Dienstag, 30. April 2024

Archiv

Zoufris Maracas
Grimmig-ironische Weltmusik-Chansons

Von der Straße auf die Bühne: Früher spielten sie in der Pariser Metro, wo sie auch ihren späteren Produzenten kennenlernten. Mittlerweile sind sie auf internationalen Bühnen unterwegs mit ihrer Gute-Laune-Musik. Im Kontrast dazu stehen Zoufris Macaras Texte, die immer ein bisschen "anti" und anarchisch sind.

Von Burkhard Birke | 28.11.2017
    Er singt über die Erbärmlichkeit des Lebens und Orgasmussimulationen: Vincent Sanchez von Zoufris Maracas
    Er singt über die Erbärmlichkeit des Lebens und Orgasmussimulationen: Vincent Sanchez von Zoufris Maracas (Deutschlandradio / Burkhard Birke)
    Sie sind eines der Markenzeichen von Zoufris Maracas: Wiegende lateinamerikanische und afrikanische Rhythmen und Klangbilder mit Elementen von Son, Cumbia und Rumba.
    "Wir haben ein wenig alle Musikstile aufgegriffen, die uns träumen, die uns reisen lassen. Und dazu singen wir französische Texte, weil wir viel in unserer Muttersprache mit all ihren Nuancen zu erzählen haben. Und wir greifen soziale Probleme auf."
    Und das mit viel Humor und auch Tiefe im Sinne eines Georges Brassens - müsste man Bandleader Vincent Sanchez, genannt Vin's ergänzen. Den Song "Chienne de vie" - erbärmliches Leben- hat Vin's in nur einer Nacht geschrieben.
    Drohende Erdbeben
    "Das Erdbeben auf Haiti hat mich inspiriert, weil ich das ungeheuerlich fand, dass eine ganze Insel mit einem Schlag zerstört wurde und die Menschen, die auf fünf tektonischen Platten gleichzeitig sitzen, alles wieder aufbauen mussten, in dem Wissen, dass es wieder passieren würde. Und dann habe ich eine Parallele gezogen zu den Liebesgeschichten, die auch in sich zusammenstürzen."
    Eine unglückliche Liebe und Arbeitslosigkeit liessen aus dem ehemaligen Soziologen und Greenpeace Mitarbeiter Vincent Sanchez Musiker werden. Da stand eine Gitarre herum und er fing mit ein paar Akkorden an, Lieder zu schreiben, traf seinen alten Kindheitsfreund Vincent Allard aus der Heimatstadt Séte wieder. Publikum fanden die beiden als Strassenmusiker in Paris: Auf Monmartre und in den Metrolinien 2 und 6. Bis sie vor zehn Jahren Producer Julio über den Weg liefen, weitere Musiker rekrutiert wurden und erste Alben entstanden.
    "Keine Lust, viel Hunger"
    "Das Lied über das Geld habe ich geschrieben, als ich in der Metro Musik machte. Eines Tages betrachtete ich die Züge, ich hatte keine Lust, viel Hunger und je mehr Hunger ich hatte, desto weniger Lust hatte ich. Was sollte ich den Leuten denn sagen? Nun: Ich habe kein Geld, habe mein ganzes Geld verfuttert."
    Fröhliche Harmonien zu einem bitterernsten Thema wie chronischem Geldmangel: Die Ironie in Text und Musik gehört zum Charakter Zoufris Maracas. Der Bandname ehrt die Zoufris genannten algerischen Gastarbeiter, die nach dem Zweiten Weltkrieg Frankreich aufbauten, und Maracas sind die südamerikanischen Rasseln für die Rhythmusbegleitung.
    Aber nicht nur die kommen zum Einsatz: Trompete, Bass, zwei Gitarren, Akkordeon, Mini-Keybord, zahlreiche Percussioninstrumente lassen ein unglaublich facettenreiches Klangbild entstehen, das gelegentlich an Manu Chao, manchmal an klassisches französisches Chanson, andermal sogar an Punk erinnert, um dann wieder Django Reinhard und den Jazz Manouche, den Zigeunerjazz wachzurufen wie in dem Song: Les femmes simulent.
    Die Frauen simulieren den Orgasmus und die Männer die Liebe. Vin's schreibt die Texte, bildet gemeinsamt mit Vincent das kreative Duo: Arrangiert werden die Songs in der Band oft in intensivster Kleinarbeit.
    Das Ergebnis kann sich hören lassen und wird wie bei Poulet, dem Lied über das Huhn, die Unterdrückung der Bauern und korrupte Politik begeistert aufgenommen.