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Zuckerwirtschaft in Uganda

Mit der von der EU beschlossene Senkung des Zuckerpreises geraten Zuckerproduzenten aus den Entwicklungsländern unter Druck. In Uganda ist die Produktion des "Weißen Goldes" erst im Aufbau, doch mit der Reform der europäischen Zuckermarktordnung sind zukünftige Export-Chancen zunächst einmal in weite Ferne gerückt.

Von Alexander Göbel |
    Sebidai Kasangaki ist kaum noch zu sehen, mitten im fast zwei Meter hohen Zuckerrohr auf dem kleinen Feld hinter seinem Bauernhof. In ein paar Tagen soll es losgehen mit der Ernte, und deshalb schlägt er ein paar Stangen ab, um den Zuckergehalt zu prüfen. Er ist zufrieden.

    Auf dem Hof laufen Hühner herum, es gibt Ziegen, ein paar Schweine, drei Kühe. Einen der drei Hektar Land, die sie besitzen, haben Sebidai Kasangaki und seine Frau Glandys für Kartoffeln, Bohnen, Mais und Gemüse reserviert. Auf dem größten Teil ihrer Fläche bauen die beiden seit fünf Jahren Zuckerrohr an.

    Die Schulgebühren für seine fünf Kinder konnte er nicht mehr zahlen, erzählt Sebidai, da suchte er nach neuen Einnahmequellen. Und seit er ins Zuckergeschäft eingestiegen ist, konnten er und seine Familie die kleine Lehmhütte gegen ein gemauertes Häuschen tauschen.

    Ausgerechnet hier in der Abgeschiedenheit des Masindi District, gut 5 Autostunden nordwestlich der Hauptstadt Kampala, wo es kaum Strom gibt oder fließendes Wasser, haben es die Kasangakis zu bescheidenem Wohlstand gebracht. Wie die anderen so genannten Outgrowers, die Kleinbauern von Masindi, verkaufen auch sie mehr als 150 Tonnen Zuckerrohr im Jahr komplett an den einzigen Großabnehmer in der Region, die Zuckerfabrik "Kinyara Sugar Works".

    Die Zuckerherstellung ist eine der ältesten Industrien in Uganda. Bis in die frühen 1970er Jahre wurden mehr als 150.000 Tonnen pro Jahr produziert, das meiste davon für den Eigenbedarf, aber immerhin 20.000 Tonnen wurden exportiert: innerhalb Ostafrikas, in die USA und auch nach Europa. Damit war es vorbei, als Diktator Idi Amin 1971 seine Schreckensherrschaft errichtete. Uganda verlor seine Exportquoten für die EU. An die fatalen Folgen erinnert sich auch der Parlamentarier und Gewerkschafter Joram Pajobo:

    "Idi Amins Regime hat mit den Asiaten genau diejenigen aus dem Land vertrieben, die hier seit der Kolonialzeit die Wirtschaft mit aufgebaut hatten. Wir Ugander blieben zurück, ohne wirtschaftlichen Einfluss. Nichts funktionierte mehr. Jemand, der damals ein Kilo Zucker kaufen wollte, musste stundenlang Schlange stehen. Diese Zustände haben Uganda gezeigt, dass es seine Wirtschaft erneuern muss. Und ich bin froh, dass wir auf einem guten Weg sind. "

    "Kinyara Sugar Works" ist das beste Beispiel dafür, dass es wieder aufwärts geht. Die Fabrik bildet den Kern eines hügeligen Areals mit Zuckerrohrfeldern, so weit das Auge reicht. Mehr als 6.000 Menschen leben auf dem Gelände, zusammen mit den umliegenden Orten wie Kabango oder Masindi sind mittlerweile mehr als 200.000 Menschen auf das Zuckergeschäft angewiesen. Ohne die Fabrik würden sie heute noch in Geisterstädten wohnen – wie vor 10 Jahren, als hier noch alles brach lag. Heute gibt es Strom, Brunnen mit Trinkwasser, Schulen, Kirchen und bessere Straßen.

    Zuckerverarbeitung aus einer Hand: Vom Rohr bis zum schneeweißen, noch warmen Zucker. Zuckerexport ist derzeit noch Zukunftsmusik: Bisher deckt Uganda seinen eigenen Bedarf noch nicht, muss also weiterhin Zucker importieren und für sich selbst produzieren. Und das zu Preisen, die auf dem Weltmarkt keine Chance hätten - auch weil die Binnenlage das Land dazu zwingt, bis zu 80 US-Dollar pro Tonne Zuckerrohr für den Transport zum nächsten Hafen zu investieren – und der liegt im kenianischen Mombasa. Außerdem würde die Europäische Union – wenn überhaupt - nur Rohzucker einführen, den sie dann als raffinierten Weißzucker wieder exportieren könnte. Jack McLean, dem Geschäftsführer von Kinyara Sugar Works gefällt das gar nicht:

    "Wir wollen keinen Rohzucker produzieren, sondern wir wollen mit unserem Endprodukt auf den Markt. Wir wollen zum Beispiel nicht, dass wir rohe Kaffeebohnen exportieren, und man verkauft sie uns dann teuer wieder zurück als fertigen Kaffee. Wir wollen unseren fairen Anteil am Kuchen. Und das wünschen wir uns auch für die Zuckerindustrie. Uganda selbst sollte diesen Marktanteil bekommen. "

    Doch diese Ambitionen werden durch die gerade beschlossene Zuckermarktreform der EU im Keim erstickt. Auf den künftigen Wettbewerb und vor allem auf die drastische Senkung des garantierten Zuckerpreises sind insbesondere Afrikas Zucker-Produzenten nicht vorbereitet.

    Weltweiter Handel mit Ugandas Zucker – für die Kleinbäuerin Annet Nabiranda ist das alles noch sehr weit weg. Aber auch sie wird betroffen sein von der EU-Zuckermarktreform und den Ergebnissen der Welthandelsrunde. Auch wenn ihre Welt der kleine Bauernhof in Mkono ist, im Hinterland von Lugazi. Für die 37jährige spindeldürre Frau dreht sich alles um die Frage, wie sie als Witwe ihre 6 Kinder ernähren kann. Und dabei hilft ihr auch das Zuckerrohr, das sie auf etwas mehr als 1 Hektar Land anbaut.

    "Es ist wirklich nicht leicht so alleine. Aber der Ertrag hat mir ein kleines Häuschen beschert. Für mich ist Zuckerrohr also profitabel, und ich hoffe ganz einfach darauf, dass ich dabei bleiben kann. Sonst muss ich Angst haben. "