopulation zu stärken. Das Zuchtprogramm ist gleichzeitig auch eine Quelle wertvoller Erkenntnisse für Biologen."
    Trappen können über 20 Jahre alt werden
    Gabriele Sorci ist Evolutionsbiologe an der Universität von Burgund im französischen Dijon. Er erforscht, wie sich das Alter von Vögeln auf ihren Fortpflanzungserfolg auswirkt. Die Houbara-Schutzstation liefert dafür interessante Langzeitdaten. Zum einen, weil dort Trappenmännchen aller Altersstufen gehalten werden. Trappen können über 20 Jahre alt werden. Zum anderen, weil die Weibchen künstlich befruchtet werden. Alle Eier und Jungtiere werden dort unter identischen Bedingungen in Wärmeschränken bebrütet und aufgezogen.
    "Auf diese Weise können wir potenziell störende Effekte ausfiltern und die Einflüsse des Alters auf bestimmte Merkmale genauer studieren: Dazu gehören die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ei auch befruchtet wird, die Schlüpfrate, das Schicksal der Jungtiere, ihr Wachstum und solche Dinge. Das ist wirklich einzigartig, weil man das in freier Natur niemals so einfach erfassen könnte."
    Samenqualität hängt vom Alter ab
    Schon vor vier Jahren hatte Gabriele Sorci gemeinsam mit Kollegen beobachtet, dass die Samenqualität männlicher Trappen stark vom Alter der Tiere abhängt. Die Zahl der Samen, ihre Beweglichkeit im Ejakulat und damit auch die Befruchtungsrate ist bei vierjährigen Houbara-Männchen am größten. Danach fällt sie stark ab. Nun fanden die Forscher noch weitere Effekte: Je älter die Trappenväter bei der Samenspende sind, desto langsamer entwickeln sich ihre Nachkommen in den ersten vier Wochen nach dem Schlüpfen.
    "Wir waren überrascht, wie langfristig das Alter der Väter sich auf die Wachstumsraten der Jungtiere auswirkt. Besonders interessant ist dabei, dass es im Vergleich zur Schlüpfrate nicht die mittelalten Väter waren, die den Nachwuchs mit dem besten Wachstum zeugten, sondern die jüngsten."
    Das Ejakulat junger Houbara-Trappen enthält weniger und zudem häufig unreife Samen. Es kommt also seltener zu einer erfolgreichen Befruchtung. Doch wenn sie gelingt, profitieren die Nachkommen. Den Vorteil bei deren Wachstum führt Gabriele Sorci darauf zurück, dass die Samen junger Väter noch wenige genetische Veränderungen aufweisen. Je älter die Trappen werden, desto häufiger mussten sich ihre Keimzellen schon teilen, um neue Samen zu bilden. Entsprechend steigt die Zahl der Mutationen im Erbgut.
    "Wir gehen davon aus, dass die Nachkommen älterer Väter allgemein eine geringere Fitness besitzen, was sich in einer schlechteren Vermehrung und Langlebigkeit ausdrückt. Und wir rechnen damit, dass sich diese negativen Effekte von Generation zu Generation addieren können, wenn die Vögel von alten Vätern gezeugt werden."
    Im Schutzprojekt für die Houbara-Trappen ist das kein Problem. Es gibt genug jüngere Tiere, die als Samenspender für die Zucht dienen können. Beunruhigender sind solche Erkenntnisse, wenn man sie auf den Menschen überträgt. In vielen Gesellschaften gibt es heute den Trend, dass Frauen wie Männer erst später im Leben Kinder zeugen. Studien deuten darauf hin, dass das negative Folgen für die generelle Fitness der Nachkommen haben könnte. Gabriele Sorci sieht in den Daten aus der Zucht der Houbara-Trappen durchaus einen Anlass, solche Effekte genauer ins Auge zu fassen.