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Zukunft statt Kohle

Im zweiten Teil des Klimapaketes, das das Bundeskabinett beschlossen hat, stehen unter anderem Regelungen für die Häusersanierung im Mittelpunkt. Den Umwelt- und Naturschutzverbänden gehen die Beschlüsse und Pläne zum Klimaschutz nicht weit genug: Sie wollen mehr.

Von Dorothea Jung | 18.06.2008
    Den Umweltverbänden zufolge muss sich vor allem eines ändern: Es dürfen keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden. Nach Auffassung von Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe ist dieser Aspekt von der Bundesregierung schlicht unter den Teppich gekehrt worden. Das habe erhebliche Auswirkungen auf den Klimaschutz:

    "Sie können noch so große Anstrengungen unternehmen, in allen Bereichen; wenn Sie gleichzeitig eine neue Generation Kohlekraftwerke bauen, dann ist Klimaschutz nicht möglich. Weil allein die Energiewirtschaft und die fossilen Kraftwerke fast die Hälfte der CO2-Emissionen in Deutschland ausmachen, und wenn Sie da weiter machen wie bisher, dann können Sie alles andere vergessen."

    Der Bau von Kohlekraftwerken ist nach Meinung der Umweltschützer ein klimapolitischer Irrweg. Um diesen Standpunkt der Bundesregierung plastisch vor Augen zu führen, haben sie ihn heute Vormittag vor dem Kanzleramt gestalterisch umgesetzt: Dort ist eine kleine Straße entstanden, die rechts und links von Kohlesäcken umstellt ist und am Ende in einer Wand aus Kohlesäcken mündet. "Wir haben hier eine klimapolitische Sackgasse inszeniert," erklärt Christoph Bautz vom Verein Campact, einem politischen Netzwerk, das Online-Kampagnen organisiert:

    ""In den Säcken sind dreieinhalb Tonnen Kohle , eine Sackgasse aus Kohle! Und wir warnen die Regierung, dass sie sich nicht in eine klimapolitische Sackgasse manövrieren soll mit dem Klimaschutzpaket. Es reicht nicht, was da drin steht. Sondern, der Hauptemittent Kohlekraftwerke - wo zwanzig gebaut werden sollen - die müssen gestoppt werden. "

    Unter den Augen von berittener Polizei wird ein Transparent enthüllt mit der Aufschrift "Zukunft statt Kohle". Die Buchstaben auf diesem Transparent sind aus den Unterschriften von mehr als 10.000 Unterzeichnern eines Appells zum Stop von Kohlekraftwerken gebildet. Aber die Umweltverbände haben darüber hinaus weitere Kritik an dem Klimapaket, das heute im Kabinett beraten wurde. Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe moniert, dass immer noch keine Kfz-Steuerreform verabschiedet wurde:
    "Die Verschiebung der Umstrukturierung der Kfz-Steuer von Hubraum auf CO2-Basierung ist natürlich ein Desaster. Das Muster, was wir sehen, ist: Überall, wo es starke Lobbys gibt, ist die Bundesregierung zurückgeschreckt vor einer Lösung, und nun wird gerade dieses Problem, das wir seit Jahren diskutieren, wieder auf die lange Bank geschoben."

    Auch die Verbesserung der Gebäudedämmung im Neu- und Altbau halten die Umweltschützer nicht für ausreichend. Die Vorschriften bezögen sich nicht auf den gesamten Gebäudebestand. Bei Altbauten hätten Hausbesitzer zu viele Ausnahmemöglichkeiten:

    "Es werden aber nur pro Jahr ein bis zwei Prozent der Häuser erneuert mit neuen Gebäuden, sodass man wirklich an die Altbestände heran muss und da hat man das Programm sehr, sehr entschärft, unter dem Einfluss der Immobilien und Hausbesitzerlobbys."

    Außerdem sei das Recht der Mieter, die Heizkosten zu kürzen, wenn der Hauswirt keine Gebäudedämmung vornimmt, nicht ausreichend gestärkt worden.

    Die Neugestaltung der LKW-Maut - ein weiterer Bestandteil des Klimapaketes, wird von den Umweltschützern im Prinzip begrüßt. Allerdings bemängeln sie, dass die Mehreinnahmen gleich wieder in den Haushalt des Verkehrsministeriums fließen und dort für den Straßenbau vorgesehen sind:

    "Es ist ein alter Spruch, dass wer Straßen baut, Verkehr ernten wird, "

    meint Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe. Insgesamt aber sei es dem Aktionsbündnis "Zukunft statt Kohle" wichtig, dass die Politik eine effiziente Nutzung fossiler Brennstoffe gesetzlich vorschreibt. Das hieße: es würden nur noch Kraftwerke gebaut, die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen - und es würden keine Kohlekraftwerke mehr neu gebaut werden, über die hinaus, die bereits im Bau sind. Denn mit Kohlekraftwerken sei eine hocheffiziente Kraft - Wärme-Koppelung nicht möglich.