Konzentriert ist Ivan Martin bei der Arbeit. Eine Plombe muss er einpassen. Für den erfahrenen Zahnarzt ein Routine-Eingriff. Seine Praxis hat er im böhmischen Sokolov, einer 25.000-Einwohner-Stadt ganz in der Nähe des Kurortes Karlsbad. Ivan Martin behandelt ein kleines Mädchen aus dem Ort. Auf dem Hocker im Sprechzimmer sitzt die Mutter und hält der jungen Patientin die Hand.
"Meine Tochter hatte furchtbare Zahnschmerzen, erzählt sie. Eigentlich sollten wir ja zwei Monate auf den Termin warten, aber das geht bei diesen Schmerzen natürlich nicht. Ein anderer Zahnarzt wollte gleich den ganzen Zahn ziehen. Zum Glück sind wir hier in der Praxis gelandet. Einen guten Arzt zu finden ist nämlich gar nicht so leicht."
Von ähnlichen Sorgen sind viele Tschechen getrieben. Im Land gibt es zu wenige Zahnärzte. Was das für die Patienten bedeutet, zeigt das Beispiel der kleinen Praxis in Sokolov: Ivan Martin, der die Praxis kurz nach der Wende aufgebaut hat, ist heute gemeinsam mit seinem Sohn für 4.000 Patienten zuständig, die sie als Stammkunden in ihrer Kartei führen. Das ist eine Besonderheit des tschechischen Gesundheits-Systems: Wer sich behandeln lassen will, muss sich zunächst einmal einen Zahnarzt suchen, der noch Kapazitäten frei hat.
"Ich habe eigentlich gute Erfahrungen mit dem Zahnarzt gemacht, was aber daran liegt, dass ich schon sehr lange den gleichen Arzt habe, sagt eine junge Frau. Aber bei Freunden kriege ich häufig mit, dass sie einfach niemanden finden, der sie behandeln kann. Die Wartelisten sind lang und die Zahnärzte nehmen keine neuen Patienten auf. Manche müssen sogar darum bitten, dass auch Familienmitglieder zur Sprechstunde mitkommen dürfen."
Eine Verbesserung der Situation ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Die tschechische Zahnärztekammer geht von einer weiteren Zuspitzung aus, weil die meisten ihrer Mitglieder in den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen werden. Besonders hart dürfte das die Patienten treffen, die nahe an der deutschen Grenze wohnen. Viele der dortigen Zahnärzte orientieren sich derzeit in Richtung Westen. Auch die kleine Praxis in Sokolov wirbt gezielt um Patienten aus Deutschland. Für die einheimischen Kunden bleibe damit weniger Zeit, räumt Ivan Martin ein – gedrängt werde er von den niedrigen Honoraren in Tschechien.
"Wenn ich eine komplette Prothese einbaue, verdiene ich gerade einmal 1.000 Kronen, das sind etwa 35 Euro. Anders gesagt: Wir kriegen von der Versicherung so viel Geld, wie die Abnutzung unserer Geräte kostet. Da brauchen wir gar nicht drum herum zu reden, unsere Arbeit wird nicht bezahlt."
Besser schneidet Ivan Martin ab, wenn er deutsche Patienten behandelt. Vor allem für aufwendige kosmetische Eingriffe kommen die in seine Praxis. Das hat mit einer Regelung der deutschen Krankenkassen zu tun: Für einen Arztbesuch in der Europäischen Union müssen die Versicherungen den gleichen Betrag erstatten, den sie für die Behandlung in Deutschland bezahlen würden. Wenn die Gesamtrechnung in Tschechien also niedriger ausfällt – und das tut sie in den meisten Fällen - müssen deutsche Patienten weniger zuzahlen. Dabei geht es um viel Geld, erzählt eine Kundin, die von München aus nach Sokolov gefahren ist.
"Ich brauche zwei Kronen und ein Inlay. Bei meinem Zahnarzt würde ich 2.000 Euro zahlen und hier zahle ich 500. Ich denke, das ist schon eine Überlegung wert."
Der Standard in Tschechien, das beteuern die Zahnärzte, sei inzwischen so hoch wie auch im Westen Europas. Viele rechtfertigen damit die Aufnahme von deutschen Patienten: Allein mit der Behandlung von tschechischen Kunden, so klagen die Zahnärzte öffentlichkeitswirksam, seien die modernen Gerätschaften kaum zu finanzieren. Trotz der finanziellen Vorteile möchte Ivan Martin aus Sokolov aber nicht komplett auf die ausländische Klientel setzen. Immerhin sei er ein tschechischer Zahnarzt, sagt er – und fügt hinzu, dass er aber von den ausländischen Patienten schon viel gelernt habe.
"Als die ersten Deutschen kamen, habe ich sie erstmal eine halbe Stunde lang über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informieren müssen. Das gab es im Kommunismus natürlich nicht, da haben die Patienten einfach den Mund aufgemacht und der Arzt hat seine Arbeit so erledigt, wie er es für richtig hielt. Inzwischen stellen auch die tschechischen Patienten viele Fragen und ich gehe mit ihnen deshalb so um, wie ich es von den Deutschen kenne. Die Tschechen profitieren also von den anderen Patienten – allein schon aus psychologischer Sicht."
"Meine Tochter hatte furchtbare Zahnschmerzen, erzählt sie. Eigentlich sollten wir ja zwei Monate auf den Termin warten, aber das geht bei diesen Schmerzen natürlich nicht. Ein anderer Zahnarzt wollte gleich den ganzen Zahn ziehen. Zum Glück sind wir hier in der Praxis gelandet. Einen guten Arzt zu finden ist nämlich gar nicht so leicht."
Von ähnlichen Sorgen sind viele Tschechen getrieben. Im Land gibt es zu wenige Zahnärzte. Was das für die Patienten bedeutet, zeigt das Beispiel der kleinen Praxis in Sokolov: Ivan Martin, der die Praxis kurz nach der Wende aufgebaut hat, ist heute gemeinsam mit seinem Sohn für 4.000 Patienten zuständig, die sie als Stammkunden in ihrer Kartei führen. Das ist eine Besonderheit des tschechischen Gesundheits-Systems: Wer sich behandeln lassen will, muss sich zunächst einmal einen Zahnarzt suchen, der noch Kapazitäten frei hat.
"Ich habe eigentlich gute Erfahrungen mit dem Zahnarzt gemacht, was aber daran liegt, dass ich schon sehr lange den gleichen Arzt habe, sagt eine junge Frau. Aber bei Freunden kriege ich häufig mit, dass sie einfach niemanden finden, der sie behandeln kann. Die Wartelisten sind lang und die Zahnärzte nehmen keine neuen Patienten auf. Manche müssen sogar darum bitten, dass auch Familienmitglieder zur Sprechstunde mitkommen dürfen."
Eine Verbesserung der Situation ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Die tschechische Zahnärztekammer geht von einer weiteren Zuspitzung aus, weil die meisten ihrer Mitglieder in den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen werden. Besonders hart dürfte das die Patienten treffen, die nahe an der deutschen Grenze wohnen. Viele der dortigen Zahnärzte orientieren sich derzeit in Richtung Westen. Auch die kleine Praxis in Sokolov wirbt gezielt um Patienten aus Deutschland. Für die einheimischen Kunden bleibe damit weniger Zeit, räumt Ivan Martin ein – gedrängt werde er von den niedrigen Honoraren in Tschechien.
"Wenn ich eine komplette Prothese einbaue, verdiene ich gerade einmal 1.000 Kronen, das sind etwa 35 Euro. Anders gesagt: Wir kriegen von der Versicherung so viel Geld, wie die Abnutzung unserer Geräte kostet. Da brauchen wir gar nicht drum herum zu reden, unsere Arbeit wird nicht bezahlt."
Besser schneidet Ivan Martin ab, wenn er deutsche Patienten behandelt. Vor allem für aufwendige kosmetische Eingriffe kommen die in seine Praxis. Das hat mit einer Regelung der deutschen Krankenkassen zu tun: Für einen Arztbesuch in der Europäischen Union müssen die Versicherungen den gleichen Betrag erstatten, den sie für die Behandlung in Deutschland bezahlen würden. Wenn die Gesamtrechnung in Tschechien also niedriger ausfällt – und das tut sie in den meisten Fällen - müssen deutsche Patienten weniger zuzahlen. Dabei geht es um viel Geld, erzählt eine Kundin, die von München aus nach Sokolov gefahren ist.
"Ich brauche zwei Kronen und ein Inlay. Bei meinem Zahnarzt würde ich 2.000 Euro zahlen und hier zahle ich 500. Ich denke, das ist schon eine Überlegung wert."
Der Standard in Tschechien, das beteuern die Zahnärzte, sei inzwischen so hoch wie auch im Westen Europas. Viele rechtfertigen damit die Aufnahme von deutschen Patienten: Allein mit der Behandlung von tschechischen Kunden, so klagen die Zahnärzte öffentlichkeitswirksam, seien die modernen Gerätschaften kaum zu finanzieren. Trotz der finanziellen Vorteile möchte Ivan Martin aus Sokolov aber nicht komplett auf die ausländische Klientel setzen. Immerhin sei er ein tschechischer Zahnarzt, sagt er – und fügt hinzu, dass er aber von den ausländischen Patienten schon viel gelernt habe.
"Als die ersten Deutschen kamen, habe ich sie erstmal eine halbe Stunde lang über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informieren müssen. Das gab es im Kommunismus natürlich nicht, da haben die Patienten einfach den Mund aufgemacht und der Arzt hat seine Arbeit so erledigt, wie er es für richtig hielt. Inzwischen stellen auch die tschechischen Patienten viele Fragen und ich gehe mit ihnen deshalb so um, wie ich es von den Deutschen kenne. Die Tschechen profitieren also von den anderen Patienten – allein schon aus psychologischer Sicht."