"Man kann sich's heute kaum vorstellen, dass die Stadt eigentlich abgeschrieben war. Dass auch das Haus auf der grünen Wiese, verknüpft über Autostraßen, über Autobahnen das Ideal zu sein schien. In dem Augenblick, wo dieser Wunsch massenhaft befolgt wurde, war es natürlich ein Alptraum, weil dann von dem frei stehenden Häuschen im Grünen nicht übriggeblieben ist außer Stau und ständig im Auto herumfahren. "
Das Häuschen im Grünen hat seinen Glanz verloren, meint Prof. Dieter Läpple, emeritierter Stadtsoziologe aus Hamburg. Angesichts ständig steigender Energiepreise sei das Pendeln zwischen Eigenheim und Arbeitsplatz zu teuer - und ökologisch ohnehin zu verurteilen. Noch dazu sei das zum Häuschen passende Familienideal - Alleinverdiener, Hausfrau und zwei Kinder - ein Auslaufmodell. "Zuhause in der Stadt" - so auch der Titel der Darmstädter Konferenz - sei deshalb der neue Trend - und die Herausforderung für die Stadtplaner des 21. Jahrhunderts.
"Die Stadt bietet einfach Zugang zu Arbeitsplätzen, zu Dienstleistungen, ne große Vielzahl von Schulen, ne gute Gesundheitsversorgung, und schafft damit auch ein Stück Zeitkoordination. "
Kennen wir nicht alle jene Viertel, wo schicke Menschen in Kaffeebars sitzen und "Kreative" sich zu Hause fühlen? Wo Hinterhöfe "stylish" ausgebaut sind? Gründerzeitviertel sorgfältig restauriert? Hört man nicht sogar von wohlhabenden Rentnern, die ihre zu groß gewordenen Einfamilienhäuser im Grünen verlassen und sich eine kleinere Stadtwohnung kaufen? Feiern wir also eine Renaissance der Stadt?
"Ich denke, dass der Hintergrund für die Renaissance zunächst ne sehr gefühlte Situation ist, die sich stark festmacht an den sogenannten Altstadtquartieren, Szenevierteln, die ne ganz starke Zuwanderung verzeichnen und das wird oft auf die ganze Stadt übertragen. Die symbolische Bedeutung dieser Szeneviertel ist sehr viel größer als ihre quantitative Bedeutung und es ist ein Kurzschluss zu sagen, diese Entwicklung gilt für alle Städte und alle Stadtgebiete."
Laut Statistik, so Prof. Armin Henschel, Direktor des Instituts für Stadtentwicklung in Potsdam, wird die "Renaissance der Stadt" vor allem durch die Zuwanderung junger, ausbildungs- und arbeitsplatzorientierter Erwachsener geprägt. Auch Singles und Dinkies - also Doppelverdiener ohne Kind - wählen gern stadtnahe Lagen. Und in Weimar zum Beispiel oder in Rostock lässt sich sogar ein geringfügiger Zuzug von Senioren verzeichnen. Ausnahmen freilich, denn die meisten aus der 50+ Generation bleiben in ihrer vertrauten Umgebung oder werden zu "Bestandsoptimierern". Das heißt: sie verschönern ihr Eigenheim. Armin Henschel meint deshalb: Suburbia ist noch lange nicht tot!
"Das beobachtete Zurück in die Stadt, das sich vor allem auf die Gruppe der jungen Erwachsenen, der 18 - 26jährigen stützt, das sind die Suburbaniten von morgen. Die wohnen für einen bestimmten Lebensabschnitt in der Stadt, die wohnen auch gern in der Stadt, wenn Kinder da sind, das haben wir immer wieder beobachtet, ziehen sie weg."
Vor allem aber besteht die Stadt nicht nur trendigen Szenequartieren und Gründerzeitvierteln. Städtische Wohnquartiere für Durchschnittsverdiener sind oft beeinträchtigt durch Verkehrslärm, durch schwierige soziale Nachbarschaft oder beengte Wohnverhältnisse. In einer Studie über Wohnwünsche von Mietern städtischer Wohnquartiere fand Armin Henschel heraus:
"Eine große Mehrheit der Menschen möchte gern eine Wohnküche... und die wollen keine reine Arbeitsküche. Die Mehrheit hat aber solche Wohnküchen nicht, das ist ein Grundrissproblem ... Eigenheime haben gewöhnlich eine größere Fläche, ... die kompensiert solche Grundrissmängel auch. Aber in ner Mietwohnung, die max. 70 oder 80 m² ist, sind solche Mängel nicht durch die reine Fläche auszugleichen. "
Das zentrale Defizit des städtischen Wohnens besteht aber im unzureichenden privaten Grün: einem Balkon zum Beispiel, auf dem man geschützt sitzt und sich sonnen kann - oder sogar am Sonntag frühstückt.
"Das ist das, was für die ganz große Mehrheit der Menschen, wenn man sie nach dem Wohnen fragt, das Qualitätsthema Nummer 1 ist. Ich breche eine Lanze dafür, die Wohnqualitäten, die man heute überwiegend im Eigentum vorfindet, intelligent auf den Wohnungsbau im Mehrfamilienhaus zu übersetzen. Und das geht auch, wenn man vorhandene Gebäude umbaut, diese Qualitäten intelligent zu übersetzen ..."
Stärker als früher ist zudem eine "Entmischung" der unterschiedlichen städtischen Milieus zu verzeichnen. Ehemals sozial bunt gewürfelte Stadtviertel werden durch Umbau- und Restaurierungsmaßnahmen "veredelt". Entsprechend steigen die Immobilienpreise und verdrängen die ärmeren Bevölkerungsteile. Dagegen sammeln sich vor allem an den Rändern der Städte zunehmend jene, die zu den gesellschaftlichen Verlierern gehören: sozial Schwache, Arbeitslose, unintegrierte Migranten. Sozialer Sprengstoff für die Zukunft, meint Prof. Dr. Dieter Läpple:
"Bisher hatten wir sozial homogene Städte, die mittelstandsorientiert waren und nun haben wir multiethnische Städte, mit starken sozialen Differenzen. Und wir haben schon die Gefahr, dass die Stadtgesellschaft zerfällt und wir haben Beispiele aus Frankreich, wo es dann auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in den Banlieus kommt, das sind schon Zeichen, die wir ernst nehmen müssen."
Renaissance der Stadt also? Eher sieht es so aus, dass auf Politik, Städteplaner und Immobilienwirtschaft die schwierige Aufgabe zukommt, auch den sozial Schwächeren ein wirkliches "Zuhause in der Stadt" zu ermöglichen. Den Wohlhabenderen nämlich bot sich diese Möglichkeit schon immer:
"Einkommensstärkere Schichten haben immer die Nähe der Stadt gesucht, und trotzdem sich die Möglichkeit gesichert, im Grünen zu wohnen. Also im Grunde unseres Herzens, wenn Sie so wollen, sind wir alle Villenbewohner. Wenn wir's finanziell ermöglichen können, dann suchen wir die Nähe der Stadt, und zugleich wollen wir auch nicht mittendrin wohnen. Wir wollen also die Privilegien des Wohnens auf dem Land auch genießen, Grün, frische Luft usw. Das Problem ist, es lässt sich für die große Mehrheit der Menschen nur dann realisieren, wenn die Kommunen bestimmte Rahmenbedingungen schaffen. Und ein zweites Problem ist, dass die Städte heute schon sehr dicht bebaut sind. Und mit den Mitteln des Neubaus können wir nur in sehr wenigen Fällen die verbliebenen Brachflächen mit besseren, mit attraktiveren Gebäuden besetzen, die dann auch bessere Freiraumqualitäten haben."
Das Häuschen im Grünen hat seinen Glanz verloren, meint Prof. Dieter Läpple, emeritierter Stadtsoziologe aus Hamburg. Angesichts ständig steigender Energiepreise sei das Pendeln zwischen Eigenheim und Arbeitsplatz zu teuer - und ökologisch ohnehin zu verurteilen. Noch dazu sei das zum Häuschen passende Familienideal - Alleinverdiener, Hausfrau und zwei Kinder - ein Auslaufmodell. "Zuhause in der Stadt" - so auch der Titel der Darmstädter Konferenz - sei deshalb der neue Trend - und die Herausforderung für die Stadtplaner des 21. Jahrhunderts.
"Die Stadt bietet einfach Zugang zu Arbeitsplätzen, zu Dienstleistungen, ne große Vielzahl von Schulen, ne gute Gesundheitsversorgung, und schafft damit auch ein Stück Zeitkoordination. "
Kennen wir nicht alle jene Viertel, wo schicke Menschen in Kaffeebars sitzen und "Kreative" sich zu Hause fühlen? Wo Hinterhöfe "stylish" ausgebaut sind? Gründerzeitviertel sorgfältig restauriert? Hört man nicht sogar von wohlhabenden Rentnern, die ihre zu groß gewordenen Einfamilienhäuser im Grünen verlassen und sich eine kleinere Stadtwohnung kaufen? Feiern wir also eine Renaissance der Stadt?
"Ich denke, dass der Hintergrund für die Renaissance zunächst ne sehr gefühlte Situation ist, die sich stark festmacht an den sogenannten Altstadtquartieren, Szenevierteln, die ne ganz starke Zuwanderung verzeichnen und das wird oft auf die ganze Stadt übertragen. Die symbolische Bedeutung dieser Szeneviertel ist sehr viel größer als ihre quantitative Bedeutung und es ist ein Kurzschluss zu sagen, diese Entwicklung gilt für alle Städte und alle Stadtgebiete."
Laut Statistik, so Prof. Armin Henschel, Direktor des Instituts für Stadtentwicklung in Potsdam, wird die "Renaissance der Stadt" vor allem durch die Zuwanderung junger, ausbildungs- und arbeitsplatzorientierter Erwachsener geprägt. Auch Singles und Dinkies - also Doppelverdiener ohne Kind - wählen gern stadtnahe Lagen. Und in Weimar zum Beispiel oder in Rostock lässt sich sogar ein geringfügiger Zuzug von Senioren verzeichnen. Ausnahmen freilich, denn die meisten aus der 50+ Generation bleiben in ihrer vertrauten Umgebung oder werden zu "Bestandsoptimierern". Das heißt: sie verschönern ihr Eigenheim. Armin Henschel meint deshalb: Suburbia ist noch lange nicht tot!
"Das beobachtete Zurück in die Stadt, das sich vor allem auf die Gruppe der jungen Erwachsenen, der 18 - 26jährigen stützt, das sind die Suburbaniten von morgen. Die wohnen für einen bestimmten Lebensabschnitt in der Stadt, die wohnen auch gern in der Stadt, wenn Kinder da sind, das haben wir immer wieder beobachtet, ziehen sie weg."
Vor allem aber besteht die Stadt nicht nur trendigen Szenequartieren und Gründerzeitvierteln. Städtische Wohnquartiere für Durchschnittsverdiener sind oft beeinträchtigt durch Verkehrslärm, durch schwierige soziale Nachbarschaft oder beengte Wohnverhältnisse. In einer Studie über Wohnwünsche von Mietern städtischer Wohnquartiere fand Armin Henschel heraus:
"Eine große Mehrheit der Menschen möchte gern eine Wohnküche... und die wollen keine reine Arbeitsküche. Die Mehrheit hat aber solche Wohnküchen nicht, das ist ein Grundrissproblem ... Eigenheime haben gewöhnlich eine größere Fläche, ... die kompensiert solche Grundrissmängel auch. Aber in ner Mietwohnung, die max. 70 oder 80 m² ist, sind solche Mängel nicht durch die reine Fläche auszugleichen. "
Das zentrale Defizit des städtischen Wohnens besteht aber im unzureichenden privaten Grün: einem Balkon zum Beispiel, auf dem man geschützt sitzt und sich sonnen kann - oder sogar am Sonntag frühstückt.
"Das ist das, was für die ganz große Mehrheit der Menschen, wenn man sie nach dem Wohnen fragt, das Qualitätsthema Nummer 1 ist. Ich breche eine Lanze dafür, die Wohnqualitäten, die man heute überwiegend im Eigentum vorfindet, intelligent auf den Wohnungsbau im Mehrfamilienhaus zu übersetzen. Und das geht auch, wenn man vorhandene Gebäude umbaut, diese Qualitäten intelligent zu übersetzen ..."
Stärker als früher ist zudem eine "Entmischung" der unterschiedlichen städtischen Milieus zu verzeichnen. Ehemals sozial bunt gewürfelte Stadtviertel werden durch Umbau- und Restaurierungsmaßnahmen "veredelt". Entsprechend steigen die Immobilienpreise und verdrängen die ärmeren Bevölkerungsteile. Dagegen sammeln sich vor allem an den Rändern der Städte zunehmend jene, die zu den gesellschaftlichen Verlierern gehören: sozial Schwache, Arbeitslose, unintegrierte Migranten. Sozialer Sprengstoff für die Zukunft, meint Prof. Dr. Dieter Läpple:
"Bisher hatten wir sozial homogene Städte, die mittelstandsorientiert waren und nun haben wir multiethnische Städte, mit starken sozialen Differenzen. Und wir haben schon die Gefahr, dass die Stadtgesellschaft zerfällt und wir haben Beispiele aus Frankreich, wo es dann auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in den Banlieus kommt, das sind schon Zeichen, die wir ernst nehmen müssen."
Renaissance der Stadt also? Eher sieht es so aus, dass auf Politik, Städteplaner und Immobilienwirtschaft die schwierige Aufgabe zukommt, auch den sozial Schwächeren ein wirkliches "Zuhause in der Stadt" zu ermöglichen. Den Wohlhabenderen nämlich bot sich diese Möglichkeit schon immer:
"Einkommensstärkere Schichten haben immer die Nähe der Stadt gesucht, und trotzdem sich die Möglichkeit gesichert, im Grünen zu wohnen. Also im Grunde unseres Herzens, wenn Sie so wollen, sind wir alle Villenbewohner. Wenn wir's finanziell ermöglichen können, dann suchen wir die Nähe der Stadt, und zugleich wollen wir auch nicht mittendrin wohnen. Wir wollen also die Privilegien des Wohnens auf dem Land auch genießen, Grün, frische Luft usw. Das Problem ist, es lässt sich für die große Mehrheit der Menschen nur dann realisieren, wenn die Kommunen bestimmte Rahmenbedingungen schaffen. Und ein zweites Problem ist, dass die Städte heute schon sehr dicht bebaut sind. Und mit den Mitteln des Neubaus können wir nur in sehr wenigen Fällen die verbliebenen Brachflächen mit besseren, mit attraktiveren Gebäuden besetzen, die dann auch bessere Freiraumqualitäten haben."