Freitag, 29. März 2024

Archiv

Zum Tod von Schlagzeuger Neil Peart
Gigant, Professor, Legende

Neil Peart galt als einer der besten Rock-Schlagzeuger seiner Zeit. Doch er schrieb auch die Songtexte für seine Band Rush. Am 7. Januar erlag Neil Peart einem Krebsleiden. Fabian Elsäßer würdigte ihn in Corso als vielseitigen Schlagzeuger, der sich immer weiter entwickeln wollte.

Bernd Lechler im Kollegengespräch mit Fabian Elsäßer | 11.01.2020
Ein Mann mit Kopftuch sitzt an einem Schlagzeug.
Das Pokerface war eines seiner Markenzeichen - Neil Peart, Schlagzeuger von Rush, hinter seiner Schlagzeug-Burg (imago / Erik Kabik Photography /MediaPunch)
Mit Rush verkaufte Neil Peart nach Angaben der Plattenfirma Warner mindestens 35 Millionen Platten weltweit, obwohl die Band nie echte Hitsingles hatte. Doch ihre treue Fangemeinde, die bei den Auftritten mitunter sogar Instrumentals Note für Note mitsingen konnte, füllte über Jahrzehnte hinweg die größten Konzerthallen.
Eine freundliche Seele
Pearts Tod wurde von namhaften Rockmusikern mit großer Bestürzung kommentiert. Foo-Fighters-Chef Dave Grohl bezeichnete ihn als einen "Giganten der Rockmusik" und twitterte weiter: "Man nannte ihn 'den Professor', und das stimmt, denn wir haben alle von ihm gelernt."
Der kanadische Premierministier Justin Trudeau würdige Peart, der im Großraum Toronto aufwuchs, mit den Worten: "Wir haben eine Legende verloren." Kiss-Bassist Gene Simmons beschrieb den verstorbenen Schlagzeuger als "freundliche Seele".
Das Musikmagazin "Rolling Stone" wählte Neil Peart in seiner Liste der besten Schlagzeuger auf Platz vier. Peart, der von 1974 bis zur Auflösung 2018 zur Gruppe gehörte, sei das Kraftwerk und das Herz von Rush gewesen, findet Musik-Kritiker Fabian Elsäßer. "Er war ein Rockschlagzeuger, der auch Latin-Rhythmen spielen konnte, Polyrhythmen, auch durchaus swingen, also das, was Ginger Baker von Cream gemacht hat: Im Triokontext die anderen synchron zu unterstützen, mit verschiedenen Gliedmaßen gleichzeitig, das konnte er auch", sagte Elsäßer in Corso.
Als Rockstar noch einmal Unterricht genommen
Peart sei auch immer bereit gewesen, zu lernen. "In den 80ern, als Rush synthielastiger wurden, hat er elektronische Trommeln und Sequenzer in seine Schlagzeugburg eingebaut und damit den Sound erweitert. Und in den 90ern, als er schon berühmt war, hat er selber noch einmal Unterricht genommen bei einem alten Jazz-Schlagzeuger namens Freddy Gruber, weil er den 'Traditional Grip' lernen wollte, bei dem die Handfläche nach oben zeigt". Er sei das Herz und Kraftwerk der Band gewesen.
Der Schlagzeuger als Texter
Neil Peart schrieb, ungewöhnlich für einen Schlagzeuger, seit seinem Einstieg bei Rush alle Songtexte. Auch die waren Elsäßer zufolge bemerkenswert. Der leidenschaftliche Leser Peart habe immer Geschichten erzählt und sei auch bei zwischenmenschlichen Themen nie platt geworden. "Ansonsten ging es um Raumfahrt, Umweltzerstörung, Science-Fiction-Literatur, auch die Philosophie der Raubtierkapitalismus-Predigerin Ayn Rand, es ging um die Erfindung der Atombombe - das ist schon ziemlich einzigartig für einen Rockschlagzeuger."