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Zukunftsplanung
Erste deutsch-türkische Ausbildungsmesse

Viele türkischstämmige Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder studieren. In der Türkei gibt es keine duale Ausbildung. Daher ist sie den Eltern nicht bekannt. Um diese Wissenslücken zu schließen, haben das Türkische Generalkonsulat und seine Kooperationspartner in Berlin die erste türkisch-deutsche Ausbildungsmesse organisiert.

Von Kemal Hür |
    Stellenangebote auf Zetteln stecken in einer Wandtafel mit der Überschrift "Ausbildungsangebote" am Donnerstag (12.04.2012) in Berlin im Berufsinformationszentrum (BIZ) der Agentur für Arbeit im Arbeitsamt Mitte in der Friedrichstraße.
    In Berlin und Brandenburg sind aktuell 7.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene )
    "Hi!" – "Ja, hallo. Ich würd mich hier gerne bewerben als Polizist." – "Welche Schulbildung bringst du mit?" – "Ich hab jetzt meine Hauptschulreife."
    Der Schüler heißt Abdullah Yalmanbaş und ist 16 Jahre alt. Er wird nächsten Monat die 10. Klasse abschließen, hat aber noch keinen Ausbildungsplatz in Aussicht. An eine Laufbahn als Polizist hatte er gar nicht gedacht, sagt er, bis er auf der deutsch-türkischen Ausbildungsmesse den Infostand der Berliner Polizei gesehen hat.
    "Ich hab mich heute dafür interessiert und mich mal informiert, wie es so ist. Und ich würd's eigentlich machen. Mein Vater hat mir den Industriemechaniker vorgeschlagen, ob ich das machen würde. Dann dachte ich mir, warum nicht. Habe ich auch ein paar Bewerbungen geschickt und kamen leider nur Absagen."
    Abdullah ist mit seinem Vater auf die Messe gekommen. Im Veranstaltungshaus der türkischen Botschaft und des türkischen Generalkonsulats stellen sich 35 Unternehmen vor. Das Angebot ist ein Querschnitt aus industriellen, kaufmännischen und handwerklichen Berufen: Banken, Versicherungen, Hotels, Steuerberater, Bäcker, Baufirmen sowie die Bundesagentur, Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer sind vertreten.
    Die meisten haben auch türkischsprachige Mitarbeiter, die vor allem die Eltern in der Muttersprache ansprechen. Abdullahs Vater braucht keine Übersetzung. Murat Yalmanbaş ist selbst Industriemechaniker. Dass sein Sohn sich für die Polizei interessiert, freut ihn, aber begeistert ist er davon nicht.
    "Ich find's erst einmal gut. Er sollte mehrere Punkte sich aussuchen und davon das Beste für sich aussuchen, was er später mal werden will. Aber als Vater wollen wir natürlich, dass er auf die Universität geht und irgendwas studiert, was er will."
    Eine besondere Messe
    Eltern, die ihre Kinder begleiten - wie auf jeder Ausbildungsmesse. Diese aber ist eine besondere: Die erste deutsch-türkische, die in Berlin stattfindet. Es gibt immer noch viele Unternehmen, die Bewerber mit türkischem Namen nicht zum Vorstellungsgespräch einladen, belegen Studien. Das bestätigt auch die Handwerkskammer Berlin.
    Hinzu kommt, dass türkischstämmige Eltern nicht nur wenige Berufe kennen und meistens wollen, dass ihre Kinder studieren. Der türkische Generalkonsul in Berlin kennt diese Haltung. Auch deswegen entwickelte er die Idee, eine deutsch-türkische Ausbildungsmesse für Schüler, Eltern und Unternehmen zu organisieren. In der Türkei gibt es keine duale Ausbildung. Daher ist sie den türkeistämmigen Eltern nicht bekannt, sagt Ahmet Başar Şen.
    "Sie haben es hier nicht gemerkt, dass es hier eine solche Möglichkeit gibt, und sie haben das nicht in Anspruch genommen, oder sehr wenig in Anspruch genommen. Und ich habe auch gemerkt, dass die Schulen oder andere Informationsquellen für unsere Jugendliche sie nicht genügend in dieser Sache informiert haben. Deshalb wollte ich so eine Initiative ergreifen."
    "Ich heiße Selin Arslan und besuche die Schule Marie-Curie." - "Ich bin Nil. Ich gehe auch auf die Marie-Curie. Also Anwalt zum Beispiel interessiert mich. Deshalb mache ich das auch als Praktikum." - "Ich bin Süel. Ich gehe in die 10. Klasse. Ich möchte erst einmal Abitur machen und dann mal gucken. Ich habe noch keine festen Vorstellungen."
    Informieren für die eigene Zukunft
    700 Schülerinnen und Schüler sowie Eltern besuchen die erste deutsch-türkische Ausbildungsmesse. Ein Erfolg, sagen die Organisatoren und planen, die Messe regelmäßig durchzuführen.
    Viele Schüler haben sich hier an Ort und Stelle informiert. Andere haben sich direkt beworben, so wie Burak am Infostand der Berliner Verkehrsbetriebe, BVG, für den Beruf Systemelektroniker.
    "Ich möchte auf jeden Fall in den IT-Bereich. Und die BVG bietet mir echt gute Möglichkeiten jetzt momentan an, was auch meinem Abschluss entspricht. Bin ich auf jeden Fall dabei, denke ich mal."