Archiv


Züchtung und Erzeugung von qualitätsgerechtem Saatgut

Was unterscheidet ein gutes von einem schlechten Samenkorn ? Es ist die "Triebkraft". "Vigger" sagen amerikanische Agrarwissenschaftler wie Professor Miller McDonald von der Ohio State University Columbus dazu:

Von Thomas Wagner |
    Vigger, Triebkraft - naja, das hat zu tun mit der Schnelligkeit und mit der Einheitlichkeit , mit der sich Saatgut unter dem Einfluss äußerer Stressfaktoren im offenen Feld entwickelt.

    Die Triebkraft gilt, so der amerikanische Tagungsteilnehmer , als eine Art Güteziffer für Saatgut. Je höher die Triebkraft der Aussaat, desto besser das Ergebnis auf dem Feld. Doch wie lässt sich die Triebkraft messen ? Genau darüber diskutieren die Wissenschaftler auf der Saatgut-Konferenz in Stuttgart-Hohenheim . Denn einheitliche Triebkraft-Kennziffern gibt es noch nicht, so notwendig sie auch wären. Umso aufmerksamer verfolgen die Experten die Vorstellung neuer Messmethoden. So lässt sich die Triebkraft von Saatgut über die elektrische Leitfähigkeit definieren: Dabei weichen die Wissenschaftler Saatgut in Wasser ein und messen den elektrischen Widerstand. Professor Michael Kruse vom Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik an der Universität Hohenheim:

    "Saatgut von hoher Triebkraft hat dicht geschlossene Membrane, ist nicht mechanisch verletzt, wird somit weniger Salze und Evaluate in das Wasser abgeben, sodass die elektrische Leitfähigkeit niedrig sein wird."

    Dagegen sind die Membranen von Saatgut minderer Qualität oftmals aufgeplatzt; Salze strömen ins Wasser und sorgen für eine bessere Leitfähigkeit - eine Messmethode, die sich - so der Tenor in Hohenheim - immer mehr durchsetzen wird, um die wichtigste Eigenschaft des Saatgutes, nämlich die "Triebkraft", bestimmen zu können. Ebenso wichtig ist die Notwendigkeit, das ausgebrachte Saatgut vor Schädlingen zu schützen. Aus ökologischen Gründen bemühen sich die Wissenschaftler darum, chemische Schädlingsbekämpfungsmittel durch modernere Methoden zu ersetzen. Professor Michael Kruse nennt die sogenannte "Elektronen-Beizung" als Beispiel:

    Die Elektronenbeizung ist eine Technologie, bei der Saatgut in freiem Fall mit Elektronenstrahlen behandelt wird. Diese Strahlen erreichen es, dass das Saatgut in den größeren Schalenbestandteilen desinfiziert wird, dass sich also Erreger, die sich dort befinden, abgetötet werden.

    Und das alles ohne Chemie. Ein erster Großversuch erbrachte gute Ergebnisse. Gleichwohl haftet dem neuen Verfahren ein wesentlicher Nachteil an:

    Das Problem ist, dass die Erreger, die sich im Boden befinden, durch diese Technologie nicht erfasst werden können. Es ist kein Wirkstoff mitgegeben, der im Boden Erreger und pilzliche Erreger erfassen kann, sodass hier in häufigen Fällen biologische Verfahren hinzugefügt werden.

    Dabei bringen die Wissenschaftler bestimmte Mikroorganismen auf die Samenkörner auf, die den Schädlingen im Boden zu Leibe rücken. Ob das funktioniert, wird derzeit erprobt. Sorgen bereitet den Forschern die mögliche Vermengung von herkömmlichem Saatgut mit gentechnisch verändertem Saatgut. Eine solche Vermengung geschieht in der Regel ganz unbeabsichtigt, so Professor Michael Kruse:

    Vermischungen treten in der Regel durch Pollenflug im Feld auf. Und das wird uns natürlich zum Verhängnis, wenn wir Saatgut produzieren möchten, nach Sorten getrennt.

    Selbst bei Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstände zwischen Feldern mit herkömmlichem und Feldern mit gentechnisch verändertem Saatgut kann es zu Vermengungen kommen. Die Saatgutforscher müssen daher Messmethoden und Toleranzschwellen entwickeln, um Verunreinigungen durch genmanipulierte Aussaat nachzuweisen - keine leichte Aufgabe, so Professor Michael Kruse:

    Diesen Nachweis kann man eigentlich nur auf DNA-Ebene führen, die in einem hochinstallierten Labor erfolgen müssen ,und diese Methoden haben immer noch, selbst wenn sie gut angewendet werden, immer noch gewisse Fehlerraten.

    Fehlerraten, die aus Verbrauchersicht nicht hinnehmbar sind. Umso dringender erscheint den Saatgutforschern die Notwendigkeit, verlässlichere Unterscheidungsmethoden zu entwickeln.

    Da gibt's schon einige Fälle, die vor Gericht verhandelt werden, wo es genau um diesen Fall geht, dass im ersten Test ein positives Ergebnis vorliegt und in allen weiteren ein negatives.