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Zu Gast bei Diktatoren

Anders als in der Vergangenheit, wurde die Zustände in der Ukraine klar beim Namen genannt – zumindest vom Deutschen Fußball-Bund. Das war nicht immer so: Ein Negativbeispiel ist die Fußball-Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien.

Von Anne Herrberg |
    Juni 1978 - Argentinien erlebt einen seiner frostigsten Winter, doch im frisch renovierten Monumental-Stadion von Buenos Aires wird in Himmelblau-weiß, den argentinischen Nationalfarben, ein zynisches Fest gefeiert - die Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft 1978

    Das Millionenschwere Spektakel verschleiert eine grausame Diktatur. Seit dem Militärputsch vom März 1976 wurden Zehntausende verschleppt, ermordet oder verschwanden spurlos - ein Überlebender:

    "Ich war ganz in der Nähe, in der Marineschule gefangen. Während der Folter konnte ich den Torjubel hören. Diese Weltmeisterschaft wurde von der Militärjunta instrumentalisiert, wie schon die Olympischen Spiele 1936 von den Nazis."

    Zu Gast bei Diktatoren? Gerade den damaligen Titelverteidiger Deutschland schien das wenig zu kümmern - Nationalspieler Klaus Fischer:

    "Also die politische Zustände in Argentinien interessieren mich überhaupt nicht, das muss ich ehrlich zugeben."

    Amnesty International forderte dazu auf, sich für politische Gefangene einzusetzen - auch Deutsche gehörten zu den Opfern. Wilfried Gerhardt, damaliger Pressechef des deutschen Fußballbundes:

    "Wir fühlen uns nicht dafür zuständig, als Sportverband politische Systeme zu begutachten, anzugreifen oder zu rechtfertigen."
    Der DFB sang das Hohelied der strikten Trennung von Sport und Politik - doch in Zeiten des kalten Krieges geriet die bundesdeutsche Kontroverse um die WM 78 sehr wohl zwischen ideologische Fronten - Mannschaftskapitän Berti Vogts damals im Interview mit dem WDR

    "Bedrückt es Sie, dass in Argentinien die Menschenrechte verletzt werden?"

    "Meinen Sie, wenn die Weltmeisterschaft in der Sowjetunion stattfinden würde, ob Sie dasselbe Interview dann auch machen würden?"

    Schließlich hatte sich die argentinische Junta offiziell dem Kampf gegen den Kommunismus verschrieben. Dass Argentinien sich schließlich den goldglänzenden Pokal holte, machte die bizarre Show perfekt, meint Eduardo Sacheri, Autor und Verfasser von Fußballkolumnen:

    "Die erfolgreiche Meisterschaft beschwerte den Militärs enormen Rückhalt für weitere Jahre an der Macht. Deshalb wäre mehr Kritik durch ausländische Fußballverbände gerade zu diesem Ereignis ein harter Schlag für die Junta gewesen."
    Detail aparte: Deutschland unterhielt damals beste Wirtschaftsbeziehungen mit den Militärs, unter anderem als Waffenlieferant. DFB-Präsident Hermann Neuberger machte den Skandal komplett, in dem er den vormaligen NS-Wehrmachtsoffizier Hans-Ulrich Rudel ohne Scheu im abgesperrten Trainingslager empfing.