Jörg Münchenberg: Herr Zumwinkel, in zwei Tagen ist es so weit, dann fällt auch das letzte Briefmonopol der Deutschen Post für Briefe unter 50 Gramm, die dann auch von der Konkurrenz befördert werden dürfen. Lange Zeit war ja von einer Zäsur die Rede - im Sinne der vollständigen Marktliberalisierung. Das war alles vor dem Mindestlohn. Wenn man jetzt ehrlich ist, muss man doch sagen: Zumindest für die Privatkunden wird sich mit dem 1. Januar 2008 relativ wenig ändern.
Klaus Zumwinkel: Es ist schon eine große Zäsur in der Postgeschichte, auch in Europa. Wir sind ja als drittgrößte Wirtschaftsnation der Erde das erste große Land, was eine vollständige Postliberalisierung hier angeht. Und das ist ja langfristig auch angelegt. Es hat ja zwei große Postreformen vorher gegeben in den 90er Jahren. Das Grundgesetz musste geändert werden. Und das ist alles sehr erfolgreich gelaufen. Und Japan und andere Länder schauen sehr intensiv auf uns und machen es uns nach.
Münchenberg: Trotzdem, wenn man die zwei größten Herausforderer der Post nimmt, das ist TNT Post, dahinter steht die staatliche Post aus den Niederlanden, und dann gibt es noch die PIN Group. Wenn man sich mal die beiden anschaut - TNT hat den Einstieg in das Privatkundengeschäft abgeblasen, die PIN Group kämpft um das wirtschaftliche Überleben. Eigentlich kann die Post doch relativ gelassen ins neue Jahr gehen?
Zumwinkel: Jetzt muss man den Wettbewerb mal genau abwarten. Wir haben ja schon, trotz Monopolzeiten - das Monopol ist ja sukzessive verringert worden von 1000 Gramm auf dann 50 Gramm - schon zehn Prozent Marktanteil verloren. Und das haben Wettbewerber, nicht nur die von Ihnen genannten, sondern viele regionale Wettbewerber, seien es Zeitungsverlage oder ganz Selbstständige, haben hier Marktanteile der Post abgenommen. Das wird auch so weitergehen in Zukunft. Zusätzlich kommt ja dazu, dass die elektronische Substitution der eigentliche Wettbewerber ist, also E-Mail und Fax und elektronische Kommunikation lassen hier grüßen, so dass insgesamt der Briefmarkt kein wachsender Markt ist, sondern ein eher schrumpfender Markt.
Münchenberg: Trotzdem vermeine ich auch rauszuhören, dass Sie eigentlich gelassen sind, was die Konkurrenz angeht.
Klaus Zumwinkel: Es ist schon eine große Zäsur in der Postgeschichte, auch in Europa. Wir sind ja als drittgrößte Wirtschaftsnation der Erde das erste große Land, was eine vollständige Postliberalisierung hier angeht. Und das ist ja langfristig auch angelegt. Es hat ja zwei große Postreformen vorher gegeben in den 90er Jahren. Das Grundgesetz musste geändert werden. Und das ist alles sehr erfolgreich gelaufen. Und Japan und andere Länder schauen sehr intensiv auf uns und machen es uns nach.
Münchenberg: Trotzdem, wenn man die zwei größten Herausforderer der Post nimmt, das ist TNT Post, dahinter steht die staatliche Post aus den Niederlanden, und dann gibt es noch die PIN Group. Wenn man sich mal die beiden anschaut - TNT hat den Einstieg in das Privatkundengeschäft abgeblasen, die PIN Group kämpft um das wirtschaftliche Überleben. Eigentlich kann die Post doch relativ gelassen ins neue Jahr gehen?
Zumwinkel: Jetzt muss man den Wettbewerb mal genau abwarten. Wir haben ja schon, trotz Monopolzeiten - das Monopol ist ja sukzessive verringert worden von 1000 Gramm auf dann 50 Gramm - schon zehn Prozent Marktanteil verloren. Und das haben Wettbewerber, nicht nur die von Ihnen genannten, sondern viele regionale Wettbewerber, seien es Zeitungsverlage oder ganz Selbstständige, haben hier Marktanteile der Post abgenommen. Das wird auch so weitergehen in Zukunft. Zusätzlich kommt ja dazu, dass die elektronische Substitution der eigentliche Wettbewerber ist, also E-Mail und Fax und elektronische Kommunikation lassen hier grüßen, so dass insgesamt der Briefmarkt kein wachsender Markt ist, sondern ein eher schrumpfender Markt.
Münchenberg: Trotzdem vermeine ich auch rauszuhören, dass Sie eigentlich gelassen sind, was die Konkurrenz angeht.

"Die beste Post der Welt"
Zumwinkel: Ja, wir sind, wie wir meinen, von der Qualität her die beste Post der Welt. Ein Brief in Deutschland - und das ist unsere Hauptwaffe, die Qualität - kommt in 1,06 Tagen an im Durchschnitt. Da sind alle, auch die Hallig Hooge oder auch die Zugspitze, mitgezählt. Und eine solche Qualität in einem solchen großen Land gibt es nicht noch mal auf der Welt - deswegen vielleicht etwas gelassen. Zum anderen ist die Versorgung der Privatkunden eine teure Veranstaltung, und deswegen werden sich Wettbewerber nicht zuerst darauf stürzen, sondern erst später. Zuerst konzentriert man sich auf große Geschäftskunden, wo die Post sozusagen auf Paletten oder mit dem Lastwagen angeliefert wird. Das ist das Geschäftsmodell der Wettbewerber.
Münchenberg: Trotzdem, wenn Sie ehrlich sind, spielt denn nicht der Mindestlohn letztlich die entscheidende Rolle, dass die Post jetzt so gelassen ins neue Jahr geht?
Zumwinkel: Er spielt eine Rolle, aber man darf ihn nicht alleine sehen. Schauen Sie mal: Bei der Post zahlen wir aus alten Besitzstandszeiten, wie die Menschen mal begonnen haben und so ihre Lebensplanung eingerichtet haben, in der Größenordnung 15 Euro pro Stunde - also ein Beamter zum Beispiel. Die neuen Tarifverträge, die wir vor fünf Jahren abgeschlossen haben - und jeder, der neu eingestellt wird, bekommt die neuen Tarifverträge -, die lehnen sich an Spedition und Lagerei an, denken Sie mal an einen Lagerfacharbeiter. Dort wird bezahlt 11,43 Euro - immer Bruttolohn, so dass die Mindestlöhne, die jetzt in einem Tarifgitter zwischen 8 und 9,80 Euro sind, erheblich unter unseren Löhnen liegen - zwischen 11,43 Euro und 15 Euro. Und damit kann man der Post schon trefflich Wettbewerb machen. Aber es ist eben schwierig, wenn eine Post gute Qualität liefert, hier den Fuß in die Tür reinzubekommen.
Münchenberg: Trotzdem, Kritiker sagen, nicht der Mindestlohn per se ist verkehrt, verkehrt ist nur die Höhe des Mindestlohnes. Sie haben die Zahlen gerade genannt: 8 Euro im Osten, 9,80 Euro im Westen. Das kommt dem durchschnittlichen Lohngefüge der Post - knapp über 11 Euro - doch relativ nahe.
Zumwinkel: Experten, die das durchschauen, wissen, dass ein Verheirateter, zwei Kinder, bei Hartz IV in der Größenordnung 10 Euro erhält., so dass alle Mindestlöhne, die es in Deutschland schon gibt, also im Bauhauptgewerbe und im Baunebengewerbe, um die 10 Euro herum liegen - 10,50 Euro, mal 9,50 Euro. Das ist so das Existenzminimum. Deswegen sortieren sich die vorhandenen Mindestlöhne - Abbruchgewerbe zum Beispiel hat über 10 Euro - in diesem Bereich.
Münchenberg: Fakt ist aber auch: Letztlich wird der Arbeitgeberverband, der diesen Mindestlohn mit ausgehandelt hat, von der Post dominiert. Und ich meine, daran reiben sich zu recht viele dran, dass ausgerechnet vom Monopolisten oder Quasimonopolisten hier die Preise für den Markt mit ausgehandelt worden sind.
Zumwinkel: Ja, es ist nun mal so, dass die meisten Arbeitnehmer in Deutschland in der Briefbranche bei der Post beschäftigt sind. Und insofern hat die Post im Arbeitgeberverband - er wird ja nach der Anzahl der Beschäftigten organisiert - den dominanten Anteil. Das ist historisch so gewachsen, weil wir eben 500 Jahre lang eine solche Situation haben. Das ist in jedem Arbeitgeberverband so, etwa in der Chemieindustrie - die großen Firmen, weil sie die meisten Beschäftigten haben, haben eben auch dort die meisten Stimmen gegenüber dem Mittelstand oder kleineren Betrieben. Das ist in dieser Branche nicht anders.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, Sie haben sich in den letzten Wochen und Monaten sehr vehement für die Einführung eines Mindestlohnes ausgesprochen und haben immer auch wieder argumentiert, dass letztlich die Postmitarbeiter einen Teil der staatlichen Zuschüsse für die Konkurrenten über ihre Löhne mit finanzieren. Auf der anderen Seite geht jetzt bei der Konkurrenz eine beträchtliche Zahl von Arbeitsplätzen verloren, die jetzt diese Mindestlöhne nicht zahlen können. Es ist auch so, dass die Post selber billige Subunternehmer beschäftigt, die die Briefkastenleerung machen. Also da passen doch Rhetorik und Realität nicht unbedingt immer zusammen.
Zumwinkel: Ja, wir haben ja den Mindestlohn abgeschlossen, und ab dem 1. Januar erhalten diese 4500 Mitarbeiter, die eben uns zuliefern, auch exakt diesen Mindestlohn. Dieses Thema ist ja dann beseitigt. Und zum anderen: Die Bundesrepublik ist gerade wirtschaftlich groß geworden in der Nachkriegszeit durch Flächentarifverträge, die es eben sich zum Ziel gesetzt haben, dass man nicht über den Lohn, nicht über niedrige Löhne miteinander im Wettbewerb steht. Sondern man zahlt eben die gleichen Löhne in der Automobilindustrie, in der Chemieindustrie, und man konkurriert über die besseren Produkte, über die bessere Qualität, wer die pfiffigeren Ideen hat. Und ich sage mal: Wer 30 Prozent geringere Löhne als die Post zahlt und dann nicht Wettbewerb machen kann, der hat es auch nicht verdient, dass die Kunden ihm die Umsätze bringen, wenn er es dann nicht schafft.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, manche Beobachter haben festgestellt: Sie sind in den letzten Monaten fast wie ein Gewerkschaftsboss aufgetreten mit Ihrem vehementen Plädoyer für Mindestlöhne. Auf der anderen Seite haben Sie die Post in den letzten Jahren radikal umgebaut. Aus der Bundespost ist ein weltweit führender Logistiker geworden. Hilft das manchmal, wenn man von seinen Gegnern unterschätzt wird?
Zumwinkel: Also, vielleicht noch einmal zu dem Mindestlohn an sich. Man kann ihn rein nüchtern von der Volkswirtschaft, von der Betriebswirtschaft her betrachten, und man kann ihn auch als Christ betrachten. Wenn man ihn als Volkswirt und Betriebswirt betrachtet, kann man ja vielleicht unterschiedlicher Meinung sein. Ich bin der Meinung, Mindestlöhne verhindern die Lohnsubvention über Hartz IV durch den Staat. Und das ist falsch. Wenn Sie das als Christ betrachten und Sie lesen die Enzyklika des Papstes, dann steht da drin: Ein Mann soll einen solchen Lohn erhalten, dass er seine Familie materiell und spirituell ernähren kann. Und das geht bei 800 Euro netto in Deutschland in einem Ballungsraum nicht. Wenn Sie 40 Stunden arbeiten und erzielen 800 Euro, dann brauchen Sie noch mal 800 Euro über Hartz IV, um Ihre Familie mit Ehefrau und zwei Kindern ernähren zu können. Dann haben Sie 1600 Euro netto. Mein Zusteller in Frankfurt erhält 1350 Euro netto nach dem neuen Tarifvertrag und muss davon vier Personen ernähren. Und dieser Mitarbeiter von mir sagt: Ich zahle ja an die Sozialkassen - Größenordnung 100 -, mein Arbeitgeber zahlt auch noch mal 100, und diese 200 Euro laufen über irgendwelche verschlungenen Sozialsysteme in die Taschen meines Wettbewerbers auf der anderen Straßenseite, und der klaut mir meinen Arbeitsplatz.
Münchenberg: Trotzdem, es geht hier natürlich auch um ein knallhartes Geschäft. Immerhin verdient die Post durch den Briefdienst die Hälfte ihres Gewinns.
Zumwinkel: Ja, dafür werde ich bezahlt, dass der Gewinn kommt, dass die Umsätze kommen und dass meine Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz haben. Dafür kämpfe ich - und das habe ich gesagt - bis zum letzten Blutstropfen.
Münchenberg: Noch mal die Nachfrage: Hat Sie die Konkurrenz, haben Sie die Wettbewerber unterschätzt?
Zumwinkel: Nein, die haben die Post unterschätzt. Wir haben uns lange und intensiv darauf vorbereitet, wir haben die beste Qualität, die man liefern kann. Wir haben unsere Kosten flexibilisiert. Das heißt, wenn wir einen Einbruch bekommen bei der Menge, beim Arbeitsvolumen, bei 20 Prozent des Arbeitsvolumens - wir beschäftigen 160.000 Leute allein in Deutschland im Briefgeschäft, sind das 32.000 Arbeitsplätze, voll sozialversicherungspflichtig. Wenn wir die Arbeit nicht haben, muss ich ja 32.000 Leuten den Job streichen. Das tut weh, das mache ich nicht gerne.
Münchenberg: Was heißt das denn alles für den Privatkunden? Wenn es zunächst kaum Wettbewerb oder überhaupt keinen geben wird zum 1.1.2008, dann heißt das doch auch gerade im Briefdienst, dass mit Preissenkungen erstmal nicht zu rechnen ist?
Münchenberg: Trotzdem, wenn Sie ehrlich sind, spielt denn nicht der Mindestlohn letztlich die entscheidende Rolle, dass die Post jetzt so gelassen ins neue Jahr geht?
Zumwinkel: Er spielt eine Rolle, aber man darf ihn nicht alleine sehen. Schauen Sie mal: Bei der Post zahlen wir aus alten Besitzstandszeiten, wie die Menschen mal begonnen haben und so ihre Lebensplanung eingerichtet haben, in der Größenordnung 15 Euro pro Stunde - also ein Beamter zum Beispiel. Die neuen Tarifverträge, die wir vor fünf Jahren abgeschlossen haben - und jeder, der neu eingestellt wird, bekommt die neuen Tarifverträge -, die lehnen sich an Spedition und Lagerei an, denken Sie mal an einen Lagerfacharbeiter. Dort wird bezahlt 11,43 Euro - immer Bruttolohn, so dass die Mindestlöhne, die jetzt in einem Tarifgitter zwischen 8 und 9,80 Euro sind, erheblich unter unseren Löhnen liegen - zwischen 11,43 Euro und 15 Euro. Und damit kann man der Post schon trefflich Wettbewerb machen. Aber es ist eben schwierig, wenn eine Post gute Qualität liefert, hier den Fuß in die Tür reinzubekommen.
Münchenberg: Trotzdem, Kritiker sagen, nicht der Mindestlohn per se ist verkehrt, verkehrt ist nur die Höhe des Mindestlohnes. Sie haben die Zahlen gerade genannt: 8 Euro im Osten, 9,80 Euro im Westen. Das kommt dem durchschnittlichen Lohngefüge der Post - knapp über 11 Euro - doch relativ nahe.
Zumwinkel: Experten, die das durchschauen, wissen, dass ein Verheirateter, zwei Kinder, bei Hartz IV in der Größenordnung 10 Euro erhält., so dass alle Mindestlöhne, die es in Deutschland schon gibt, also im Bauhauptgewerbe und im Baunebengewerbe, um die 10 Euro herum liegen - 10,50 Euro, mal 9,50 Euro. Das ist so das Existenzminimum. Deswegen sortieren sich die vorhandenen Mindestlöhne - Abbruchgewerbe zum Beispiel hat über 10 Euro - in diesem Bereich.
Münchenberg: Fakt ist aber auch: Letztlich wird der Arbeitgeberverband, der diesen Mindestlohn mit ausgehandelt hat, von der Post dominiert. Und ich meine, daran reiben sich zu recht viele dran, dass ausgerechnet vom Monopolisten oder Quasimonopolisten hier die Preise für den Markt mit ausgehandelt worden sind.
Zumwinkel: Ja, es ist nun mal so, dass die meisten Arbeitnehmer in Deutschland in der Briefbranche bei der Post beschäftigt sind. Und insofern hat die Post im Arbeitgeberverband - er wird ja nach der Anzahl der Beschäftigten organisiert - den dominanten Anteil. Das ist historisch so gewachsen, weil wir eben 500 Jahre lang eine solche Situation haben. Das ist in jedem Arbeitgeberverband so, etwa in der Chemieindustrie - die großen Firmen, weil sie die meisten Beschäftigten haben, haben eben auch dort die meisten Stimmen gegenüber dem Mittelstand oder kleineren Betrieben. Das ist in dieser Branche nicht anders.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, Sie haben sich in den letzten Wochen und Monaten sehr vehement für die Einführung eines Mindestlohnes ausgesprochen und haben immer auch wieder argumentiert, dass letztlich die Postmitarbeiter einen Teil der staatlichen Zuschüsse für die Konkurrenten über ihre Löhne mit finanzieren. Auf der anderen Seite geht jetzt bei der Konkurrenz eine beträchtliche Zahl von Arbeitsplätzen verloren, die jetzt diese Mindestlöhne nicht zahlen können. Es ist auch so, dass die Post selber billige Subunternehmer beschäftigt, die die Briefkastenleerung machen. Also da passen doch Rhetorik und Realität nicht unbedingt immer zusammen.
Zumwinkel: Ja, wir haben ja den Mindestlohn abgeschlossen, und ab dem 1. Januar erhalten diese 4500 Mitarbeiter, die eben uns zuliefern, auch exakt diesen Mindestlohn. Dieses Thema ist ja dann beseitigt. Und zum anderen: Die Bundesrepublik ist gerade wirtschaftlich groß geworden in der Nachkriegszeit durch Flächentarifverträge, die es eben sich zum Ziel gesetzt haben, dass man nicht über den Lohn, nicht über niedrige Löhne miteinander im Wettbewerb steht. Sondern man zahlt eben die gleichen Löhne in der Automobilindustrie, in der Chemieindustrie, und man konkurriert über die besseren Produkte, über die bessere Qualität, wer die pfiffigeren Ideen hat. Und ich sage mal: Wer 30 Prozent geringere Löhne als die Post zahlt und dann nicht Wettbewerb machen kann, der hat es auch nicht verdient, dass die Kunden ihm die Umsätze bringen, wenn er es dann nicht schafft.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, manche Beobachter haben festgestellt: Sie sind in den letzten Monaten fast wie ein Gewerkschaftsboss aufgetreten mit Ihrem vehementen Plädoyer für Mindestlöhne. Auf der anderen Seite haben Sie die Post in den letzten Jahren radikal umgebaut. Aus der Bundespost ist ein weltweit führender Logistiker geworden. Hilft das manchmal, wenn man von seinen Gegnern unterschätzt wird?
Zumwinkel: Also, vielleicht noch einmal zu dem Mindestlohn an sich. Man kann ihn rein nüchtern von der Volkswirtschaft, von der Betriebswirtschaft her betrachten, und man kann ihn auch als Christ betrachten. Wenn man ihn als Volkswirt und Betriebswirt betrachtet, kann man ja vielleicht unterschiedlicher Meinung sein. Ich bin der Meinung, Mindestlöhne verhindern die Lohnsubvention über Hartz IV durch den Staat. Und das ist falsch. Wenn Sie das als Christ betrachten und Sie lesen die Enzyklika des Papstes, dann steht da drin: Ein Mann soll einen solchen Lohn erhalten, dass er seine Familie materiell und spirituell ernähren kann. Und das geht bei 800 Euro netto in Deutschland in einem Ballungsraum nicht. Wenn Sie 40 Stunden arbeiten und erzielen 800 Euro, dann brauchen Sie noch mal 800 Euro über Hartz IV, um Ihre Familie mit Ehefrau und zwei Kindern ernähren zu können. Dann haben Sie 1600 Euro netto. Mein Zusteller in Frankfurt erhält 1350 Euro netto nach dem neuen Tarifvertrag und muss davon vier Personen ernähren. Und dieser Mitarbeiter von mir sagt: Ich zahle ja an die Sozialkassen - Größenordnung 100 -, mein Arbeitgeber zahlt auch noch mal 100, und diese 200 Euro laufen über irgendwelche verschlungenen Sozialsysteme in die Taschen meines Wettbewerbers auf der anderen Straßenseite, und der klaut mir meinen Arbeitsplatz.
Münchenberg: Trotzdem, es geht hier natürlich auch um ein knallhartes Geschäft. Immerhin verdient die Post durch den Briefdienst die Hälfte ihres Gewinns.
Zumwinkel: Ja, dafür werde ich bezahlt, dass der Gewinn kommt, dass die Umsätze kommen und dass meine Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz haben. Dafür kämpfe ich - und das habe ich gesagt - bis zum letzten Blutstropfen.
Münchenberg: Noch mal die Nachfrage: Hat Sie die Konkurrenz, haben Sie die Wettbewerber unterschätzt?
Zumwinkel: Nein, die haben die Post unterschätzt. Wir haben uns lange und intensiv darauf vorbereitet, wir haben die beste Qualität, die man liefern kann. Wir haben unsere Kosten flexibilisiert. Das heißt, wenn wir einen Einbruch bekommen bei der Menge, beim Arbeitsvolumen, bei 20 Prozent des Arbeitsvolumens - wir beschäftigen 160.000 Leute allein in Deutschland im Briefgeschäft, sind das 32.000 Arbeitsplätze, voll sozialversicherungspflichtig. Wenn wir die Arbeit nicht haben, muss ich ja 32.000 Leuten den Job streichen. Das tut weh, das mache ich nicht gerne.
Münchenberg: Was heißt das denn alles für den Privatkunden? Wenn es zunächst kaum Wettbewerb oder überhaupt keinen geben wird zum 1.1.2008, dann heißt das doch auch gerade im Briefdienst, dass mit Preissenkungen erstmal nicht zu rechnen ist?

Porto soll unverändert bleiben
Zumwinkel: Also die Prämisse, dass es keinen Wettbewerb gibt, weil einige laut schreien, weil sie meinen, sie würden benachteiligt, weil sie vorher Lohndumping gemacht haben, die teile ich nicht. Es gibt heute Wettbewerb, es wird weiter Wettbewerb geben, und der Wettbewerb wird sogar noch ansteigen. Es gibt heute 1600 Lizenzen, um Briefwettbewerb zu machen. Jetzt für den Privatkunden, da ist es ganz einfach, egal, was jetzt alles da herauskommt. Wir haben immer gesagt: Der gesamte Universaldienst bleibt genau so erhalten wie er heute ist. Wir haben über 12.000 Filialen, und die Anzahl wird bleiben - dann die Anzahl der Briefkästen, dann die Zustellung bis in den letzten Winkel Deutschlands. Also, das ist sehr fein ziseliert, in einer Verordnung festgehalten, was der Universaldienst ist, und dabei bleibt es auch. Das ist garantiert, das sagen wir zu, auch in einer Selbstverpflichtung. Bei den Preisen hat ja die Bundesnetzagentur entschieden, und auch bei den Preisen bleibt es für die nächste Zeit exakt bei den Preisen wie in der Vergangenheit.
Münchenberg: Also Standardbrief 55 Cent, dabei bleibt es erstmal. Sie haben selber gesagt, die Regulierungsbehörde hat jetzt erst mal auch festgelegt, es bleibt für die nächsten zwei Jahre so. Aber da wird sich auch danach erst mal wenig tun?
Zumwinkel: Ja, das ist eine Formel der Bundesnetzagentur, eine sehr moderne Regierungsformel. Je nachdem, wie die Inflation geht, da werden 1,8 Prozent abgezogen. Und insofern bleibt es in etwa auf diesem Preisniveau, was ein gutes Signal ist, denn in einem Brief stecken ja Personalkosten. Und die Personalkosten steigen natürlich jedes Jahr. Und dass eben nicht die Preise steigen, sondern in etwa konstant bleiben, das ist eine gute Nachricht. Also real sinken seit zehn Jahren die Portopreise.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, wir haben vorhin schon einmal darüber gesprochen, von der alten Bundespost ist eigentlich nichts mehr übrig. Die Post ist heute ein Weltkonzern, 60 Milliarden Euro Umsatz, 500.000 Beschäftigte. Auch die Anzahl der Postfilialen ist merklich geschrumpft. Traditionelle Standorte wurden durch Agenturen ersetzt. Und wie man jetzt zu Weihnachten das beobachten konnte, die Schlangen sind trotzdem noch teilweise lang in den Filialen. Hat die Post nicht nach wie vor ein Serviceproblem?
Zumwinkel: Nein, die Post hat kein Serviceproblem. Man muss ja immer sagen, mit was vergleiche ich es. Wenn ich es mit der Vergangenheit vergleiche, als ich vor 16 Jahren zur Post kam, hatte die Post ein riesiges Serviceproblem. Die Briefe kamen im Durchschnitt nach drei, vier Tagen an - im Durchschnitt, sie dauerten länger. Ich war mal früher Quelle-Chef, ich kann das beurteilen. Und viele andere Qualitätsmängel waren da. Und die Post machte eine Milliarde Verlust. Heute macht der gesamte Konzern 3,7 Milliarden Gewinn. Und wir haben nie einen Pfennig vom Staat erhalten, sondern haben immer Dividenden et cetera abgeführt.
Münchenberg: Nächstes Jahr läuft ja der Beschäftigungspakt aus, den die Post mit ihren Beschäftigten abgeschlossen hat. Gleichzeitig wird, zumindest was die Geschäftskunden angeht, der Wettbewerb sicherlich zunehmen. Denn da tummeln sich die Wettbewerber vor allen Dingen. Was heißt das nun alles? Das Klima dürfte doch auch bei der Post merklich rauer werden.
Zumwinkel: Wir haben 15 Jahre harte Restrukturierungsarbeit in Deutschland hinter uns. Und wir haben ja in Deutschland 140.000 Stellen abgebaut, und wir sind stolz darauf, dass wir keinen betriebsbedingt haben kündigen müssen. Das ist der Beschäftigungspakt. Und wir hoffen auch, dass das in Zukunft so weiter geht, dass wir genau so geschäftsmäßig sozusagen, die Gewerkschaft und das Postmanagement, so umgeht, wie wir das in der Vergangenheit gewohnt sind. Mit diesem Vorgehen haben wir sehr viel Erfolg gehabt. Die Mitarbeiter schätzen das. Sie haben sichere Arbeitsplätze hier und das Ziel natürlich, diesen geschäftsmännischen Umgang mit manchmal sehr, sehr schwierigen Problemen auch in Zukunft fortzusetzen.
Münchenberg: Aber Sie können nicht ausschließen, dass es auch bei der Post betriebsbedingte Kündigungen geben könnte im Zuge des härter werdenden Wettbewerbs?
Zumwinkel: Wir haben in der Vergangenheit es immer geschafft, dass wir gute Tarifverträge und Vereinbarungen abgeschlossen haben, wo dann zwei Unterschriften drunter stehen. Und wenn dann zwei Unterschriften drunter stehen, sind beide Parteien damit auch nicht immer ganz, aber insgesamt zufrieden.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, Sie sind auch Aufsichtsratschef der Telekom. Dort wurden vor nicht allzu langer Zeit 50.000 Mitarbeiter ausgelagert, um auch die Löhne drücken zu können. Das könnte auch mal ein Konzept für die Post werden?
Zumwinkel: Die beiden Unternehmen sind insofern nicht zu vergleichen, insofern kann ich das auch nicht kommentieren. Wir haben jetzt den Wettbewerb zu meistern. Das ist unsere Herausforderung in Deutschland. Und wir werden jeden Brief bis zum letzten Blutstropfen verteidigen, weil das Briefvolumen unser Arbeitsvolumen ist. Und wenn das runter geht, hätte das Einfluss auf die Beschäftigung. Und das wollen wir verhindern. Insofern haben da Arbeitnehmerschaft und Unternehmerschaft absolut die gleiche Zielsetzung. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Wenn der Umsatz runtergeht, geht auch das Arbeitsvolumen herunter. Deswegen verteidigen wir durch alle möglichen Maßnahmen hier den Umsatz. Und da zieht natürlich die Arbeitnehmerschaft und die Unternehmerschaft an einem Strick. Und da brauchen Sie auch gute Motivation ihrer Beschäftigten, damit dieser Einsatz jeden Tag geleistet wird.
Münchenberg: Trotzdem, Briefe müssen zugestellt werden, da nützt die beste Technik nichts. Da braucht man die Leute, die die Briefe an die Haustüre bringen. Und diese Leute müssen bezahlt werden. Also, wenn man einsparen wollte, dann doch am ehesten bei den Löhnen.
Zumwinkel: Ja. 70 Prozent der Kosten einer Brieforganisation liegt bei den Personalkosten, da haben Sie Recht. Das ist anders als bei Unternehmen, die sehr kapitalintensiv sind wie eine Telekom oder eine Chemieindustrie, wo eben proportional zum Umsatz weniger Menschen eingesetzt werden. Das stimmt. Wir sind eine Serviceorganisation. Und deswegen ist das für uns auch so brisant, wenn eben über Lohndumping uns Arbeitsvolumen weggenommen wird und der Staat dann indirekt die Löhne meiner Wettbewerber bezahlt.
Münchenberg: Nun haben Sie vorhin sehr anschaulich auch die gewisse Fürsorgepflicht für die eigenen Mitarbeiter beschrieben. Andererseits gibt es nicht nur die Fürsorgepflicht. Die Deutsche Post ist ein DAX-Unternehmen, also hat Anteilseigner. Und gerade da gibt es erheblichen Druck, dass man sagt, es gibt Bereiche der Post, die nicht Gewinn abwerfen. Nehmen wir das US-Geschäft zum Beispiel. Und da gibt es auch Forderungen, die sagen, am besten wäre es, man würde den ganzen Konzern zerschlagen.
Zumwinkel: Also, jede Unternehmensführung steht unter dem Druck aller drei Stakeholder, wie es so heißt, sei es die Mitarbeiter, sei es die Shareholder, die Aktionäre also, die Eigentümer, sei es die Kunden. Zum Schluss kommt es darauf an, dass der Kunde mit seinen Füßen abstimmt und uns die Aufträge gibt. Wenn das abbricht, ist alles nichts. Ohne Umsatz, ohne Kunden ist alles nichts, sind keine Arbeitsplätze da und sind keine Dividenden da. Wir haben, weil wir Anfang des Jahres wegen unserer Aktienkurse in der Kritik standen, haben wir sehr gründlich ein Programm vorbereitet, ein Kapitalmarktprogramm, wo wir verschiedenste Dinge machen bei der Cash-Generierung, bei der Cash-Distribution - hier werden wir die Dividende im nächsten Frühjahr um 20 Prozent erhöhen, als ein Beispiel. Wir bringen mehr Transparenz in das Rechenwerk rein für die Aktionäre, damit die das besser beurteilen können, ob das Geschäft gut oder schlecht läuft. Viele, viele Dinge sind hier am 8. November dem Kapitalmarkt im Detail vorgestellt worden. Und das ist mit großer Freude begrüßt worden. Unser Kurs ist seitdem um 18 Prozent gestiegen. Und 18 Prozent bei damaliger Marktkapitalisierung sind fast fünf Milliarden Euro, die sind hier an Werten geschaffen worden. Also, das ist vom Kapitalmarkt sehr gut angenommen worden.
Münchenberg: Nun sind derzeit gut gefüllte Staatsfonds unterwegs, die nach neuen Anlagemöglichkeiten suchen. Wie steht denn die Post solchen Investoren gegenüber? Auch Hedgefonds immer wieder das große Thema, die durchaus sehr stramm auf die Rendite gucken. Wie steht die Post solchen Investoren gegenüber?
Zumwinkel: Ja, grundsätzlich positiv. Also, derjenige, der der Post, sei es über Aktiengelder oder über Anleihen uns Geld anvertraut, ist uns herzlich willkommen. Wir sind ja Treuhänder von vielen Milliarden, die uns anvertraut sind. Und das sind ja Fonds, hinter denen irgendwelche Privatmenschen stehen, die zum Beispiel ihre Pensionsgelder angelegt haben und so weiter. Zu den Staatsfonds gibt es ja eine Diskussion weltweit, nicht nur in Deutschland, und auch hier ist meine Meinung ganz klar, die ich ja mit vielen teile, ein Staat kann auf seinem Territorium nicht zwischen guten und schlechten Anlegern unterscheiden.
Münchenberg: Das heißt, Sie halten aber auch die Maßnahmen, die jetzt politisch diskutiert werden, für überflüssig?
Zumwinkel: Nein, die Schlussfolgerung ist falsch, die Sie ziehen. Ein Staat kann und soll bestimmte Teile seines Landes, seiner Industrie, seiner Wirtschaftsstruktur, von denen er meint, dass die sensibel sind, schützen. Dann wird er ein Gesetz einbringen und sagen, wenn zum Beispiel Sicherheitsinteressen oder Rüstungsindustrie oder solche Themen - heute ist ja nur Rüstungsindustrie und Kryptologie sozusagen geschützt - betroffen sind, kann er auch andere dieser Industrien einbeziehen. Und dann nach Abwägung aller Dinge, egal ob das ein Staatsfonds ist oder ein privater Investor oder wer auch immer, damit eben in einem Land, für das ein Parlament und eine Exekutive die Gewalt hat, eben diese Schutzfaktoren ergreifen. Deutschland hat das derzeit nicht. Das gibt es aber in England oder im Mutterland des Kapitalismus, in den USA. Und wenn man das so verwaltungsgerichtsfest und objektiv nachprüfbar gestaltet, finde ich das gut und richtig.
Münchenberg: Also Standardbrief 55 Cent, dabei bleibt es erstmal. Sie haben selber gesagt, die Regulierungsbehörde hat jetzt erst mal auch festgelegt, es bleibt für die nächsten zwei Jahre so. Aber da wird sich auch danach erst mal wenig tun?
Zumwinkel: Ja, das ist eine Formel der Bundesnetzagentur, eine sehr moderne Regierungsformel. Je nachdem, wie die Inflation geht, da werden 1,8 Prozent abgezogen. Und insofern bleibt es in etwa auf diesem Preisniveau, was ein gutes Signal ist, denn in einem Brief stecken ja Personalkosten. Und die Personalkosten steigen natürlich jedes Jahr. Und dass eben nicht die Preise steigen, sondern in etwa konstant bleiben, das ist eine gute Nachricht. Also real sinken seit zehn Jahren die Portopreise.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, wir haben vorhin schon einmal darüber gesprochen, von der alten Bundespost ist eigentlich nichts mehr übrig. Die Post ist heute ein Weltkonzern, 60 Milliarden Euro Umsatz, 500.000 Beschäftigte. Auch die Anzahl der Postfilialen ist merklich geschrumpft. Traditionelle Standorte wurden durch Agenturen ersetzt. Und wie man jetzt zu Weihnachten das beobachten konnte, die Schlangen sind trotzdem noch teilweise lang in den Filialen. Hat die Post nicht nach wie vor ein Serviceproblem?
Zumwinkel: Nein, die Post hat kein Serviceproblem. Man muss ja immer sagen, mit was vergleiche ich es. Wenn ich es mit der Vergangenheit vergleiche, als ich vor 16 Jahren zur Post kam, hatte die Post ein riesiges Serviceproblem. Die Briefe kamen im Durchschnitt nach drei, vier Tagen an - im Durchschnitt, sie dauerten länger. Ich war mal früher Quelle-Chef, ich kann das beurteilen. Und viele andere Qualitätsmängel waren da. Und die Post machte eine Milliarde Verlust. Heute macht der gesamte Konzern 3,7 Milliarden Gewinn. Und wir haben nie einen Pfennig vom Staat erhalten, sondern haben immer Dividenden et cetera abgeführt.
Münchenberg: Nächstes Jahr läuft ja der Beschäftigungspakt aus, den die Post mit ihren Beschäftigten abgeschlossen hat. Gleichzeitig wird, zumindest was die Geschäftskunden angeht, der Wettbewerb sicherlich zunehmen. Denn da tummeln sich die Wettbewerber vor allen Dingen. Was heißt das nun alles? Das Klima dürfte doch auch bei der Post merklich rauer werden.
Zumwinkel: Wir haben 15 Jahre harte Restrukturierungsarbeit in Deutschland hinter uns. Und wir haben ja in Deutschland 140.000 Stellen abgebaut, und wir sind stolz darauf, dass wir keinen betriebsbedingt haben kündigen müssen. Das ist der Beschäftigungspakt. Und wir hoffen auch, dass das in Zukunft so weiter geht, dass wir genau so geschäftsmäßig sozusagen, die Gewerkschaft und das Postmanagement, so umgeht, wie wir das in der Vergangenheit gewohnt sind. Mit diesem Vorgehen haben wir sehr viel Erfolg gehabt. Die Mitarbeiter schätzen das. Sie haben sichere Arbeitsplätze hier und das Ziel natürlich, diesen geschäftsmännischen Umgang mit manchmal sehr, sehr schwierigen Problemen auch in Zukunft fortzusetzen.
Münchenberg: Aber Sie können nicht ausschließen, dass es auch bei der Post betriebsbedingte Kündigungen geben könnte im Zuge des härter werdenden Wettbewerbs?
Zumwinkel: Wir haben in der Vergangenheit es immer geschafft, dass wir gute Tarifverträge und Vereinbarungen abgeschlossen haben, wo dann zwei Unterschriften drunter stehen. Und wenn dann zwei Unterschriften drunter stehen, sind beide Parteien damit auch nicht immer ganz, aber insgesamt zufrieden.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, Sie sind auch Aufsichtsratschef der Telekom. Dort wurden vor nicht allzu langer Zeit 50.000 Mitarbeiter ausgelagert, um auch die Löhne drücken zu können. Das könnte auch mal ein Konzept für die Post werden?
Zumwinkel: Die beiden Unternehmen sind insofern nicht zu vergleichen, insofern kann ich das auch nicht kommentieren. Wir haben jetzt den Wettbewerb zu meistern. Das ist unsere Herausforderung in Deutschland. Und wir werden jeden Brief bis zum letzten Blutstropfen verteidigen, weil das Briefvolumen unser Arbeitsvolumen ist. Und wenn das runter geht, hätte das Einfluss auf die Beschäftigung. Und das wollen wir verhindern. Insofern haben da Arbeitnehmerschaft und Unternehmerschaft absolut die gleiche Zielsetzung. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Wenn der Umsatz runtergeht, geht auch das Arbeitsvolumen herunter. Deswegen verteidigen wir durch alle möglichen Maßnahmen hier den Umsatz. Und da zieht natürlich die Arbeitnehmerschaft und die Unternehmerschaft an einem Strick. Und da brauchen Sie auch gute Motivation ihrer Beschäftigten, damit dieser Einsatz jeden Tag geleistet wird.
Münchenberg: Trotzdem, Briefe müssen zugestellt werden, da nützt die beste Technik nichts. Da braucht man die Leute, die die Briefe an die Haustüre bringen. Und diese Leute müssen bezahlt werden. Also, wenn man einsparen wollte, dann doch am ehesten bei den Löhnen.
Zumwinkel: Ja. 70 Prozent der Kosten einer Brieforganisation liegt bei den Personalkosten, da haben Sie Recht. Das ist anders als bei Unternehmen, die sehr kapitalintensiv sind wie eine Telekom oder eine Chemieindustrie, wo eben proportional zum Umsatz weniger Menschen eingesetzt werden. Das stimmt. Wir sind eine Serviceorganisation. Und deswegen ist das für uns auch so brisant, wenn eben über Lohndumping uns Arbeitsvolumen weggenommen wird und der Staat dann indirekt die Löhne meiner Wettbewerber bezahlt.
Münchenberg: Nun haben Sie vorhin sehr anschaulich auch die gewisse Fürsorgepflicht für die eigenen Mitarbeiter beschrieben. Andererseits gibt es nicht nur die Fürsorgepflicht. Die Deutsche Post ist ein DAX-Unternehmen, also hat Anteilseigner. Und gerade da gibt es erheblichen Druck, dass man sagt, es gibt Bereiche der Post, die nicht Gewinn abwerfen. Nehmen wir das US-Geschäft zum Beispiel. Und da gibt es auch Forderungen, die sagen, am besten wäre es, man würde den ganzen Konzern zerschlagen.
Zumwinkel: Also, jede Unternehmensführung steht unter dem Druck aller drei Stakeholder, wie es so heißt, sei es die Mitarbeiter, sei es die Shareholder, die Aktionäre also, die Eigentümer, sei es die Kunden. Zum Schluss kommt es darauf an, dass der Kunde mit seinen Füßen abstimmt und uns die Aufträge gibt. Wenn das abbricht, ist alles nichts. Ohne Umsatz, ohne Kunden ist alles nichts, sind keine Arbeitsplätze da und sind keine Dividenden da. Wir haben, weil wir Anfang des Jahres wegen unserer Aktienkurse in der Kritik standen, haben wir sehr gründlich ein Programm vorbereitet, ein Kapitalmarktprogramm, wo wir verschiedenste Dinge machen bei der Cash-Generierung, bei der Cash-Distribution - hier werden wir die Dividende im nächsten Frühjahr um 20 Prozent erhöhen, als ein Beispiel. Wir bringen mehr Transparenz in das Rechenwerk rein für die Aktionäre, damit die das besser beurteilen können, ob das Geschäft gut oder schlecht läuft. Viele, viele Dinge sind hier am 8. November dem Kapitalmarkt im Detail vorgestellt worden. Und das ist mit großer Freude begrüßt worden. Unser Kurs ist seitdem um 18 Prozent gestiegen. Und 18 Prozent bei damaliger Marktkapitalisierung sind fast fünf Milliarden Euro, die sind hier an Werten geschaffen worden. Also, das ist vom Kapitalmarkt sehr gut angenommen worden.
Münchenberg: Nun sind derzeit gut gefüllte Staatsfonds unterwegs, die nach neuen Anlagemöglichkeiten suchen. Wie steht denn die Post solchen Investoren gegenüber? Auch Hedgefonds immer wieder das große Thema, die durchaus sehr stramm auf die Rendite gucken. Wie steht die Post solchen Investoren gegenüber?
Zumwinkel: Ja, grundsätzlich positiv. Also, derjenige, der der Post, sei es über Aktiengelder oder über Anleihen uns Geld anvertraut, ist uns herzlich willkommen. Wir sind ja Treuhänder von vielen Milliarden, die uns anvertraut sind. Und das sind ja Fonds, hinter denen irgendwelche Privatmenschen stehen, die zum Beispiel ihre Pensionsgelder angelegt haben und so weiter. Zu den Staatsfonds gibt es ja eine Diskussion weltweit, nicht nur in Deutschland, und auch hier ist meine Meinung ganz klar, die ich ja mit vielen teile, ein Staat kann auf seinem Territorium nicht zwischen guten und schlechten Anlegern unterscheiden.
Münchenberg: Das heißt, Sie halten aber auch die Maßnahmen, die jetzt politisch diskutiert werden, für überflüssig?
Zumwinkel: Nein, die Schlussfolgerung ist falsch, die Sie ziehen. Ein Staat kann und soll bestimmte Teile seines Landes, seiner Industrie, seiner Wirtschaftsstruktur, von denen er meint, dass die sensibel sind, schützen. Dann wird er ein Gesetz einbringen und sagen, wenn zum Beispiel Sicherheitsinteressen oder Rüstungsindustrie oder solche Themen - heute ist ja nur Rüstungsindustrie und Kryptologie sozusagen geschützt - betroffen sind, kann er auch andere dieser Industrien einbeziehen. Und dann nach Abwägung aller Dinge, egal ob das ein Staatsfonds ist oder ein privater Investor oder wer auch immer, damit eben in einem Land, für das ein Parlament und eine Exekutive die Gewalt hat, eben diese Schutzfaktoren ergreifen. Deutschland hat das derzeit nicht. Das gibt es aber in England oder im Mutterland des Kapitalismus, in den USA. Und wenn man das so verwaltungsgerichtsfest und objektiv nachprüfbar gestaltet, finde ich das gut und richtig.

"Sie können mich alles fragen"
Münchenberg: Nun gibt es derzeit auch eine andere Debatte über die Höhe von Managergehältern oder die Höhe von Abfindungen. Aus Ihrer Sicht, ist das vorgezogener Wahlkampf, eine Neiddebatte oder doch eine notwendige öffentliche Diskussion, die da geführt wird?
Zumwinkel: Ach, da wollen wir doch mal abwarten, wie sich das alles im nächsten Jahr entwickelt nach den Wahlen im Januar, Februar. Und dann werde ich mich dazu auch mal äußern.
Münchenberg: Sie haben vor dem Interview auch gesagt, Sie wollen keine Fragen beantworten zu Ihren umstrittenen Aktienverkäufen vor kurzem. Dennoch die allgemeine Frage nach der öffentlichen Verantwortung von Managern - die muss schon gestattet sein.
Zumwinkel: Alle Fragen sind gestattet. Sie können mich alles fragen.
Münchenberg: Also noch mal, wird die öffentliche Verantwortung von Managern, die in sehr großen, sehr wichtigen Führungspositionen stehen, doch unterschätzt?
Zumwinkel: In einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung, in einer Marktwirtschaft, entscheiden die Eigentümer. So ist das im Grundgesetz und in allen Verfassungen der Welt, die eine freiheitliche Wirtschaftsordnung haben, vorgesehen. Und dort entscheiden letztlich die Eigentümer und nicht politische Instanzen. Und dass man das unterstützt, dass diese Entscheidungen sehr gut laufen, zum Beispiel durch Transparenz und so, unterstütze ich voll. Also, dort, wo ich Einfluss habe, habe ich immer beigetragen, dass wir sehr schnell den Empfehlungen zum Beispiel der Deutschen Corporate-Governance-Kommission, die also sehr gute Arbeit geleistet hat, verglichen auch mit dem Ausland, dass wir also, wenn die Empfehlungen da waren, diese auch sofort umgesetzt haben. Ich glaube, das hilft sehr. Aber letztlich unterscheidet eine Privatwirtschaft von einer Staatswirtschaft, dass die Eigentümer die Entscheidungen treffen, und nicht irgendwelche Instanzen, die vom Eigentümer fern sind.
Münchenberg: Noch einmal Stichwort Verantwortung: Halten Sie da die Schelte, die im Zuge dieser Aktienverkäufe gemacht worden ist, dann für übertrieben? Oder haben Sie einfach die öffentliche Resonanz unterschätzt, die da folgen könnte?
Zumwinkel: Das Aktienprogramm gibt es seit dem Jahr 2000, seit dem Börsengang. Hier ist es von den Eigentümern so eingerichtet worden, nicht nur für Vorstände, sondern für alle Führungskräfte weltweit, weil das ein übliches Instrument ist, das insbesondere in den angelsächsischen Börsen hoch beurteilt wird. Und diese Aktienprogramme haben es an sich, dass sie sehr technisch ausgestaltet sind, dass man nur in bestimmten Zeiträumen überhaupt als Führungskraft da kaufen und verkaufen kann. Und dieser Zeitraum war da gegeben. Ich bedauere sehr, dass ich die politische Auswirkung, dass es in diesem Zeitraum zur Ausführung kam, dass ich das nicht überdacht habe. Und das bedauere ich, und das habe ich gesagt, und dazu stehe ich auch.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, Sie führen den Postkonzern seit 18 Jahren. So lange hat es noch kein anderer Chef an der Spitze eines DAX-Konzerns ausgehalten, oder wurde ihm erlaubt, das auszuhalten, je nachdem, wie man das sieht. Inzwischen werden Manager fast schon im Jahresrhythmus ausgewechselt. Was machen Sie besser als andere?
Zumwinkel: Im Wirtschaftsleben kommt es darauf an, was hinten rauskommt. Also, letztlich wird es gemessen am wirtschaftlichen Erfolg. Das ist Gewinn, das ist Qualität. Und wir haben die Internationalisierung geschafft. Wissen Sie, als ich zur Post kam, auf der obersten Etage, da sprachen zwei Leute Englisch: meine Sekretärin und der Herr Zumwinkel. Heute haben wir hier im Posttower 40 Nationen. Das ist schon toll, was aus der guten alten Bundespost hier geworden ist. Und vielleicht hilft dazu Kontinuität in der Führung, es hilft Disziplin und einfach gutes Management.
Münchenberg: Nun läuft Ihr Vertrag nächstes Jahr aus. Manchmal sagt man ja, das ist immer ein guter Zeitpunkt, um auf dem Höhepunkt des Erfolges dann abzutreten, vielleicht mehr zu wandern, mehr Berge zu besteigen oder auch in den Aufsichtsrat zu wechseln, wie auch immer. Wie sehen da Ihre Pläne aus?
Zumwinkel: Gut, das wird der Aufsichtsrat, wie das so üblich ist, im nächsten Sommer hier entscheiden. Dann werde ich mich auch entschieden haben, wie man das alles so im Einzelnen macht. Insofern geht ja noch einige Zeit bis dahin. Aber dann wird es auch entschieden.
Zumwinkel: Ach, da wollen wir doch mal abwarten, wie sich das alles im nächsten Jahr entwickelt nach den Wahlen im Januar, Februar. Und dann werde ich mich dazu auch mal äußern.
Münchenberg: Sie haben vor dem Interview auch gesagt, Sie wollen keine Fragen beantworten zu Ihren umstrittenen Aktienverkäufen vor kurzem. Dennoch die allgemeine Frage nach der öffentlichen Verantwortung von Managern - die muss schon gestattet sein.
Zumwinkel: Alle Fragen sind gestattet. Sie können mich alles fragen.
Münchenberg: Also noch mal, wird die öffentliche Verantwortung von Managern, die in sehr großen, sehr wichtigen Führungspositionen stehen, doch unterschätzt?
Zumwinkel: In einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung, in einer Marktwirtschaft, entscheiden die Eigentümer. So ist das im Grundgesetz und in allen Verfassungen der Welt, die eine freiheitliche Wirtschaftsordnung haben, vorgesehen. Und dort entscheiden letztlich die Eigentümer und nicht politische Instanzen. Und dass man das unterstützt, dass diese Entscheidungen sehr gut laufen, zum Beispiel durch Transparenz und so, unterstütze ich voll. Also, dort, wo ich Einfluss habe, habe ich immer beigetragen, dass wir sehr schnell den Empfehlungen zum Beispiel der Deutschen Corporate-Governance-Kommission, die also sehr gute Arbeit geleistet hat, verglichen auch mit dem Ausland, dass wir also, wenn die Empfehlungen da waren, diese auch sofort umgesetzt haben. Ich glaube, das hilft sehr. Aber letztlich unterscheidet eine Privatwirtschaft von einer Staatswirtschaft, dass die Eigentümer die Entscheidungen treffen, und nicht irgendwelche Instanzen, die vom Eigentümer fern sind.
Münchenberg: Noch einmal Stichwort Verantwortung: Halten Sie da die Schelte, die im Zuge dieser Aktienverkäufe gemacht worden ist, dann für übertrieben? Oder haben Sie einfach die öffentliche Resonanz unterschätzt, die da folgen könnte?
Zumwinkel: Das Aktienprogramm gibt es seit dem Jahr 2000, seit dem Börsengang. Hier ist es von den Eigentümern so eingerichtet worden, nicht nur für Vorstände, sondern für alle Führungskräfte weltweit, weil das ein übliches Instrument ist, das insbesondere in den angelsächsischen Börsen hoch beurteilt wird. Und diese Aktienprogramme haben es an sich, dass sie sehr technisch ausgestaltet sind, dass man nur in bestimmten Zeiträumen überhaupt als Führungskraft da kaufen und verkaufen kann. Und dieser Zeitraum war da gegeben. Ich bedauere sehr, dass ich die politische Auswirkung, dass es in diesem Zeitraum zur Ausführung kam, dass ich das nicht überdacht habe. Und das bedauere ich, und das habe ich gesagt, und dazu stehe ich auch.
Münchenberg: Herr Zumwinkel, Sie führen den Postkonzern seit 18 Jahren. So lange hat es noch kein anderer Chef an der Spitze eines DAX-Konzerns ausgehalten, oder wurde ihm erlaubt, das auszuhalten, je nachdem, wie man das sieht. Inzwischen werden Manager fast schon im Jahresrhythmus ausgewechselt. Was machen Sie besser als andere?
Zumwinkel: Im Wirtschaftsleben kommt es darauf an, was hinten rauskommt. Also, letztlich wird es gemessen am wirtschaftlichen Erfolg. Das ist Gewinn, das ist Qualität. Und wir haben die Internationalisierung geschafft. Wissen Sie, als ich zur Post kam, auf der obersten Etage, da sprachen zwei Leute Englisch: meine Sekretärin und der Herr Zumwinkel. Heute haben wir hier im Posttower 40 Nationen. Das ist schon toll, was aus der guten alten Bundespost hier geworden ist. Und vielleicht hilft dazu Kontinuität in der Führung, es hilft Disziplin und einfach gutes Management.
Münchenberg: Nun läuft Ihr Vertrag nächstes Jahr aus. Manchmal sagt man ja, das ist immer ein guter Zeitpunkt, um auf dem Höhepunkt des Erfolges dann abzutreten, vielleicht mehr zu wandern, mehr Berge zu besteigen oder auch in den Aufsichtsrat zu wechseln, wie auch immer. Wie sehen da Ihre Pläne aus?
Zumwinkel: Gut, das wird der Aufsichtsrat, wie das so üblich ist, im nächsten Sommer hier entscheiden. Dann werde ich mich auch entschieden haben, wie man das alles so im Einzelnen macht. Insofern geht ja noch einige Zeit bis dahin. Aber dann wird es auch entschieden.