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Zu Ausbildung und Arbeit in den Norden

In Spanien trifft die Wirtschaftskrise vor allem die junge Generation. In Murcia ist jeder zweite Jugendliche arbeitslos. Im deutschen Emsland dagegen werden händeringend Fachkräfte gesucht. Eine Unternehmergemeinschaft hat deshalb 15 junge Spanier zu einer neuartigen Ausbildungsinitiative auf's platte Land geholt.

Von Hedwig Ahrens | 06.07.2012
    Auch wenn David Martinez Sanchez die Hitze des Südens nicht vermisst, mit der verschlossenen Art der Norddeutschen hat der Spanier seine Probleme. Seit drei Monaten wohnt er im emsländischen Papenburg.

    "Während in Spanien freudiges Treiben auf den Straßen herrscht, trifft man in Papenburg abends um sechs vier Leute auf der Straße",

    bedauert der 21-Jährige. Er will trotzdem im Emsland bleiben. Denn hier kann er ab August bei der Firma Husmann eine Ausbildung zum Metallbauer beginnen. Das Unternehmen, das Entsorgungsbetriebe im In- und Ausland zum Beispiel mit Papierpressen beliefert, sucht händeringend Fachkräfte. Um die wenigen Ausbildungswilligen im Emsland ist ein regelrechter Kampf ausgebrochen, klagt Geschäftsführer Heinz Hermann Husmann:

    "Wir haben natürlich das große Problem, dass einige große Unternehmen hier im Emsland ansässig sind, ich sehe Meyer Werft, ich sehe Nordland Papier, ich sehe Krone, und dort haben mittelständische Betriebe immer das Nachsehen, dass die Großen vorangehen. Die haben Ausbildungswerkstätten, die haben frühen Zugang zu den Schulen und haben relativ früh den Zugriff auf die Leute."

    Zwischen Husmann und dem spanischen Praktikanten hat die Chemie sofort gestimmt, der Ausbildungsvertrag ist bereits unterschrieben. Insgesamt sechs der ursprünglich 15 Iberer werden nach einer kurzen Ferienpause Zuhause eine Ausbildung im Emsland beginnen. Weitere vier suchen sich dort direkt eine Arbeit als Fachkraft.

    Die Unternehmergemeinschaft "Wachstumsregion Ems-Achse" ist mit dem Ergebnis zufrieden. Deutschlandweit hatte ihr Projekt hohe Wellen geschlagen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen traf sich mit den jungen Spaniern in Berlin, der Bürgermeister der Emslandgemeinde Sögel Günter Wigbers wurde als Ideengeber mit Anrufen bombardiert.

    "Ich habe viele Anfragen gehabt aus der gesamten Bundesrepublik. Und der Geschäftsführer der Ems-Achse - ich glaube er kann ein ganzes Jahr durch die Republik tingeln und bei Industrie- und Handwerkskammern, bei Wirtschaftsverbänden über unser Projekt berichten. Weil es gibt ein ganz hohes Interesse, dieses Modell auch auf andere Regionen zu übertragen."

    Im Emsland ist es für drei Jahre angelegt: 2013 werden wieder rund 25 Spanier in den Nordwesten geholt. Der Geschäftsführer der Ems-Achse Dirk Lüerßen wirbt dafür Gelder aus dem europäischen Topf und beim Land Niedersachsen ein. Beim Praktikum hatten sich die Betriebe mit jeweils 500 Euro beteiligt. Sie haben Fachkräfte bitter nötig:

    "In der Wachstumsregion Ems-Achse haben wir bis 2025 die Prognose, dass drei Prozent zusätzliche Stellen geschaffen werden, das sind rund 12.000 neue Stellen. Zugleich geht die Bevölkerung zwischen 20 und 60 um 24.000 Menschen zurück. Das heißt, wir haben ein Delta von über 30.000 Personen, die wir für den Arbeitsmarkt brauchen."

    Auch wenn David mit den Emsländern noch warm werden muss: Die Arbeit gefällt ihm, er glaubt an eine gute Zukunft:

    "Lo que fabrican y producen es muy interessante. Es un buen futuro, creo yo."