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Zuhair ali Abdul Alim interessiert sich vor allem für verseuchte Erde

An der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus diskutieren seit zwei Wochen Studenten und Dozenten aus sechs islamischen Ländern mit deutschen Wissenschaftlern über Umweltschutz. Dabei spielen besonders die Altlasten, wie Müll, ölverseuchte Böden, Gewässer- und Luftverschmutzungen eine wesentliche Rolle. Eine Exkursion hat die Gruppe in ein ehemaliges Gaswerk in der Lausitz geführt, in dem heute die Altlasten radikaler Umweltverschmutzung über Jahrzehnte beseitigt werden.

    Zuhair ali Abdul Alim aus dem Jemen bückt sich und untersucht eine Pflanze auf dem Betriebsgelände in Schwarze Pumpe. Jahrzehntelang wurde hier aus Braunkohle Gas hergestellt und die Natur durch den Schwefelausstoß der riesigen Schlote extrem belastet. Öl und Gasleitungen haben das Gelände überzogen und der Boden galt hier seit langem als vergiftet. Zuhair ali Abdul Alim kennt diese Probleme aus seiner eigenen Heimat und sein Interesse ist ganz darauf gerichtet, zu erfahren, wie es deutschen Ingenieuren und Wissenschaftlern gelungen ist, mit diesen Problemen fertig zu werden.

    Im Jemen haben wir sehr viele Probleme mit den Erdölleitungen, in Deutschland ist das System sehr gut entwickelt und so können viel miteinander bauen. In jedem Fachbereich haben wir mit Deutschland sehr viel zu tun, zu diskutieren.

    Nicht Hightech sondern natürliche Mittel sollen gerade hier im nahen Osten eingesetzt werden, erklärt Joachim Venus, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Lehrstuhl Altlasten, den die klimatischen Bedingung zur natürlichen Altlastenbeseitigung sind doch hier nahezu optimal:

    Wenn wir zum Beispiel an Pflanzen denken, die in der Lage sind, Schadstoffe aufzunehmen, dann sind die Zyklen ganz andere als bei uns, das heißt, man kann solche Dinge viel stärker in Erwägung ziehen als hier.

    Vier- bis fünfmal so schnell wachsen diese Pflanzen zum Beispiel im Iran, das wiederum bedeutet aber auch die vier- bis fünffache Aufnahme von Schadstoffen und somit eine schnellere Dekontermination des Bodens. Ein straffes Programm haben die Organisatoren der BTU für die Summerschool 2002 zusammengestellt. Da gab es Exkursionen in die Flutgebiete der Elbe, auf die Rieselfelder von Berlin, auf die über Jahrzehnte die Fäkalien der Millionenstadt ausgebracht wurden und deren Böden noch heute als nitratverseucht gelten. Es wurde oftmals diskutiert bis in die späte Nacht, es gab Vorlesungen und Seminare in kleinen Gruppen, bei denen spezielle Lösungsansätze wie zum Beispiel für die Stadt Dais in Jemen erarbeitet werden konnten, für die gemeinsam mit deutschen Wissenschaftlern ein neues Klärwerk geplant wird. Im Zusammenwirken von Wirtschaft und Wissenschaft sieht auch Professor Mohamed Rachnimani, von der Universität Teheran den wichtigsten Vorteil dieses Kurses

    Erstens hatten die Studenten die Möglichkeit hier labornah zu sehen, was man an der Universität in Form von Forschung machen kann; zweitens gab es Exkursionen, bei denen die Studenten im Gelände gesehen haben, welche Forschungen man außerhalb des Labors machen kann, welches Engagement das erfordert und welche Mittel man braucht; drittens haben die Studenten sich meiner Meinung nach überzeugen können, welche enge Zusammenarbeit hier zwischen Forschung und Industrie besteht, so eine enge Zusammenarbeit gibt es bei uns nicht.

    Organisiert wurde die Summerschool vom Deutschen Akademischen Austauschdienst und der Technischen Universität Cottbus, die für das Vorortprogramm verantwortlich zeichnet. Natürlich galt es dabei auch die spezifischen ethnischen und religiösen Besonderheiten der Teilnehmer zu beachten. Markus Moritz, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Organisationsleiter hatte da manchmal mit ganz speziellen Schwierigkeiten zu kämpfen:

    Wenn man in ein Spreewaldrestaurant geht und sagt, man möchte kein Schweinefleisch haben, das können sie noch machen, aber wenn dann nicht einmal mit Speck angebraten werden darf, dann wird es schon schwierig. Oder ganz banal: vorgestern Abend Eiskrem. Hier gehört Eierlikör einfach so dazu, tja, Alkohol, das geht aber nicht. Das musste also geändert werden, war aber kein Problem.

    Für Professor Wolfgang Spyra war die Summerschool ein wichtiger Meilenstein in der weiteren Zusammenarbeit mit den Universitäten von Aman, Shiraz und Aden. Dieser Tage wurde erst durch den Rule von Shiraz der gemeinsame Aufbau einer Umweltfakultät mit dem brandenburgischen Wirtschaftsminister vereinbart. Federführend dabei wird die BTU Cottbus sein.

    Dafür ist auch diese Summerschool ein Indiz, dass wir Anerkennung finden in unserer Arbeit. Das Zweite ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit, wir sind gerade dabei, zwei Angebote gemeinsam mit brandenburgischen Unternehmen zu fertigen, wo es um die Sanierung von Ölschäden geht, einmal Rohölschäden und dann die Bewässerung von Gemüseplantagen. Das wird zur Zeit mit kerosinverschmutztem Wasser gemacht und das führt zur Schädigung der Mikroorganismen und das wiederum muss schnell behoben werden.

    Stellvertretend für alle 22 Kursteilnehmer hofft Mohamed Rachnimani auf eine Fortsetzung des Dialogs, vielleicht besser unter dem Namen euroorientalisch, um nicht Regionen und Religionen zu vermischen. Seinen Studenten jedenfalls hat er den Kontakt für die Fortsetzung ihres Studiums an der BTU Cottbus hergestellt und er freut sich über das rege Interesse und den Erfolg der Summerschool 2002 in Cottbus:

    Ich habe beobachtet, wie sich die Studenten bei den entsprechenden Stellen im Auslandsstudienamt informiert haben, wie sie hier ihr Studium fortsetzen können, und das zeigt, welches Interesse hier Besteht. Und das muss man dann eben auch organisieren und das hat, glaube ich, sehr gut funktioniert.