Archiv


Zu Elite und Innovation

Honecker: Eine der wichtigsten Lobbyistenorganisationen in der Hochschulpolitik ist der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Er mischt sich immer dann ein, wenn es um Reformen im Bildungswesen geht. Dabei ist ein Trend zu beobachten: mehr und mehr kümmert sich der Stifterverband nicht nur um die Inhalte, sondern um die Strukturen des Wissenschaftssystems. Armin Himmelrath, heute war Jahrespressekonferenz, setzt sich dieser Trend im laufenden Jahr fort?

Studiogespräch mit Armin Himmelrath |
    Himmelrath: Ja, ganz klar, der Stifterverband, das ist wohl erklärte Politik bei denen im Hause, profiliert sich darüber, dass man eben zahlreiche Förderprogramme aufgelegt hat, mit denen im Grunde Strukturreformen in der Hochschulpolitik unterstützt werden. Da wird mal die beste Fachhochschule im Land ausgezeichnet, dann geht es um internationale Studiengänge oder in einem anderen Bereich um besondere Fachbereiche, die sich eben auf die Zukunft einrichten. Deshalb begrüßt Arend Otkar, das ist der Stifterverbandspräsident, die aktuelle Diskussion um die Elitehochschulen auch ganz ausdrücklich.

    Dieses Jahr steht unter dem Stichwort Innovation oder auch Elite. Das Thema ist gut für das ganze Jahr, es ist gut für Deutschland, sich zu fragen, wer denn und wie Elite entstehen kann und wer Elite ist und in Klammern, wer nicht!

    Himmelrath: Da hört man ganz klar das Plädoyer heraus für einen starken Wettbewerb im Bildungssystem. Ein Wettbewerb bei dem es ausdrücklich Gewinner und Verlierer geben soll und das bezieht sich nicht nur für einzelne Studierende, sondern ganz explizit auch auf ganze Hochschulen. Die Vertreter des Stifterverbandes haben heute auf der Pressekonferenz nicht ausgeschlossen, dass eben in Zukunft im Rahmen dieser Strukturdebatte einzelne Unis oder Fachhochschulen geschlossen werden müssen, wenn sie eben nicht genug Leistung bringen. Das heißt aus Sicht des Stifterverbandes zum Beispiel ausreichend Drittmittel einwerben. Da wurde heute ein Beispiel genannt: Brandenburg, dort gibt es drei Universitäten im Land und fünf Fachhochschulen, da sagte der Stifterverband heute ganz klar, damit hat sich das Land eindeutig übernommen.

    Honecker: Das heißt wohl, dass der Stifterverband mit der Entwicklung Richtung Bachelor und Master, sowie Richtung Studiengebühren ziemlich einverstanden ist?

    Himmelrath: Ja, mit der Entwicklung ist er einverstanden. Allerdings nicht ganz mit der konkreten Umsetzung, da wurde heute noch mal das Beispiel Bachelor/Master genannt, da sagt der Stifterverband selber, das ist ja nun ein Zusammenschluss von Wirtschaftsgrößen, da sagt er selber, dass die Industrie den Bachelorabschluss im Grunde noch nicht richtig annimmt oder noch nicht ausformuliert. Dass man eben als Bachelor in die Wirtschaft tatsächlich kommt. Im laufenden Jahr soll deshalb eine Kampagne für Abhilfe sorgen, die steht unter dem Titel: "Mit dem Bachelor in den Beruf." Man sagt, Leute die drei Jahre studiert haben, einen Bachelor in der Tasche, die können auch tatsächlich auf attraktive Jobs kommen, das ist bisher nicht so. Von daher eine deutliche Kritik an der Wirtschaft, aber es gab auch deutliche Kritik an den Hochschulen. Da hat der Stifterverband im letzten Jahr einen Wettbewerb ausgeschrieben, da ging es um die besten Bachelor- und Masterstudiengänge und 94 Studienangebote wurden da eingereicht zur Prämierung, aber nur ganze vier von diesen 94, das muss man sich vor Augen führen, entsprachen im Grunde den Vorgaben des Bolognaprozesses, wo es eben um Transparenz in der Lehre geht, wo es um die Vergleichbarkeit von Leistung geht, um das Credit-Transfer-System. Alle 90 anderen waren alte Diplomstudiengänge unter neuem Namen und da fiel heute dann eben auch das deutliche Wort vom Etikettenschwindel und das im Grunde von Befürwortern des Bachelor-, Masterprogramms.

    Das zweite Beispiel, die Einführung von Studiengebühren, da kann es dem Stifterverband gar nicht schnell genug gehen, Generalsekretär Manfred Erhard griff in dem Zusammenhang heute noch einmal eine Debatte auf, die der Deutsche akademische Austauschdienst, der DAAD vor einigen Monaten schon einmal angestoßen hatte, da ging es nämlich um die Frage, welche ausländischen Studierenden eigentlich an die deutschen Hochschulen geholt werden sollen.

    Der DAAD sagt mit großer Freude und dem schließen wir uns an, dass wir in den letzten drei Jahren über 35 Prozent mehr ausländische Studierende haben. Und hinter vorgehaltener Hand fragt der, haben wir eigentlich die Richtigen? Hat Deutschland nicht die falschen Attraktivitätskriterien? Das heißt kommen zu uns diejenigen, die zu uns kommen wollen, weil wir keine Aufnahmeprüfungen haben und weil wir keine Studiengebühren erheben, kommen also diejenigen, die bei den Spitzenuniversitäten abgelehnt wurden?

    Himmelrath: Und das schließt sich dann natürlich der Kreis zur Elitediskussion, denn um Eliteunis in Deutschland, da braucht man sich, sagt jedenfalls der Stifterverband, so lange erst mal keine Gedanken machen, so lange man hier nur mit zweitklassigen Studenten im Grunde operiert.