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Zukunft für einen traditionellen Lebensraum

Das Weltklima wird durch den tropischen Regenwald maßgeblich beeinflusst. Um den Regenwald zu schützen, gründete eine Unternehmerin aus München die Stiftung Amazonica: Das bedeutendste Waldökosystem der Welt soll gemeinsam mit den dort lebenden Indio-Völkern für die Menschheit bewahrt werden. Um dies zu unterstützen hat sich die Fakultät für Tourismus an der Hochschule München zum Ziel gesetzt, den Waldbewohnern durch Tourismus eine Einnahmequelle zu schaffen.

Von André Vincze | 11.12.2008
    Die neue, vorübergehende Arbeitsstelle von Heike Schilling ist der Regenwald im Amazonasbecken. Die Münchener Tourismusstudentin lässt sich von den schlichten Rahmenbedingungen in dem von Achuar-Indios bewohnten Dorf, Sharmentsa nicht beeindrucken. Sie arbeitet daran, als Grundlage für ihre Diplomarbeit die Möglichkeiten für einen wissenschaftlichen Tourismus auszuloten.

    "Die Aufgabenstellung meiner Diplomarbeit ist die Entwicklung eines Tourismusprojekts in Sharmentsa, um den Achuar eine alternative Einkommensquelle im Wald bieten zu könne, das heißt eine lokale Ökonomie aufzubauen, um der Bevölkerung eine selbst bestimmte Lebensstruktur, finanzielle Unabhängigkeit und somit eine Zukunft in ihrem traditionellen Lebensraum zu ermöglichen."

    Bereits bei ihrem ersten Aufenthalt im März dieses Jahres konnte sie sich
    davon überzeugen, dass der Aufbau der geplanten touristischen Infrastruktur der Wunsch der gesamten Indiogemeinde ist, und dass sowohl das Dorf Sharamentsa als auch der Primärregenwald im Umkreis in ihrer Einzigartigkeit großes touristisches Potential aufweisen.

    " Bei meiner zweiten Ankunft wurde ich mit offenen Armen empfangen. Mir wurde absolutes Vertrauen und eine einzigartige Herzlichkeit entgegengebracht. Am meisten beeindruckten mich das Engagement der gesamten Gemeinde und die Bereitschaft mit anzupacken und etwas zu bewegen. Somit konnten wir innerhalb kürzester Zeit u.a. ein Konzept für Themenpfade entwickeln, das heißt Wanderwege unterschiedlichster Schwierigkeitsstufen von bis sieben Stunden durch den umliegenden Primärwald anlegen. "

    Im Rahmen dieses wissenschaftlichen Tourismus können künftige Besucher der Amazonica-Akademie im ecuadorianischen Regenwald zu einer Fotosafari, einer Stippvisite bei Affenherden oder den Fundstellen seltener Medizinpflanzen aufbrechen.

    "Der wissenschaftliche Tourismus ist ein Angebot an Diplomanden, Doktoranden und andere an der Forschung interessierte Personen, im Umfeld eines intakten Primärwaldes zu recherchieren und arbeiten. Die Form des Tourismus ermöglicht es den Achuar, den Gästen der Akademie bei ihren Forschungsvorhaben als Partner zur Seite zu stehen. Der Aufbau einer Forschungsstation inklusive Bibliothek erleichtert der Bevölkerung den Zugang zu Büchern, Forschungsmaterialien und künftig auch ins Internet und eröffnet somit neue Bildungsteilhabe durch den aktiven Austausch zwischen Forschern und Gastgebern."

    Die Träger des neuartigen Projekts sind die ecuadorianische Universität Cuenca, die Hochschule München und die Stiftung Amazonica, die von der Münchner Unternehmerin Mascha Kauka gegründet wurde. Sie möchte mit ihrer Stiftung zum Erhalt des Regenwaldes beitragen.

    "Die Indianer wollen im Wald bleiben, das sind Menschen, die nicht raus wollen, wenn sie aus Not nicht müssen, deswegen wollen wir sie so ausbilden, dass sie als Waldhüter in ihrem eigenen Wald funktionieren können, und das können sie nur, wenn sie eine Zukunft im Wald haben, wenn sie dort arbeiten können, leben können, auch Einkommen haben, denn natürlich Medikamente kosten Geld, Schulausbildung kostet Geld, also wir wollen die Indio-Völker so stärken, dass sie dann wieder für uns die Funktion der Waldhüter übernehmen, und die Studenten, die reinkommen sollen, eben auch Multiplikatoreffekt pro Regenwald, denn im Endeffekt ist das Amazonasgebiet das letzte große Waldökosystem, das wir als Menschheit haben, das wird jeden Tag weniger, und wir müssen uns wirklich schicken, um möglichst bald Wege zu finden, um den Rest für uns alle zu erhalten."

    Die Infrastruktur für die Akademie wurde bereits geschaffen: Ackerbau und Kleintierhaltung sichern die Verpflegung der Hochschulgemeinschaft. Der erste Kurs ist ein Seminar für künftige Führungskräfte. Teilnehmer sind die Mitglieder zweier Stämme aus der Amazonasregion, die sich dafür interessieren, in ihrer Gemeinde künftig verantwortliche Positionen zu übernehmen. Sie können sich später politisch oder auch wirtschaftlich für das Gemeinwohl engagieren und sollen dafür an der Urwaldakademie entsprechend vorbereitet werden.