Novy: Was hat er in der Renaissance besonders gesehen? Wir verstehen sie als Epoche, die den Menschen und die Gesetze der Natur in den Mittelpunkt stellt und dadurch ein rationales Weltverständnis ermöglicht. Gleichzeitig hörte ja damals und niemals auf, diese Unterströmungen des Irrationalismus. Was hat das für ihn bedeutet?
Vattimo: Diese Gegensetzung von Moderne und Mittelalter war auch für Garin ein so starkes Schema, das er diskutiert hat. Er hat eine Art Kontinuität zwischen spätem Mittelalter und früher Moderne gefunden, zum Beispiel in der Geschichte der neuen Wissenschaft, die so viel mit der Magie des späten Mittelalters zu tun hat. Er hat auch da eine Art Kontinuität gefunden, um die zu abstrakten Schemata der Geschichte der Philosophie zu verändern.
Novy: Wie war seine politische Orientierung? Es heißt ja, er hat das Erbe von Antonio Gramsci fortgeführt, also eine kommunistischen Intellektuellen, für den Fragen wie Öffentlichkeit oder vergleichende Sprachwissenschaft oder kulturelle Massenphänomene wichtig waren. Hatte er mit Gramsci etwas zu schaffen?
Vattimo: Ja, natürlich, denn Gramsci war auch ein Philosoph, der mit der italienischen Philosophie von Benedetto Croce und Giovanni Gentile viel zu tun hatte. Gentile war eine Art Heidegger in Italien unter dem politischen Gesichtspunkt, denn er war Faschist, viel mehr als Heidegger ein Nazi war. Nach dem Krieg war Gentile eine Art Tabu und niemand las mehr Gentile. Und Garin war ein Mann der Linken, ein Linksintellektueller, er war nach dem Krieg einer dieser Intellektuellen, die nicht explizit Kommunisten waren, aber sie wollten die Transformation Italiens unter einem sozialistischen Standpunkt begleiten und vorbereiten. Deswegen hat Gramsci die Lehre wieder aufgenommen, zum Beispiel die Idee, in der italienischen Tradition gab es eine Orientierung der Modernisierung, die früher aus Machiavelli und dem Humanismus kam, die sollte wieder gelebt werden, um eine Art spezifisch italienische modernisierende und auch sozialistische Revolution vorzubereiten.