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Zukunft der Enzyklopädie

Informationstechnik. - Den traditionsreichen Enzyklopädien droht Konkurrenz aus dem Internet. Kostenfreie Nachschlagewerke wie etwa "Wikipedia" bieten zunehmend vergleichbare Schlagwortzahlen. Ob man überhaupt noch viel Geld für ein Lexikon in Buchform ausgeben muss, wurde jetzt auf einer Wissenschafts-Pressekonferenz erörtert.

03.06.2005
    Kiloschwer mit Goldschnitt und repräsentativem Einband, so haben sich Enzyklopädien seit fast 250 Jahren etabliert. Doch den Prestigeprojekten scheint Gefahr aus dem Internet zu drohen. Projekte wie "Wikipedia" bieten ebenfalls Informationen, allerdings kostenlos und per Mausklick. "Mir war aufgefallen, dass im Internet immer mehr freie Software auftauchte - Software, die nicht von Firmen verkauft wird, sondern bei der sich Programmierer rund um den Globus zusammentun, um Programme zu schreiben und weiterzuentwickeln. Und ich fragte mich, ob sich dieses ehrenamtliche Prinzip nicht auf andere Bereiche übertragen ließe. Und da ich immer schon eine Leidenschaft für Enzyklopädien hatte, nahm ich mir vor, ein kostenloses Online-Lexikon ins Leben zu rufen", erklärte "Wikipedia"-Gründer Jim Wales den Ursprung der Internet-Enzyklopädie.

    Die Qualitätskontrolle findet bei dem Projekt durch die Vielzahl der Mitarbeiter statt. Das Prinzip: Jeder, der Lust verspürt, kann mitmachen, kann Artikel schreiben, prüfen und verbessern. Qualität soll dadurch entstehen, dass möglichst viele Menschen über die Inhalte drüberschauen und sie bei Bedarf korrigieren. Die besonders gut recherchierten Artikel erhalten dann den Stempel "exzellent". Diese unterschiedliche Qualität der Artikel stellt ein wichtiges Problem der Internetenzyklopädie dar. Nach Ansicht von Brockhaus-Vorstand Alexander Bob ist die gesicherte Qualität der Information daher der große Wettbewerbsvorteil der herkömmlichen Enzyklopädien: "Wer im Brockhaus etwas nachschlägt, weiß bei jedem Artikel, dass der gesamte redaktionelle Prozess mit wissenschaftlichen Autoren, Schlussredaktion, Korrektorat über die Artikel gelaufen ist und zu einer geprüften Qualität führt." Diese Qualität hat jedoch ihren Preis, rund 2500 Euro kostet die kommende Brockhaus-Generation.

    Als Konkurrenz sehen sich herkömmliche und internetgestützte Enzyklopädien jedoch nicht. Das jedenfalls behauptet Wikipedia-Gründer Jim Wales: "Bei vielen Leuten wecken wir überhaupt erst das Interesse an dem Thema Enzyklopädie. Und dadurch ziehen wir den ganzen Markt mit, vielleicht auch die traditionellen Enzyklopädie-Verlage." Für Wikipedia geht es jetzt vor allem darum, bessere Informationsqualität und ein umfassenderes Stichwortangebot zu bieten. Die herkömmlichen Enzyklopädien experimentieren dagegen mit Ergänzungen für Internetgeneration. So bietet Brockhaus etwa einen Internetzugang mit 3000 Tondokumenten, oder den Inhalt seiner Enzyklopädie auf einem handlichen Memory-Stick.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]