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Zürichs Energiekonzept
Alles in allem nur 2.000 Watt

Zürich will zur Energie-Spar-Stadt mit Vorbildcharakter werden. Das selbst gesetzte Langfrist-Ziel der Bürger lautet: Sie wollen so leben, dass ein jeder insgesamt nicht mehr als 2.000 Watt Leistung beansprucht. Das entspricht einem Jahresverbrauch von rund 17.500 Kilowattstunden.

Von Dietrich Karl Mäurer | 12.07.2019
Züricher Altstadt bei Nacht.
Zürich bei Nacht - gut beleuchtet (imago/ Panthermedia)
"Ich möchte nicht mehr Ressourcen verbrauchen, als mir zustehen."
So lautet das Lebensmotto von Jasmin Helg aus Zürich. Die 46-jährige fördert als Vize-Chefin des Netzwerks "Transition Zürich", was sich mit "Wandel in Zürich" übersetzen lässt, nachhaltige Projekte. Jasmin Helg will, dass ihr ökologischer Fußabdruck so klein wie möglich ist - das gilt auch fürs Wohnen:
"Ja ich wohne hier in einer Genossenschaft mit 55 Menschen, wo wir eine gemeinsame Großküche haben, wo für alle, die da essen wollen, gekocht wird. Also das Organisieren von Nahrungsmitteln für mehr Menschen ist schon mal sicher effizienter, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht."
Und das gilt erst recht für den Konsum:
"Überall, wo’s geht, kauf ich nichts Neues. Also, Kleider ist ja mit Second-Hand-Läden, auch Verleih-Möglichkeiten gibt’s hier in Zürich, auch ganz einen tollen Laden, wo ich Kleider leihen kann."
Für Zürich eine Revolution
Menschen wie Jasmin Helg braucht Zürich, damit die Stadt Ihr großes Nachhaltigkeitsziel erreichen kann. 2008 hatten die Bürger eine Revolution beschlossen. Drei Viertel stimmten damals dafür, in der größten Schweizer Stadt die sogenannte 2.000-Watt-Gesellschaft einzuführen. Das Energie-Konzept besagt: Wenn jede Person nur noch 2.000 Watt verbraucht - dann gelingt es, die Klimaerwärmung zu begrenzen. Zürich ist es ernst damit. Beim städtischen Umweltdepartement gibt es einen eigenen Fachbereich "2000-Watt-Gesellschaft". Dessen Leiterin Rahel Gessler erklärt, dass man seit der Volksabstimmung schon viel erreicht hat:
"Da war man ungefähr bei 5000 Watt, als man das entschieden hat. Jetzt ist man deutlich runtergekommen. Wir haben gerade die neuen Zahlen publiziert: Wir sind jetzt bei 3500 Watt gelandet."
Anreize zum Energiesparen
Diesen Spareffekt erwirkte Zürich durch einen ganzen Strauß von Maßnahmen. Energieeffiziente Heizungen werden gefördert, genauso wie der öffentliche Verkehr, also Bus und Straßenbahn - erzählt Rahel Gessler. Selbst auf das Speiseangebot der städtischen Kantinen wirkt sich das Ziel 2000-Watt-Gesellschaft aus:
"Wir haben ganz neu auch eine Ernährungsstrategie verabschiedet in der Stadt Zürich. Da geht es darum, dass man klimafreundliche Menüs anbietet in den Schulen, Spitälern, Alterszentren, und dass man auch die Essensreste deutlich reduziert."
Es gibt bereits eine Siedlung und Wohnprojekte, wo die 2000 Watt-Gesellschaft schon heute gelebt wird. Dennoch stoße man immer wieder auch an Grenzen und Hindernisse, räumt Projektleiterin Rahel Gessler ein. Deshalb könne sie jetzt auch noch nicht sagen, wann das Ziel in ganz Zürich erreicht sein wird:
"Da wir der Meinung sind, es ist ein wichtiges Konzept, dass man eben langlebige Güter auch reparieren kann, um weniger Konsum zu haben."
Positive Beispiele werden herausgestellt
Die Bevölkerung versucht man derzeit zu motivieren, mit Plakaten, die in der ganzen Stadt aushängen. Darauf werden Bürgerinnen und Bürger als "Klimahelden" vorgestellt, die zum Schutz des Klimas beitragen, indem sie zum Beispiel auf Flugreisen verzichten oder zum Wäschetrocknen statt auf Technik auf die klassische Wäscheleine setzen. Leute also, wie Jasmin Helg, die voll Hoffnung sagt:
"Es kann nicht die Stadt das für uns machen. Es braucht die Bevölkerung. Und es braucht jeden Einzelnen, es braucht viele Einzelne, und dann können wir was bewegen."