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Zum Ende des Züricher Ammann-Verlages

Der hoch angesehene Züricher Ammann Verlag gibt auf. Im kommenden Jahr, und zwar am 30. Juni 2010, wird er seine Arbeit einstellen. Das teilte das Verleger-Ehepaar Egon Ammann und Marie-Luise Flammersfeld selbst mit.

Von Hajo Steinert |
    "Die Gründe für diesen Entschluss liegen im fortgeschrittenen Alter der Verleger und in einer Marktsituation, die für Literatur zunehmend schwieriger wird", gibt Egon Ammann bekannt. Der Ammann-Verlag wurde im Jahre 1981 gegründet. Ein von kommerziell Erwägungen so weit wie es geht unbeeinflusstes Unternehmen.

    Mit seiner Leidenschaft für gute Literatur steht der Verleger Egon Ammann durchaus in der Tradition eines Peter Suhrkamp, Samuel Fischer oder Heinrich Maria Ledig-Rowohlt. Die Erfolgsgeschichte des Ammann-Verlages wurde auch von seinen von ihm entdeckten Autorinnen und Autoren geschrieben. Thorsten Becker debütierte hier mit seinem sowohl in der Kritik als auch beim Publikum überaus erfolgreichen Roman "Die Bürgschaft", Ulrich Peltzer, noch heute einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren, vertraute dem Verlag seine Manuskripte an. Julia Franck, Trägerin des Deutschen Buchpreis 2007, veröffentlichte 1997 hier ihren ersten Roman.

    Es war der Ammann Verlag, der überdies einen Autor wie Eric-Emanuel Schmitt zum Bestseller-Autor machte. Es war der Ammann-Verlag, der jüngst das Erinnerungsbuch von Max Frischs Tochter Ursula Priess herausgab. Und zu einer Zeit, da kaum ein anderer Verlag jüngere, noch unbekannte Autoren aus Osteuropa übersetzen ließ, war es der Ammann-Verlag, der den Ungarn Laszlo Krasznahorkai deutschsprachigen Lesern bekannt machte. Nur einige Namen von zahlreichen Autoren, die dem Ammann-Verlag ein Leben lang dankbar sein werden.

    Der Verlag steht aber nicht nur für die Entdeckung junger deutschsprachiger und europäischer Autoren, sondern für großartige Übersetzungen und Neuübersetzungen von Werken der Weltliteratur. Für Swetlana Geiers geniale Neuübersetzungen der wichtigsten Werke Dostojewskis, die Übersetzungen der Lyrik eines Ossip Mandelstam von Ralph Dutli, die Gesamtausgabe der Gedichte eines Fernando Pessoa, die Gesamtausgabe von Antonio Machado. Das Ende des Ammann-Verlages wird ein tiefes Loch in die deutschsprachige Verlagslandschaft reißen. Kritiker, Buchhändler, Leser werden den Verlag schmerzlich vermissen.

    Dass Egon Ammann aus persönlichen Gründen - sein Alter - aufgibt, müssen wir akzeptieren. Wenngleich uns die Frage auf den Lippen liegt, warum kein Nachfolger gesucht oder gefunden wurde. Dass indes Egon Ammann und seine Frau in dem noch verbleibenden Jahr bis zum Schluss alles daran setzen werden, bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber ihren Autorinnen und Autoren und den knapp zehn fest angestellten Verlagsmitarbeitern behilflich zu sein - davon gehen wir aus.

    Eine besondere Rolle wird dabei Monika Schoeller zukommen. Die Holtzbrink-Erbin ist seit Anfang der neunziger Jahre stille Mehrheitsgesellschafterin bei Ammann. Vor allem aber ist Monika Schoeller Verlegerin des S. Fischer-Verlages. Hier sind, ganz naheliegend, auch viele Taschenbauchausgaben aus dem Hause Ammann erschienen. Auf Monika Schoeller und den S. Fischer Verlag liegen die Augen, wenn es ab heute darum geht, für den einen oder anderen Amman-Autor einen neuen Verlag zu finden. Es gehört zur Härte auch des Literaturbetriebs, dass Autoren, die ihren Verlag verlieren, sich auf dem Markt herumtummeln müssen, um eine neue Verlagsheimat zu finden.

    Was der Fall Amman vor allem aber deutlich macht, ist, dass die Wirtschaftskrise ihre Spuren auch im literarischen Leben hinterlässt. Kleinere, indes ebenso wie Ammann um leicht verkäufliche Zeitgeistprodukte selbstbewusst einen Bogen machende Verlage wie der Verlag Urs Engeler Editor oder der Lyrik-Verlag "kookbooks" mussten schon aufgeben oder stehen, falls nicht noch ein Wunder geschieht, kurz vor der Aufgabe. Gerade solche Verlage wie Ammann, Urs Engeler Editor oder Kookbooks sind es, die für das Niveau unseres literarischen Lebens unverzichtbar sind.