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Zukunft des NATO-Bündnisses
Zeitalter der Unwägbarkeiten

Dass die NATO vom neuen US-Präsidenten weniger zu befürchten hat als die EU, davon ist NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg überzeugt. Trumps Regierung wolle den zweigleisigen Ansatz aus Verteidigung und Dialog voll unterstützen. Viel hängt davon ab, wer sich in Trumps Team durchsetzen wird.

Von Kai Küstner |
    Bei einer Vorführung von Nato-Ausrüstung und Munition in Litauen am 8. Februar 2017.
    Bei einer Vorführung von NATO-Ausrüstung und Munition in Litauen am 8. Februar 2017. (dpa / Sputnik / Stanislav Savelyev)
    Es gab eine Phase in den Wochen nach der Trump-Wahl, da wirkten offizielle Äußerungen der NATO fast wie eine Art Selbst-Hypnose: "Ich bin mir absolut sicher, dass die USA zum Bündnis stehen" – diesen Satz sagte Generalsekretär Stoltenberg immer und immer wieder. Als könnten durch dessen pure Wiederholung die bösen Geister des Zweifels vertrieben werden. Nötig geworden war diese Selbstvergewisserung, weil Donald Trump vor dem Ablegen des Amtseids die NATO in historisch einmaliger Weise durchaus in Frage gestellt hatte:
    "Mister Trump hat sehr viel Staub aufgewirbelt."
    Bestätigt der Politikexperte Steven Blockmanns vom Center for European Policy Studies im ARD-Hörfunk-Interview. Aus dessen Sicht sich – auch Dank diverser transatlantischer Telefonate mit Trump selbst und dessen Ministern – der beschriebene Staub ein wenig gelegt hat:
    Zweigleisigen Ansatz unterstützen
    "Ich gehe nicht davon aus, dass die NATO vom Auseinanderbrechen bedroht ist."
    So der Politikexperte. Dass für die Europäer das Trump-Zeitalter aber auch ein Zeitalter der Unwägbarkeiten werden dürfte, bestreitet niemand. Viel hängt davon ab, wer sich in der Regierungsmannschaft letztlich durchsetzt. Zum Beispiel im Umgang mit Russland.
    "Das Signal, das ich in meinen Telefonaten mit Präsident Trump und dem Verteidigungs- und Außenminister bekommen habe, lautete: Dass sie unseren zweigleisigen Ansatz aus Verteidigung und Dialog voll unterstützen."
    Zukunft in Richtung Süden
    Sagt NATO-Generalsekretär Stoltenberg. Davon auszugehen ist jedoch auch, dass sich das Bündnis in Zukunft mehr in Richtung Süden orientiert: Trump könnte darauf dringen, die NATO stärker in den Anti-Terror-Kampf gegen den ‚Islamischen Staat‘ einzubinden. Noch ist zwar überhaupt nicht absehbar, dass sich das Bündnis an Kampf-Einsätzen in Syrien beteiligen könnte. Doch Konfliktpotential gibt es hier auch so schon genug: Gerade die Bundesregierung hatte sich bislang stets dagegen gestemmt, dass die NATO in der Krisenregion zu sehr Flagge zeigt. Und dann ist da noch das große Thema Verteidigungs-Ausgaben:
    "Faire Lastenteilung und höhere Verteidigungsausgaben untermauern die transatlantische Allianz." Betont Generalsekretär Stoltenberg.
    Der im Duett mit Trump den Druck auf die Europäer in den kommenden Monaten aufrechterhalten wird, ihre Budgets weiter zu erhöhen. Zumindest in dieser Hinsicht dürften die US-Partner jetzt schon wissen, wohin die Reise mit Trump geht.
    EU muss sich Sorgen machen
    Nach Ansicht der meisten Experten, und zu denen gehört auch Steven Blockmanns, hat die NATO jedoch insgesamt vom neuen US-Präsidenten weniger zu befürchten als die EU:
    "Trump hat darauf angespielt, dass andere EU-Mitgliedsstaaten gut beraten wären, den Block zu verlassen wie die Briten. Das ist beunruhigend."
    Die Reise in die Zukunft mit Donald Trump ist also gerade für die Europäer auch eine Reise ins Ungewisse. Das gilt vor allem für die EU, aber eben auch für die NATO. Denn wenn man eins beim Militärbündnis nicht schätzt, dann sind es Überraschungen. Und damit muss man bei einem Donald Trump jederzeit rechnen.