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Zufriedene Mitarbeiter, zufriedene Kunden

Wer als Supermarkt nicht für zufriedene Mitarbeiter sorgt, der kann auch kaum mit gutem Service und zufriedenen Kunden rechnen. Gerade Unternehmen wie Kik, Norma und Schlecker schneiden bei Kunden schlecht ab. Das ist Ergebnis einer Marktstudie des Magazins "Wirtschaftswoche".

Von Anke Petermann |
    Rabatte, Discountpreise, Billigprodukte und Billigkräfte - das scheinen die Hauptinstrumente des deutschen Handels zu sein, wenn es darum geht, die Konsumkrise zu bewältigen. Kik, Norma und Schlecker setzen auf eine knausernde Klientel und knausern selbst - an ihren Mitarbeitern.

    Doch eine Marktstudie des Magazins "Wirtschaftswoche" fand heraus, dass bei diesen Unternehmen die Kundenzufriedenheit parallel zur Mitarbeiterzufriedenheit in den Keller rutscht. Damit aber seien sie schlecht gerüstet für schärfere Konkurrenz in der Krise, folgern die Autoren der Studie, darunter auch Unternehmensberater und Werbestrategen. Den "Service-Notstandsgebieten" stellen sie die "Service-Oasen" gegenüber, darunter die Parfümeriekette Douglas und Deutschlands wachstumsstärkste Biokette Alnatura. Anke Petermann hat die Personalführung des Öko-Händlers unter die Lupe genommen.

    Bernd Schneider muss nicht lange suchen, um einen Verkäufer zu finden, der ihm bei der Auswahl des richtigen Badesalzes hilft, und der Umtausch des Fehlkaufs geht auch zügig.

    "Vollständig unproblematisch!","

    … sagt Schneider und stellt an der Kasse noch Mineralwasserfalschen aufs Band, plauscht kurz mit Gudrun Schmidt, die an der Kasse sitzt. Schneider gehört zu den 90 Prozent Stammkunden der Alnatura-Filiale in Frankfurt-Bockenheim. In erster Linie kommt er um Ökolebensmittel zu kaufen, in zweiter Linie, weil er hier zuverlässig freundliche Beratung findet. Zumindest bei 99 Prozent der Mitarbeiter, sagt er.

    ""Ausnahmen gibt es wahrscheinlich überall, aber überwiegend sind die Mitarbeiter wirklich aufgeschossen, zuvorkommend, freundlich. Und wir haben im Lauf der Jahre drei, vier, fünf Personen, wo der Wiedererkennungseffekt so groß ist, dass es Freude macht reinzukommen, sich zu grüßen, ein paar Worte auszutauschen. Und das spiegelt das Unternehmen schon ein Stück weit auch wieder."

    "Prima Arbeitsklima hier", schwärmt Kassiererin Schmidt ungefragt, seit zehn Jahren gehört sie zum Alnatura-Team, die letzten sieben davon in Frankfurt-Bockenheim. Rund 1000 der fast 1300 Alnatura Mitarbeiter arbeiten in den 53 Filialen. In dieser besonders umsatzstarken sind es 34, und zwar hauptsächlich Vollzeitkräfte, so der Bockenheimer Filialleiter Sascha Jendrzej:

    "Ich bin für meine Mitarbeitereinkommen für Alnatura selbst verantwortlich und kann demnach frei entscheiden, ob ich Vollzeit oder Teilzeitkräfte einstelle. Da habe ich komplett eigenständiges Handeln übergeben bekommen und nutze das auch und habe die Hoffnung, in einer Vollzeitkraft mehr Identifikation mit dem Unternehmen zu erreichen, als bei einem Minijobber, der zehn Stunden kommt."

    "Wir wollen unternehmerisch denkende und handelnde Mitarbeiter. Das können wir nur gewährleisten, wenn die Einfluss haben auf die eigene Mitarbeiterauswahl","

    … erläutert Joachim Schledt, in der Alnatura-Zentrale in Bickenbach an der Bergstraße zuständig für Mitarbeiterentwicklung. Für zwei alleinerziehende Mütter hat der Frankfurter Filialleiter Sascha Jendrzej ein Teilzeitmodell nach Wunsch gestrickt, auch darin ist er frei. Schon mit 19 Jahren führte Jendrzej die Filiale eines Lebensmitteldiscounters. "Das hat mich unterfordert", berichtet der 26-Jährige.

    ""Denken ist im Discountbereich oft nicht gewünscht. Kreativität gibt es dort nicht. Sie kriegen einen Plan: So muss Ihr Laden aussehen. Die Dinge müssen genau dort stehen, wo es der Discounter vorschreibt. Man darf es nicht von A nach B räumen, ohne das vorher mit X Menschen zu besprechen."

    Anders bei der Biohandelskette mit anthroposophisch angehauchter Unternehmenskultur. Eigenverantwortlichkeit wird da groß geschrieben:

    "Wenn ich heute der Meinung bin, ich will den Korb mit Aufstrichen an die Kasse stellen, stelle ich ihn dahin, und wenn er morgen beim Öl steht, steht er beim Öl."

    Dass er bei Alnatura unternehmerisch denken darf und soll, begeistert Jendrzej. Die Biokette ist nicht tarifgebunden, orientiert sich aber am Einzelhandelstarif. Leistungszulagen eingerechnet verdiente Jendrzej bei seinem vorherigen Arbeitgeber besser, doch zu dem Discounter will der Mittzwanziger nicht zurück, selbst wenn der ihn immer noch mit Karriereversprechen umwirbt:

    ""Ich bin bei Alnatura Händler durch und durch - und habe den ganzen Tag das Gefühl, es ist alles meins. Zwar bin ich Angestellter, aber fühle mich gar nicht so, sondern: Es ist mein Laden und ich bin für alles verantwortlich zu arbeiten. Wir kriegen bei Alnatura Unterstützung, wie wir unsere Führungsaufgabe wahrnehmen sollen, haben tolle Seminarangebote, die wir besuchen können, wo man uns unterstützt, unsere Aufgabe wahrzunehmen, aber uns keinesfalls sagt, so muss du es tun, und das ist für mich eines der wichtigsten Argumente, bei Alnatura zu arbeiten."

    Mit seinem Stellvertreter bespricht Sascha Jendrzej die Bestellungen. Die beiden verstehen sich bestens und duzen sich. Mitarbeiter mit du anzusprechen - beim Discounter war das dem Filialleiter untersagt.