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Zum Schutz der Berge

Zum Schutz der Region haben die Umweltminister aller Alpenstaaten die Alpenkonferenz ins Leben gerufen. Die Sorgen in der Welt der Berge sind überall die gleichen - verursacht durch Verkehr, Tourismus und eine unsachgemäße Bewirtschaftung. So ging es bei einer Tagung der Alpenkonferenz im italienischen Bozen denn auch um die internationale Zusammenarbeit zum Beispiel mit Regionen im Altai-Gebirge.

Von Susanne Lettenbauer | 06.04.2006
    Amanbokter ist ein kleines Dorf im Almatinskaya Oblast von Kasachstan an den Ausläufern des Altai-Gebirges. Ein Bus kommt hier pro Tag an dem sandigen Zentralplatz vorbei, die Menschen leben von dem, was von der sowjetischen Kolchose übrig blieb, ein typischer Ort für die zentralasiatische Bergwelt. Doch seit im vergangenen November eine kleine Delegation aus dem Südtiroler Naturns zu Gast war - im Rahmen der ersten Tagung internationaler Bergregionen in Bishkek - ist Amanbokter eine von drei Vorzeigegemeinden, wenn es um internationale Bergpartnerschaften geht. Naturns hat etwa die gleiche Einwohnerzahl wie seine Partnergemeinde im Altaigebirge, ansonsten könnte der Unterschied von hochgerüsteten Apfelfabrikplantagen auf der einen und maroden Landwirtschaftsgebäuden auf der anderen Seite nicht größer sein, so der Eindruck bei der heute zu Ende gegangenen Tagung in Bozen. Geladen waren Vertreter aus den Karpaten, aus dem Kaukasus und dem Altai-Gebirge.

    So nutzte Ishenbek Musahodjeav, Präsident des zentralasiatischen Gemeindenetzwerks AGOCA aus Bishkek in Kirgistan seinen erstmaligen Besuch beim Ständigen Ausschuss der Alpenkonvention ausführlich, um das Vorurteil , es gäbe keine Gemeinsamkeiten, zu widerlegen. AGOCA, der Zusammenschluss von 20 Gemeinden aus Tajikistan, Kirgistan und Kasachstan, steht vor denselben Problemen wie die Alpenregion: die Suche nach alternativen Energiequellen aus Wasser und Sonne, der Umgang mit der Umweltverschmutzung, der Vertrieb regionaler Nahrungsmittel, der Trend zur Landflucht und Verödung ganzer Bergregionen.

    "Seid wir unsere Allianz der Zentralasiatischen Bergkommunen gestartet haben, versuchen wir, mit anderen Bergregionen zu kooperieren, vor allem mit den Alpenanrainerstaaten, weil sie schlicht und einfach die ersten waren, die uns in Bishkek vorgestellt wurden. Die Kontakte sind jetzt vorhanden, wir versuchen sie über diese großen Entfernungen zu halten und unsere Erfahrungen auszutauschen."

    Mit ersten Projekten sind Vertreter von Schweizer Unternehmen im Altaigebirge vor Ort. Sie geben Weiterbildungskurse im Bereich Energieeffizienz am Bau, bilden Spezialisten und Handwerker in Isolationstechnologien aus. Die Partnerschaften erschöpfen sich natürlich nicht nur in wirtschaftlichen Hilfsprojekten, betonte Ruggero Schleicher-Tappeser, der geschäftsführende Generalsekretär der Alpenkonvention in Innsbruck:

    "Die Zusammenarbeit ist auf verschiedenen Ebenen. Es gibt auf der einen Seite, und das ist unterschiedlich in den verschiedenen Gegenden, die Bestrebungen, da gemeinsame Organisationen zu schaffen. Dann haben wir an verschiedenen Orten in unterschiedlichen Stadien die Bildung dieser Gemeindeallianzen. Dann gibt es Projekte der Zusammenarbeit bei der Bildung von Korridoren und Netzwerken bei Schutzgebieten. Das sind bis jetzt die wichtigsten Aktivitäten."

    Doch Ruggero Schleicher-Tappeser musste die Hoffnungen seines zentralasiatischen Kollegen auf finanzielle und logistische Unterstützung eher dämpfen. Internationale Bergpartnerschaften seien eine langfristige Aufgabe, und die Alpenkonvention kann und will bei den gravierenden eigenen Umweltproblemen nur Hilfe zur Selbsthilfe geben:

    "Wir haben nicht sehr viele Ressourcen da reinzustecken. Was wir versuchen, ist den Austausch zwischen den verschiedenen lokalen Netzwerken aufrechtzuerhalten. Es gibt die verschiedenen Mitgliedstaaten in der Alpenkonvention, die hier auch Aktivitäten in diesen Ländern finanzieren."

    Die zentralasiatische Delegation ließ sich auf dem Bozener Treffen vor allem in administrativen Fragen beraten. Ähnlich der europäischen Alpenkonvention, unterzeichnet von den acht Anrainerstaaten, existiert mittlerweile auch eine Kaukasuskonvention, 2003 in Kiew unterzeichnet. Doch von einer Umsetzung ist man noch weiter entfernt als die ebenfalls im Aufbau befindliche Karpatenkonvention mit vorläufigem Sitz in Wien. So wird der Aufbau partnerschaftlicher Beziehungen auf regionaler Ebene in kleinen Schritten vorangetrieben. Für Ishenbek Musahodjeav ist bereits die heutige Fahrt zur Partnergemeinde Naturns in Südtirol ein wichtiges Ergebnis der Bozener Tagung für Internationale Bergpartnerschaften.