Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Zukunft des Biolandbaus:

Es ist seit Monaten nicht zu überhören: Die deutschen Wirtschaft jammert! Und dennoch: Manche Branche wächst – etwa der ökologische Landbau: Jedes Jahr bauen mehr Landwirte Gemüse nach ökologischen Grundsätzen an oder füttern auf entsprechende Weise ihr Vieh. Auch die Möglichkeiten, ökologischen Landbau zu lernen oder zu studieren, nehmen zu. So gibt es inzwischen drei Fachschulen für biologischen Landbau; eine von ihnen ist Haus Riswick am Niederrhein bei Kleve. Schülerinnen und Schüler nennen verschiedene Gründe, warum sie dort zur Schule gehen.

Ralph Ahrens | 27.06.2003
    Wir haben zu Hause einen eigenen Betrieb. Meine Eltern führen den zurzeit, der wird seit ’89 biologisch bewirtschaftet und ich werde ihn übernehmen – und darum versuche, ich, mehr Einblick zu bekommen.

    Weil das für mich eine Grundhaltung ist. Ich möchte vernünftig leben. Dazu gehört auch eine vernünftige Ernährung. Das ist ziemlich wichtig. Und wenn man zum Beispiel immer im Ökoladen einkauft, das ist ja recht teuer. Schöner wäre es, wenn man das selber produziert.

    Ich habe früher auch auf konventionellen Betrieben gearbeitet. Mein Cousin bewirtschaftet einen konventionellen Betrieb, der sehr intensiv auch wirtschaftet und ich möchte einfach für mich auch eine gesündere Landwirtschaft haben. Ich möchte einen Arbeitsplatz haben, der mich nicht krank macht, sondern wo ich bei gesund auch bleibe.

    Und die Kunden kommen und kaufen, meint Barbara Kuhr, Filialleiterin von Basic, einem der drei Bio-Supermärkte in Köln, der im letzten Jahr seine Türen öffnete.

    Das ist der alteingesessene Biokunde, der schon immer Bio gekauft hat, der hier unsere Auswahl sehr schön findet. Es gibt aber auch viele, viele Neueinsteiger, die gesagt haben, wenn ich hier Bio kaufen kann ohne das Gefühl zu haben, ich werde hier groß belehrt, dann gehe ich da auch mal hin, weil ich kann da ganz unbefangen durchgehen. Der Kunde kann ja eine Beratung haben, wenn er möchte. Ansonsten ist er hier sehr ungestört. Es kommen sehr viele Mütter mit Kindern, die, denke ich, ihren Kindern einfach eine gute Ernährung bieten wollen. Es kommen natürlich sehr gut verdienende Leute – Bio hat nun mal seinen Preis –, aber es kommt genau so gut der Student, der hier seinen täglichen Joghurtbedarf oder was er sonst so braucht, kauft. Das geht wirklich quer durch die Bank.

    Und noch mehr Menschen sollen sich ökologisch ernähren – das hofft jedenfalls die rot-grüne Bundesregierung. Ihr Ziel ist – so steht es im Koalitionsvertrag –, dass in zehn Jahren im Schnitt jeder fünfte Acker, jedes fünfte Feld und jede fünfte Wiese – also insgesamt 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche – ökologisch bewirtschaftet wird. Ein schwer erreichbares Ziel, weiß Wolfgang Reimer vom Bundeslandwirtschaftsministerium, aber ...

    Man erreicht in der Politik ja nur etwas, wenn man sich auch ein festes Ziel setzt. Diese 20 Prozent sind eine Markierung. Wie weit wir in zehn Jahren damit kommen, das wäre Spekulation, das jetzt zu sagen. Aber es ist unser festes Ziel. Und wir können ja auch sagen, wir hatten im Jahr 2001 30 Prozent Zuwächse beim Biomarkt. Wir hatten letztes Jahr nochmal 10 Prozent Zuwächse, obwohl es dort diesen Nitrofen-Skandal gab, der ja eigentlich kein Bio-Skandal war, aber er hat natürlich die Umsatzzahlen einbrechen lassen. Wir können insgesamt sagen, dass die Zahl der Betriebe sich deutlich erhöht hat, dass mehr Flächen umgestellt worden sind. Also, wir sind schon auf dem Weg dahin.

    Mit anderen Worten: Der Öko-Landbau soll seine Nische verlassen! Das hätte auch volkswirtschaftliche Vorteile. Wolfgang Reimer nennt ein Beispiel:

    Wir haben in der Bundesrepublik viele Wasserwerke, die in ihrem Wassereinzugsgebiet eigentlich gerne Biolandbau hätten. Wir wissen, dass der Biolandbau insgesamt, weil er keine Pestizide verwendet, weil er keine leicht löslichen synthetischen Stickstoff verwendet, dass er insgesamt für den Schutz des Trinkwassers große Vorteile hat.

    Zurzeit werden in Deutschland aber erst zwischen drei und vier Prozent aller Äcker, Felder und Wiesen ökologisch bewirtschaftet – damit es in zehn Jahren ein Fünftel der landwirtschaftlichen Fläche sein wird, wären Steigerungsraten von rund 20 Prozent jährlich erforderlich. Das hält Filialleiterin Barbara Kuhr für unwahrscheinlich.

    Ich glaube, diese 20 Prozent werden sehr schwierig zu erreichen sein. Da gehört einfach mehr zu, als nur zu versuchen, Bio über große Märkte zu verkaufen. Das Bewußtsein der Menschen muss sich einfach ändern. Die Bereitschaft, für Lebensmittel Geld ausgeben zu wollen – und nicht hinter Schnäppchen herzujagen und Dumpingpreisen entgegen zu fiebern. Und da muss das Bewußtsein bei den Menschen geändert werden.

    Die Bundesregierung bemüht sich darum. Sie wirbt zum Beispiel für jenes Gemüse, jene Eier und jenes Fleisch, die mit einem kleinen grünumrandeten Sechseck etikettiert sein dürfen, auf dem ‘Bio nach EG-Öko-Verordnung’ steht. Dieses staatliche Bio-Siegel hob Verbraucherschutzministerin Renate Künast im September 2001 aus der Taufe. Ihr Mitarbeiter Wolfgang Reimer.

    Das Bio-Siegel ist vielleicht ganz einfach so zu erklären. Es entspricht ungefähr einem TÜV-Stempel und die Markenzeichen der Anbauverbände, so wie jetzt Bioland oder Demeter oder auch Naturland, das sind dann sozusagen der Mercedes-Stern oder das BMW-Zeichen. Also TÜV-Stempel und Markenzeichen. Wir wollten neue Zielgruppen ansprechen, Verbraucher, die bisher sich nicht mit Bio auseinandergesetzt haben, sondern die einfach normal im Supermarkt einkaufen – und die sollen wissen, wenn sie Bio kaufen wollen, da wo dieses Bio-Siegel drauf ist, ist auch Bio drin.

    ... nach europäischen Standard. Weil diese Standards aber zum Teil niedriger sind als die der deutschen Anbauverbände, sind diese Etiketten für Biobauer Heinrich Graf von Bassewitz, der auch Bundesbeauftragter des Deutschen Bauernverbandes für Ökolandbau ist, ein zweischneidiges Schwert Denn mit dem Bio-Siegel können auch Produkte aus dem Ausland beworben werden, die dort billiger hergestellt werden können.

    Dass sind im Grunde zwei wesentliche Punkte: Zum einen ist die Betriebsteilung möglich in einen ökologischen und einen konventionellen Betrieb unter einer Betriebsführung. Und zum anderen der Zukauf von organischen Düngemitteln aus konventioneller Landwirtschaft. Durch beide Regelungen wird ökologischer Landbau nach EU-Standards billiger wie ökologischer Landbau nach deutschen Standards. Gleichzeitig kann aber jeder, der nach diesen EU-Standards produziert, auch das deutsche Biosiegel erhalten.

    Thomas Dosch vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, glaubt jedoch, trotz dieser Schwächen mit dem Siegel leben zu können. Er erinnert daran, dass nicht nur Deutschland Kompromisse bei der europäischen Öko-Verordnung eingehen musste. Ein Beispiel:

    Südländer wie Portugal und Spanien waren der Meinung, dass Rinder zwölf Monate im Jahr immer im Freien gehalten werden müssen und nur dann Biotiere wären. 40 Prozent unserer Betriebe liegen in Bayern und in Baden-Württemberg. Wenn ich den Bauern sage, ihr müsst die Tiere zwölf Monate im Jahr draußen lassen, dann ist es im Winter absolut unmöglich. Ich könnte keine Tiere in den Alpenregionen halten und die Verbraucher würden uns anzeigen, wenn wir die Tiere im Winter draußen im Matsch stehen lassen. Das zeigt also dieses Problem. Deshalb haben wir den Kompromiss durchgesetzt, dass die Tiere im Winter selbstverständlich im Stall stehen dürfen – nicht immer 78 Quadratmeter Auslauf pro Kuh vorhanden sein muss, sondern im Winter auch weniger reicht, die Kuh auch an die frische Luft kann in Form eines Laufhofes und eben nur in der Weidesaison auf die Wiese kommt. In Spanien, die Vertreter der Politik sagt, die Deutschen haben die EU-Verordnung jetzt auf niedrigstes Niveau gedrängt.

    Aber nicht nur die Vermarktung biologisch hergestellter Produkte müsse verbessert werden, fordert Heinrich Graf von Bassewitz, es müsse auch mehr geforscht werden.

    Auch bei uns ist technischer Fortschritt durchaus denkbar – ohne dass wir gegen die Prinzipien des biologischen Landbaus verstoßen. Sagen wir mal so, wir fliegen zum Mond und müssen auf Mohrrübenäckern die Kamille noch mit der Hand zupfen, das kann eigentlich nicht sein. Dafür könnte man Maschinen entwickeln. Das wäre ein ganz wichtiger Bereich und der müsste genauso wie die Windkraftindustrie einfach mal angeschoben werden, da müsste der Staat eine Katalysatorfunktion übernehmen, damit da was in Gang kommt, damit ökologischer Landbau effizienter und damit auch preisgünstiger für den Verbraucher zu machen. Das ist ein Bereich, der in der Politik leider bisher immer außen vor gelassen wurde.

    Auch Thomas Dosch von der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft weiß, dass vieles verbessert werden kann – etwa bei der Züchtung von Pflanzen. So sind es zurzeit eher kleine Saatgutbetriebe, die Öko-Saatgut herstellen – also Pflanzen züchten, die auch ohne Einsatz von chemisch-synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gute Erträge bringen und gleichzeitig möglichst schädlingstolerant sind. Aber das reicht ihm nicht.

    Wir setzen auf mittelständische Zuchtfirmen, die wir zum Teil überreden, Pflanzen, die eigentlich unter konventionellen Gesichtspunkten aussortiert werden, mit denen man nicht weiter arbeitet, die dann trotzdem weiter zu verwenden, wenn sie tolle Eigenschaften zeigen für den ökologischen Anbau. Aber da sind wir sehr auf das individuelle Engagement einzelner angewiesen. Das ist also weit weg von jeder professionellen Arbeit, wie es eigentlich sein müsste.

    Aber die Zeiten scheinen sich zu ändern: Öko-Saatgut wird auch für konventionelle Pflanzenzuchtunternehmen lukrativ.

    Sie wollen in Richtung Öko-Saatzucht mehr machen. Aber immer unter Marktgesichtspunkten. Wir leben in einer Marktwirtschaft, das ist nichts schlechtes. Von daher ist wichtig, politisch das Ziel 20 Prozent Öko-Landbau zu formulieren, damit das eben entsprechend ernst genommen wird und die Industrie sich damit auseinandersetzt.

    Mit Schritten wie diesem wird der Bio-Landbau seine Nische verlassen können, glaubt Thomas Dosch. Und je mehr Betriebe ökologisch wirtschaften, desto günstiger wird unter anderem die Logistik der Verteilung

    Das heißt, wir bekommen bessere Preise für die Erzeuger und günstigere Preise für die Verbraucher.

    Steht also der Biolandbau vor rosigen Zeiten? Nicht unbedingt! Bio-Bauern müssen möglicherweise bald eine harte Nuss knacken. Denn sie dürfen keine gentechnisch veränderte Organismen, kurz GVOs genannt, einsetzen. Dies ist zur Zeit noch kein Problem – denn seit Oktober 1998 wurden in der EU keine solchen Pflanzen mehr für die Vermarktung zugelassen. Aber in der EU wird zurzeit an Regeln gefeilt, dieses so genannte ‘de facto-Moratorium’ für gentechnisch veränderte Pflanzen zu beenden – also großflächige Freisetzungen solcher Pflanzen zu ermöglichen. Robert Hermanowski vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Berlin:

    Wir sind sehr skeptisch, was die Koexistenz anbelangt. Auf jeden Fall bedeutet das: Wenn Gentechnikfreisetzungen kommen, dann werden auch Bioprodukte mit gentechnisch veränderten Organismen versetzt werden. Dieses ist unvermeidbar.

    Etwa dort, wo Mais- oder Rapspollen gentechnisch veränderter Pflanzen in die Felder ökologisch wirtschaftender Landwirte und Saatguthersteller wehen und sich dort erfolgreich einkreuzen. Wenn diese Verunreinigung einen Schwellenwert, über den in Brüssel bald entschieden wird, überschreitet, dann müssten die Öko-Bauern ihre Produkte kennzeichnen. Möglicherweise mit wirtschaftlich fatalen Folgen.

    Wenn ein Öko-Landwirt theoretisch ein Prozent GVOs im Produkt hätte, weil es rübergeweht worden ist von seinem Nachbarn, dann müsste er auf dem Öko-Produkt rein theoretisch schreiben ‘hier ist Gentechnik drin’. Und damit ist dieses Produkt de facto unverkäuflich. Und nicht nur, dass dieses Produkt unverkäuflich ist, er hätte einen gigantischen Imageschaden, einen Vertrauensverlust. Wäre also zweifach geschädigt: durch den Nichtverkauf seiner Produkte und durch einen Imageschaden, der fast noch schwerwiegender ist, weil so was langfristig wirkt. Dieses sind ganz klare nachvollziehbare wirtschaftliche Schäden.

    Und Verunreinigungen können unbeabsichtigt und zufällig auf vielfältige Weise erfolgen: etwa beim Anbau, der Ernte, dem Transport, der Lagerung oder der Verarbeitung. Doch besonders das Saatgut für den ökologischen Landbau solle möglichst rein bleiben, fordert Thomas Dosch.

    Wir wehren uns gegen Höchstgrenzen von 0,3, 0,5 und 0,7 Prozent. Denn bei 0,7 muss man sich vorstellen, das sind – wenn ich richtig rechne – 70 Quadratmeter pro Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen. Das passt einfach nicht. Das heißt, das Saatgut ist so ein Urprodukt. Man spricht heute von Saatgut, das ist schon ein ökonomischer Begriff, aber es ist der Samen des Lebens. Und mit dem so umzugehen, und hier in den Anfängen so einzugreifen, da wehren wir uns absolut. Das widerspricht jedem ökologischem Gedanken.

    Aber die Entscheidungen fallen in Brüssel. Etwa über jenen Grenzwert, ab dem Lebensmittel zu kennzeichnen sind, wenn sie Bestandteile von gentechnisch veränderten Pflanzen enthalten. Die EU-Agrarminister schlagen vor, Lebensmittel zu etikettieren, wenn einzelne Bestandteile zu mehr als 0,9 Prozent von solchen Pflanze stammen. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes will hingegen strengere Maßstäbe anlegen: Verunreinigungen sollen bereits ab 0,5 Prozent zu kennzeichnen sein. Folgt das Europäische Parlament am zweiten Juli in zweiter Lesung dem Vorschlag aus seinem Umweltausschuss, dann wird über diesen Grenzwert in einem Vermittlungsausschuss zwischen Rat und Parlament entschieden.

    Strittig ist in Brüssel ebenfalls, ob und wie eine zivilrechtliche Haftung geregelt werden soll. Also die Frage, wer haftet, wenn ein Hersteller von Öko-Saatgut oder ein Bio-Bauer wirtschaftliche Einbußen durch gentechnisch veränderte Pflanzen erleidet. Bereits heute könnte ein Öko-Landwirt seinen Nachbarn nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch verklagen. Das aber sei unzureichend geregelt, meint Robert Hermanowski vom Berliner Forschungsinstitut für Öko-Landbau, denn ...

    ... sie müssen nachweisen, dass exakt dieser eine Landwirt sie geschädigt hat. Es langt also nicht zu sagen, es ist Saatgut verunreinigt im Allgemeinen. Sondern sie müssen nachweisen, dass es dieser Landwirt war. Und das erfordert sehr großen Aufwand. Und was uns noch viel mehr berührt, ist, dass dieses im Grunde genommen, Krieg im ländlichen Raum gibt: Dass also dann der konventionelle Nachbar, mit dem man dann gut zusammenarbeitet, mit dem man vielleicht privat Kontakte hat, mit dem man in der Maschinengemeinschaft zusammenarbeitet, dass man den nachher vor den Kadi zerrt, das halten wir für eine unerträgliche Situation.

    Auch Biobauer Heinrich Graf von Bassewitz sieht den Frieden in den Dörfern in Gefahr.

    Wir hatten das Beispiel eines Bauern mit 200 Hektar. Der hatte sich Gedanken darüber gemacht, was bringt, was kostet ihn Gentechnologie. Und er hatte 200 Hektar, ich glaube, in 40 Teilstücken, und 160 Kilometer Grenzen mit zehn Nachbarn. Und er sagte, ich stehe doch mit jedem meiner zehn Nachbarn nachher mit Rechtsanwalt auf dem Feld und diskutiere die Abstände und ob ich das überhaupt anpflanzen darf. Und stehe in ständigen Rechtsstreiten und wahrscheinlich auch einstweiligen Verfügungen. Und der Vorteil, in dem Fall hatte er ihn berechnet für einen Round-up resistenten Raps, der lag bei ihm irgendwo bei vier oder fünf Euro pro Hektar, und da sagt er: Ich sehe keinen Vorteil für meinen Betrieb darin, GVO-Technologie zu beginnen, weil wahrscheinlich die Kosten höher sind wie der Nutzen.

    Aufgrund solcher Überlegungen kam der ‘Ausschuss für Ökologischen Landbau’ beim Deutschen Bauernverband zu dem Ergebnis, eine Koexistenz sei eigentlich nicht möglich:

    Abet, das ist nicht nur die Meinung unserer Bauern. Man muss einfach mal sehen, dass 70 Prozent der konventionellen Bauern und 70 Prozent der Verbraucher GVO nicht wollen, - gentechnisch veränderte Organismen nicht wollen. Das ist ja eigentlich schon ein gesellschaftlicher Konsens, wenn 70 Prozent der Produzenten und Verbraucher dieses Produkt mit GVO nicht wollen. Und insofern halte ich es auch für schwierig, es umzusetzen.

    Doch wenn das Moratorium aufgehoben wird, dann wollen manche Landwirte auch gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen. Daher wird bereits jetzt über Regelungen zum Schutz des ökologischen Landbaus nachgedacht. Vorgeschlagen wird etwa, exakt zu verzeichnen, wo welche gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden; Abstandsregeln sollten eingehalten werden, um das Einkreuzen möglichst zu minimieren. Diskutiert wird auch, ‘gentechnik-freie Gebiete’ etwa für die ökologische Saatgutproduktion einzurichten. Die Österreicherin Karin Scheele von der Fraktion der sozialdemokratischen Parteien im Europäischen Parlament:

    Hier soll es noch von der Europäischen Kommission noch vor dem Sommer unverbindliche Guidelines geben, das heißt, Vorschläge, was zu tun ist, um so eine Verunreinigung zu vermeiden. Aber, das sind nicht rechtlich verbindliche Regelungen, sondern das sind Vorschläge, wie man die Koexistenz erreichen kann.

    Die Mitgliedsstaaten sollen also selber Regeln für das friedliche Zusammenleben auf den Dörfern festlegen. Das fände Karin Scheele zwar ausreichend, aber ....

    Meine Befürchtung – und ich glaube, da liege ich richtig, ist, dass man zwar sagt, die Mitgliedsländer haben die Kompetenz, das zu regeln. Und wenn dann ein Regelungsvorschlag kommt, zum Beispiel so und so große Sicherheitsabstände zwischen den Feldern, dann wird die Kommission sagen, aber das entspricht nicht dem Gemeinsamen Markt, das sind überzogene Maßnahmen und so kann man das nicht regeln.

    Karin Scheele hingegen will die Mitgliedsstaaten verpflichten, rechtlich bindende Regeln zur Koexistenz aufzustellen. Ob ihr das Parlament Anfang Juli folgen wird, ist zwar noch unklar, aber sie steht nicht allein. Auch die Agrarminister Belgiens, Österreichs und Portugals verlangen mehr als nur unverbindliche Leitlinien. Die Agrarminister Finnlands, Großbritanniens und Irlands, sowie der Niederlande und Spaniens wollen hingegen das de facto-Moratorium zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und zum Verkauf von Lebensmitteln, die solche enthalten, möglichst schnell aufheben – unabhängig von Fragen der friedlichen Koexistenz verschiedener Formen der Landwirtschaft.

    Welche Entscheidungen letztlich auch immer in Brüssel getroffen werden – der Biolandbau wird dennoch weiter wachsen, hofft jedenfalls Thomas Dosch:

    Bei der Frage, GVO-Belastung oder nicht, muss man allerdings auch sagen, dass, was manche behaupten, der Ökolandbau sei tot, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen sich hier durchsetzen, das wird nicht der Fall sein. Es wird immer noch Unterschiede geben: Die Tiere werden artgerecht gehalten, wir setzen keine chemisch-synthetischen Düngemittel ein, das Grundwasser wird durch die ökologische Produktionsweise immer noch besser geschützt und das Klima auch. Also, die ganzen Vorzüge, die der Ökolandbau hat, wird er auch in Zukunft behalten. Und bezüglich der gentechnisch veränderten Pflanzen garantieren wir, dass wir sie nicht einsetzen werden.